Mit dem etwas reißerisch anmutenden Titel „Kinder der Nacht“ wende ich mich erneut den Autoren der Empfehlungsspalte zu. Der Backstein namens „Terror„ von Dan Simmons war schließlich für mich der zweite literarische Paukenschlag des Jahres. Dabei ist meine Beziehung zu den den Werken von Simmons schon früher entstanden. Erstmals fiel vor etlichen Jahren mein Blick auf einen Titel namens „Ilium„, der mich spontan zugreifen ließ. Die knappen Informationen des Buchrückens ließen mich aufmerken. Und tatsächlich, die Geschichte, die sich um einen Historiker aus unserer Gegenwart, welcher sich auf den Schlachtfeldern von Troja wiederfand, entspann, gefiel mir sehr und führte unweigerlich zum Erwerb der daran anschließenden Fortsetzung (Olympos). Erst nach dem Genuss dieser zwei Bücher fiel mir auf, dass Simmons verantwortlich für eine erklecklich hohe Zahl an weiteren Büchern zeichnet. Anscheinend gelang Simmons aber eben erst mit der qualitativ hochwertig erscheinenden Herausgabe seiner Werke (darunter eben besagtes Doppelwerk) in Deutschland der Durchbruch. Daher griff ich todesmutig zu seinem Opus magnum, Den Hyperion-Gesängen, womit ich ehrlich gesagt nicht allzu glücklich wurde. Folgerichtig pausierte ich nach dieser Erfahrung kurz, nur um nach „Terror“ umso begeisterter kommenden Lesefreuden entgegenzublicken. Soviel zur Vita meiner aufkeimenden Anhängerschaft. Da verwundert es sicher nicht sonderlich, dass ich zum Jahresausklang auf ein sichers Pferd setzte und ein weiteres Buch aus seiner Schaffenslawine erwählte.Um es vorwegzunehmen – der absolute Knaller ist es nicht. Kein Fall für die Empfehlungsspalte, aber in jedem Fall ausgezeichnete Unterhaltung mit teilweise innovativen Neuinterpretationen von zunächst eher ausgelatscht wirkendenden literarischen Traditionen. Der Fürst der Finsternis, seines Zeichens ja nun wirklich aus allen Blickwinkeln abgeklopftes Phantasiegebilde, beschließt, dass es an der Zeit wäre, sich fortzupflanzen und zeugt im, just von Ceauşescu befreiten Rumänien einen Sohn. Dieser gerät auf schwer nachvollziehbaren Wegen in die Hände einer amerikanischen Ärztin und wird von dieser in die USA adoptiert. So weit, so gähn sollte man meinen. Doch abseits der üblichen Fallstricke, die das Genre eines mittelmäßigen Thrillers bietet, welcher zudem noch in Osteuropa spielt (und daher mich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an irgendeiner Stelle hohnlächelnd aufstoßen lässt) bekommt man hier eine Geschichte geliefert, die doch zu überraschen weiß und dem überbordenden Fundus an Dracula-Interpretationen noch etwas Lesenswertes hinzufügt. Wer dem Thema an sich also nicht gänzlich abgeneigt ist und sich von Sätzen wie nachfolgenden nicht abschrecken oder einschläfern lässt, dem sei zu diesem Buch geraten.„‚…die Polymerase stellt eine einstrangige DNS-Kopie der Virus-RNS her, und dann eine zweite Kopie unter Benutzung der ersten Schablone. Ribonuklease eliminiert die ursprüngliche Virus-RNS. Dann wandert diese eingedrungene DNS in den Zellkern und wird unter dem Einfluss des viruseigenen Integraseenzyms in das Genom des Wirts integriert und verbleibt dort als Povirus.‘(…)‘ Egal, wir arbeiten unter der Voraussetzung, dass der J-Virus den Weg des geringsten Widerstands geht und gp120-Glykoprotein an CD4-Rezeptoren in T-Helferlymphozyten und LAngerhanszellen bindet.'“Fazit: Ist ja an und für sich schon ausgesprochen. Bleibt mir nur noch diese letzten Zeilen zu nutzen um einer Herzensangelegenheit loszuwerden: Hochgeschätzter Heyne-Verlag. Dan Simmons ist ein ganz Großer. Keine Frage. Aber bitte bringt doch mal ein anderes Prädikat auf die Buchrücken seiner deutschen Ausgaben als das ewige Lobhudelurteil von Stephen King. Dieses hab ich nämlich so langsam verinnerlicht. Etwas mehr Abwechslung schadet gelungener Vermarktung bisweilen nicht völlig!
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