Nach einer erholsamen Sommerpause, in der jeder für sich allein diverse Kreisstädte inspizierte, ging es nun nach langer Zeit wieder gemeinsam hinaus, um in Star- und Kernbesetzung eine Kreisstadt zu besuchen, welche zu den eher unscheinbareren Gemeinwesen gehört – Sangerhausen. Die Berg- und Rosenstadt im südharzigen Revier des Mansfelder Landes hatte es irgendwie geschafft auf unsere Liste besuchenswerter Kreisstädte aufzutauchen und so entschieden wir uns nach ausufernden Abwägungsquerelen der mittelgroßen Unbekannten eine Chance zu geben. Die Hinfahrt war mit erträglich kurzer Umstiegszeit in der bördevollsten aller Landeshauptstädte schnell absolviert und schon bald standen wir in Sangerhausen und waren schon nach den ersten Minuten hin und weg von diesem einzigartigen Bahnhofsensemble.
Die weiteren Ausblicke waren dann leider etwas ernüchternd. Eine sonntägliche leergeräumte Kleinstadt lag fein säuberlich vor uns ausgebreitet. Schlicht und harmlos welkte uns die Ereignislosigkeit entgegen, hier und da ein wenig Fachwerk, ein ambitioniertes Rinnsal querte die Szenerie und der obligatorische Totentanz-Marktplatz kam natürlich auch irgendwann um die Ecke. Sangerhausen, so schien es, war der Inbegriff eine ehrlichen und grundsoliden Kleinstadt der einfach das gewisse Etwas abhanden gekommen war. Wie alle hier in der Gegend hat man zwar seinen eigenen Schutthaldenberg aber leider keine Burg, bzw. Burgruine (was angesichts der Burgdichte in dieser Region schon sehr verwunderlich ist) auch ein irgendwie markantes Gebäude oder sonst ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal wurde schmerzlich vermisst. Stattdessen ein paar Kirchen und ein halbes Dutzend touristischer Infotafeln, welche von Wanderungen in der Umgebung schwärmen.
Ohne das Europa-Rosarium, welches laut Eigenwerbung mit der weltgrößten Rosensammlung aufwarten kann (und man sich unwillkürlich fragt, warum es dann nicht Welt-Rosarium heißt) wäre Sangerhausen wahrscheinlich sehr bald nur noch als blasser Erinnerungssfetzen im kunterbunten Erlebniskaladeiskop unserer peripheren Exkursionen erschienen. Doch nachdem wir €6 zahlten und eingelassen wurden in das Reich der Rosen änderte sich plötzlich alles. 8700 Rosensorten auf schlappen 80.000 Rosenstöcken verteilt prallten einem entgegen, garniert von einigen seltenen und bislang nie erblickten Bäumen. So lustwandelten wir vor uns hin bis schließlich unsere gesamte Aufenthaltszeit hier abgelaufen war und es wieder heimwärts ging.
Fazit: Ein durchschnittliches Städtchen, welches jedoch durch seine beiden Prunkstücke Bahnhofsensemble und Rosensammlung ein breites Spektrum an Interessen und Leidenschaften bedienen kann. Schauen wir mal wie es diesbezüglich bei der nächsten Kreisstadt aussieht. Es handelt sich, wie auf der Rückfahrt entschieden wurde, um ein gewisses Weimar.
Der Berg im Hintergrund sieht aus wie einer von den Vulkanen auf den Azoren.
Suspekt!