Für jemanden der das Leben auf der Schiene derart liebt, ist überhaupt nichts Ungewöhnliches daran, den zukünftigen Zug ein paar Tage vor der Abfahrt schon einmal zu begutachten. Letztlich war diese Inspektion auch von einer Spur Skepsis gewürzt. Denn der diesjährige Startbahnhof in ferne östliche Gefilde lautet Gesundbrunnen. Da der Zug also quasi aus dem Kiez abdampft, stand einem Spaziergang nichts im Wege und wenig später war ich mitten drin in der Plauderei mit den Herren Konduktory. Alles überhaupt kein Problem, sie haben nichts dagegen, dass ich demnächst mit ihnen fahren würde. Wunderschön. „Berlin Gesund“ – derart subtil teilt Berlin seit einiger Zeit Europa sein Befinden mit.Etwas trübseliger wurde es erst, als ich im „Ticket Shop“ der Deutschen Bahn das Ganze in trockene Tücher bringen wollte. Die Preisschere ließ mich mal wieder völlig entmutigt zurück. 90 deutsche Kilometer (23,80 €) vs. 620 polnische Kilometer (14,42€). Die Unverhältnismäßigkeit solcher eisenbahnvergrätzender Methoden ist Jahr für Jahr der entscheidende Tropfen der mein „Ich-muss-hier-raus-Fass“ zum Überlaufen bringt.Doch als mein Herz noch nicht von pechschwarzen Vergeltungsplänen und unerbittlichen Umsturzphantasien erfüllt war, genoss ich die Stimmung des alten, wiederauferstandenen Fernbahnhofs Gesundbrunnen. Sicherlich derzeit noch auf allerniedrigsten Niveau. Aber dass jeden Abend Waggons nach Kiew und Kaliningrad aus dem Wedding rollen ist doch irgendwie schön.
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