Es war einer von vielen magischen Momenten auf dieser an Magie nicht gerade sparsamen Reise als wir uns nach mehr als einem halben Jahr des Radelns durch Italien, Tunesien, Sardinien und Korsika endlich wieder auf einem richtigen Radweg wiederfanden. Ich hatte die Gefühle, die mich in diesem Augenblick durchströmten, geringfügig unterschätzt. Die Sicherheit und Entspannung, die man durch die Aussperrung von Motorisierten gewinnt, ist schlicht und einfach gewaltig. Plötzlich geht es nur noch ums Fahrradfahren – so wie es sein soll. Doch dieser Radweg bietet noch viel mehr: Dank perfekter Ausschilderung, traumhafter Biwakplätze, einem reichhaltigen Angebot an öffentlichen Toiletten und etlichen hilfsbereiten und freundlichen Menschen am Wegesrand gehört die ViaRhôna zu den besten Radwegen, die ich je die Ehre hatte, radeln zu dürfen.
Andere Wissensquellen
Natürlich gibt es für die 1050km des EuroVelo 17, wie die ViaRhôna auch genannt wird, einen Radreiseführer im praktischen und wetterfesten Format von bikeline. Daneben gibt es natürlich auch noch etliche Bücher auf dem französischen Markt, die, so man des Französischen mächtig ist, mit Sicherheit auch eine Chance geben sollte. Wir vertrauten aus Gründen von Budget und Packmaß auch dieses Mal auf Offline-Karten (mapy.cz und OSM+) sowie die eine oder andere Gratiskarte aus dem Tourismusbüro.
Anreise
Damit kommen wir zu einem etwas heiklen Punkt. Für uns passte der Radweg natürlich perfekt in uns Reisepläne, doch wenn wir von Berlin aus für einen Standardsommerausflug hätten planen müssen, wäre das gar nicht so einfach gewesen. Ich will gar nicht erst prüfen wie übel die Bedingungen wären, wenn man mit Fahrrädern im Zug von Berlin nach Marseille reisen möchte. So bliebe wahrscheinlich als sinnvollste Idee, frühzeitig buchen und bis nach Basel zu fahren und von dort in ein bis zwei Tagen auf die ViaRhôna zu kommen. Natürlich hat man damit das Problem der Verbindung Marseille-Berlin nur auf später verschoben, aber das ist eine andere Frage. Ebenso wie der Umstand, dass der Radweg nicht einmal in Marseille endet sondern in dem netten Örtchen namens Port-Saint-Louis-du-Rhône, welches sich wiederum in einer stattlichen Industrie- und Lagerbrache befindet.
Übernachten
Hierbei handelt es sich zweifellos um eine der funkelndsten und glitzerndsten Juwelen aus der Schatzruhe des ViaRhôna. Selten fühlten wir uns gebauchpinselter und verwöhnter als auf diesem Radweg. Die Auswahl war riesig und alles war möglich und nie hatte man das Gefühl deplatziert oder gar illegal zu sein. Fast fühlte es sich so an als ob sämtliche Campingplätze nur für all jene da waren, die ohne einen Zaun und die tägliche Dusche nicht die Nacht überstehen können, allen anderen stand jedoch selbstverständlich frei dort zu schlafen wo es ihnen behagte. So wechselte die abendliche Schlafplatzsuche schnell von „Wie“ zum „Welcher“ und die Energie für Blickschutz, Abgelegenheit und Machbarkeit wurde umgewandelt in eine anstrengende Qual der Wahl angetrieben von der ewigen Sorge, dass um die Ecke ein noch viel hübscheres Plätzchen sein könnte.
Auch in anderen Belangen ist Sorglosigkeit und Laissez-faire angesagt. Nicht nur die Dichte an öffentlichen Toiletten ist spektakulär sondern, was gemeinhin viel wichtiger ist, die Sauberkeit derselben. Auch Trinkwasser findet manes an etlichen Stellen. Zwei Dinge, die zum Beispiel in Deutschland recht rar sind und das Leben im Draussen bisweilen recht kompliziert gestalten können.
Charakteristik der Strecke
Die gesamte Strecke kann grob in drei unterschiedliche Abschnitte eingeteilt werden. Teil Eins, vom Mittelmeer bis Valence, ist geprägt von einer weitgehend flachen, relativ baumlosen Kulturlandschaft. Der Mittelteil, welcher sich ungefähr bis Lyon erstreckt, ist hügelig, von Wein- und Obstgärten durchzogen, die Städte wirken mitteleuropäischer, Rheinland-Assoziationen stellen sich ein. Im letzten Teil, welchen wir lediglich bis zum Genfersee beobachteten, wandelt sich die Rhône schließlich zu einem kurvigen Fluss, welcher eilig gurgelnd durch waldige und dünn besiedelte Regionen strömt. Eine etwas ausführlichere Darstellung findet sich in meiner Reisebeschreibung als Teiletappe des Projekts Radria II.
Bemerkenswert ist vielleicht auch noch, dass die ViaRhôna mehrheitlich von älteren Radfahrern genutzt wird. Damit meine ich wirklich Menschen im Rentenalter. Ob in Paarform oder in größerer Gruppe, dies war der Typ Radler, der einem hier am häufigsten begegnete. Dies fiel uns schon damals auf, doch speziell im Gegensatz zu dem EuroVelo 6, der zu überwiegenden Anteilen von Familien mit Kindern befahren wird, stach diese Erinnerung nochmals heraus. Doch der EuroVelo 6 ist ein anderes Kapitel, dem ich mich demnächst widmen werde.
Weiterführende Links
- Offizielle Seite des ViaRhôna
- France Velotourisme
- Routenbeschreibung (Gpx als Download verfügbar)
- Radführer in Buchform
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