Die koreanische Küche als fleischlastiges und feuriges Findelkind unter all den bunten Gesundheitskindern Asiens konnte sich schon von jeher meiner Sympathie gewiss sein. So ist es fast schon ein wenig beschämend, dass es geschlagene neun Monate brauchte, bis ich dieser verheißungsvollen neuen Lokalität die Ehre erwies. Im kalten Winkel der Seestraße, dem gesichtslosen Transitbereich zwischen den Fleischtöpfen des Leopoldkiezes und der Fettlebe der Osloer Straße öffnete letztes Jahr auf der Asche eines südostasiatischen Allzweckbistros das „Sam Yuk Gu“.
Mit frischem Interieur und urbanen Flair begrüßt man hier seine Gäste. Aufmachung und Anspruch lassen leicht erkennen, dies hier ist zweifellos nicht mehr Teil jener kulinarischen Expeditionen für den ich den Wedding einst schätzte. Jene Plastiktischatmosphäre in gemächlich angefetteten Kaschemmen, wo man stets der Illusion hinterherjagte, diese wirklich authentische Genüsse aus fremden Kulturräumen zu erhaschen. Nein, derlei Späße waren hier nicht zu erwarten, aber wir sind ja aufgeschlossen und stets bereit die wenigen positiven Aspekte der Gentrifizierung mit allen Sinnen zu genießen.
Der ehrenwerte Stammtisch, geboren aus Gelaber, Trank und Spiel hatte sich zusammengefunden um erstmals mit kulinarischen Genüssen den Mittwoch zu feiern. Auf den ersten Blick ein würdiger Start. Die kompakte Speisekarte verhieß Gutes. Die so freundliche wie unaufdringliche Bedienung leitete uns charmant durch all die Freuden welche die ferne Halbinsel für uns vorbereitet hatte. Zwei Tischgrills standen flugs bereit und rasch klapperten die Stäbchen konzentriert durch die duftenden Kostbarkeiten. Frische wie Qualität der Zutaten ließen keine Wünsche offen. Natürlich muss hier noch ein zweiter und dritter Besuch absolviert werden um jedweden Zweifel auszuräumen, aber ich würde mich hier kurzentschlossen auf eine Weiterempfehlung festlegen.
So kann daher abschließend all jenen höhnischen Beobachtern aus den gentrifizierten Sektoren, welche seit Jahren voll ungeduldiger Missgunst mit der Parole „Der Wedding kommt“ Angst verbreiten, gelassen entgegengehalten werden: Der Wedding kommt nicht, der Wedding is(s)t.
„Sam Yuk Gu“ – Seestraße 71 – 16-22:30 Uhr – Montag Ruhetag