Und es begab sich an einem sonnigen Pfingstsonnabend, dass sich nach langer Zeit wieder ein Expeditionsensemble zusammenfand um sich in der Peripherie umzuschauen. Trotz aller Schauergeschichten die sich um die Existenz eines gewissen „9-Euro-Tickets“ sponnen, stiegen wir todesmutig in den Zug gen Pasewalk. Beziehungsweise wir drückten uns hinein. Gewisse vorausschauende Teile der Reisegruppe konnten die Fahrt dann auch sitzend im Oberdeck bestreiten, während der lässigere Teil, welcher in Gesundbrunnen zustieg, mit einem knapp bemessenen Stehplatz in Türnähe vorlieb nehmen musste.
Und auch wenn die zwei Stunden bis in die Kürassierstadt nicht unbedingt zu den Sternstunden der Fortbewegung gehörten, so begriff ich das angestaute Dasein in jener Zugblase erneut als beste Wasserstandsmeldung des aktuellen Stands der menschlichen Entwicklungstufe. Die Erfahrung der ungefilterten Strudel von Aggression, Dummheit und Egoismus wie auch der von Hilfsbereitschaft, Witz und Solidarität erfährt man nirgends besser als in einem heillos überfüllten Zug. Doch irgendwann musste jede Reise einmal enden und so purzelten wir in Pasewalk hinaus und ließen die anderen Sardinen weiter zur Ostsee fahren. Wir hatten besseres vor, und zwar das Haff. Doch zuvor genossen wir die frischgewonnene Frischluft und tänzelten zum Eisenbahnerlebniszentrum, welches, wie unschwer zu erraten, in Bahnhofsnähe gelegen war. Und eben jenes sei hier noch einmal gesondert hervorgehoben. Derart liebevoll und mit Freude am Detail wird der Bahn in ihren unzähligen Museen und Freilichtausstellungen selten gehuldigt. Und ich kann mir diesbezüglich wirklich ein Urteil erlauben, da ich selten an einem Eisenbahnmuseum vorübergehe und somit über einen veritablen Erfahrungsschatz verfüge.
Doch nun zu Ueckermünde. Die schnucklige Regionalbahn brachte uns schnell und sitzend in die kleine, vom Hauptstadterholungspöbel verschmähte Haffperle. Kurz verwirrte uns die Aufteilung der Bahnhöfe Ueckermünde Stadt und Ueckermünde Hafen, die ca. 500m voneinander entfernt lagen. Doch dies war schnell vergessen und alsbald sprangen wir gierig in die lichtdurchflutete, nach Ostsee duftende Freiheit. Schon nach kurzer Zeit waren wir uns einig hinsichtlich unserer gemeinsamen Überraschung, dass die Altstadt unsere Erwartungen deutlich überstieg. Wir hatten hier deutlich weniger erwartet. Sicher es waren im Endeffekt zwei Straßen und ein schön, aber nicht zu schön herausgeputzter Marktplatz, aber selbst das hatten wir nicht so eingeplant. Und noch hatten wir die Kronjuwelen der pommerschen Schönheit ja gar nicht inspiziert.
Der kurze Gang zum Strand war schnell absolviert und schon bald spürten wir feinsten Sand unter unseren Füßen und genossen Wind, Wasser und relative Ruhe (gemessen an den zum selben Zeitpunkt wahrscheinlich überquellenden Ostseestränden). Obwohl wir heute das Leben eigentlich schon genug in vollen Zügen genossen hatten, legten wir hier nochmal einen nach und atmeten tief durch. Dann ging es irgendwann mit den letzten Sonnenstrahlen zum Hafen zurück. Und im letzten Zug begriffen wir Ueckermünde wird in der großen Kreisstadtabschlussbewertung noch lange in Erinnerung bleiben.