Widmen wir uns aus aktuellem Anlass mal wieder einem lange vernachlässigten Thema, dem Kiezvergleich. Das Ende der Fußballsaison wird ja zumeist von einer Häufung verschiedener Endspiele (Championsleague, UEFA, DFB) begleitet. Das Wetter ist angenehm, die lange Zeit sozialer Isolation aufgrund der herandräuenden Sommerpause droht mit düsterer Geste und so sieht man sich um, wo man diese letzten, verbliebenen Spiel in gemeinsamer Runde sehen könnte.Bei der Vorauswahl fiel mir als lautstarken Botschafter des Weddings auf, dass hier eine eklatante Schwachstelle des sympathischen Bezirks im Norden Berlins ausmachbar ist. Nun will ich zwar im Wedding keinesfalls eine Schwemme von superschicken, aber charakterlosen Etablissements speziell den Südkiez Friedrichhains überrollt haben. Läden ohne Stammkundschaft oder Seele, die zwar ein gestochen scharfes Bild auf Luxusleinwand bieten, aber auch 3,60 fürs Bier und jede Menge Nerven ob der Kommentare des Publikums verlangen. Nein, da ist mir der Wedding mit seinen unaufgeregten Schulle-Kneipen mittlerweile lieber. Doch was machen, wenn man mal unter Leuten Fußball kieken will. Keine Frage, der Kiez schaut Fußball. Geht man während eines beliebigen Spiels durch die Straßen, ist das allgegenwärtige Raunen, Gröhlen und Quietschen Beweis genug. Doch die Alternativen zum gemeinschaftlichen Spielgenuss sind alles andere als einladend. Entscheiden Sie jetzt: Wo würden Sie das Champeonsleague-Finale lieber sehen? Bedenke: Wo gewettet wird, da lass dich nicht nieder, Fußballkieken ist hier oftmals bieder. Abseits der großen nationalen Turniere gestaltet sich das Angebot äußerst mager. Da wäre das omnipräsente Wettbüro. Sterile Räumlichkeiten, moderate Atmo, katastrophale Getränkeauswahl. Oder wir könnten auch versuchen in einem der zumeist mitgliederbeschränkten Kültürzentren Einlass zu begehren. Hier ist schon eher was los, aber ein Mittelfeldkick in der dritten zypriotischen Liga hat hier oft einen höheren Stellenwert als so etwas absurdes wie das DFB-Pokalfinale. Außerdem gibt es hier sowieso nur Tee. Soweit zu unseren orientalischen Freunden. Würden sich im Wedding nicht auch bedeutende Populationen von Polen und Kroaten aufhalten, so könnte man angesichts dieser Sehgewohnheiten schier verzweifeln. So aber bleibt einem immer noch der Gang ins „Waleczne Serca“ oder ins „Dubrovnik“ um in trauter Runde den Großen des Sports zuzujubeln. So kann also abschließend im großen Weddingshainer Rapport vermerkt werden, dass der Wedding Fußballkuckmäßig noch nicht völlig verloren ist, aber doch auf weiten Strecken einem entwicklungsland gleicht. Auch wenn mir die Tendenz der unzähligen Yuppie-Lokale im Friedrichshain missfällt, so kann man hier wenigstens nicht in die Verlegenheit kommen, ein relevantes Spiel des europäischen Fußballs aufgrund mangelnden Angebots zu verpassen.Fazit: Friedrichshain 2 – Wedding 1Photo: snow.iperni ty.com (via flickr)