Nachdem wir es bei den letzten Expeditionen ja eher etwas ruhigerangehen ließen (Sangerhausen, Wismar, Perleberg), widmeten wir uns nun eindeutig wieder einem Schwergewicht im Kreisstadt-Universum , und zwar Weimar. An einem sonnendurchfluteten Sonnabend kalauerten wir uns mit zwei lockeren Umstiegen in eine Kreisstadt, die zumindest vom Namen her wirklich jedem ein Begriff sein sollte. Der luftig, locker arrangierte Bahnhofsvorplatz, der im Gegensatz zu vielen seiner unglücklichen Cousins im In- und Ausland erschaffen scheint, um Menschen ein Wohlgefallen zu sein, ließ uns aufmerken und froh gestimmt in die Stadt hinunterschreiten.
Natürlich haben wir Weimar nicht an irgendeinem Tag unsere Aufwartung gemacht, nein, mit Geschick und Feingefühl wählten wir genau den Tag an dem die altehrwürdige Hauptstadt des unvergessenen Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenachs aus allen Nähten platzte. Neben dem Stadtlauf, welcher bei unserem Eintreffen bereits größtenteils absolviert war, hatte man sich im Anschluss versammelt um zum 369. Mal der Göttin unter den Lauchgewächsen zu huldigen – der Zwiebel! Die gesamte Einwohnerschaft der Thüringer Toskana schien herbeigeströmt zu sein um diesen vielschichtigen Tausendsassa zu preisen und in allen erdenklichen Formen zu verköstigen. So auch wir. Doch zunächst galt es Traumata zu bewältigen. Viele unserer vergangenen Expeditionen ins Thüringische hatten uns bitter enttäuscht, doch dieses Mal schien all dies nur wie ein schlechter Traum, eine aberwitzige Beleidigung dieses stolzen Freistaats, denn ohne mit dem Gaumen zu zucken, erstanden wir mehrere Thüringer Rostbratwürste. In Thüringen. Als wäre es das normalste der Welt! Danach gab es noch einen Zwiebelschnaps (eher nicht so empfehlenswert, aber das war erwartbar) um dann nach einem gepflegten Bad in den Massen und einer Inspektion der Wohn- und Gartenhäuser der verblichenen Dichterfürsten in den nah gelegenen Ilmpark zu entfleuchen.
So verbrachten wir die restliche, uns verbleibende Zeit mit ausufernden Müßiggang bis dann noch vor Sonnenuntergang unser Zug rief, welcher uns erneut ausreichend gekalauert nach Hause brachte. Als Zwischenfazit mag das gespaltene Urteil der Reisegruppe herhalten: Für den einen ist es die neue Nummer 1, den anderen ganz was besonderes, aber Meißen… und für noch einen anderen eine grundsolide Bronzemedaille. Aber noch sind längst nicht alle Kandidaten beäugt und es verspricht dementsprechend spannend zu bleiben. Für den nächsten Ausflug sind solche zu Städten geronnene Versuchungen wie Stralsund, Salzwedel oder Quedlinburg im Gespräch.