Endlich mal wieder rundum gefesselt von einem Buch und auch sonst frei von jeglicher Mäkelei. Das gibt’s selten und ist eben drum ein Hochgenuss den ich genussvoll ritualisiert habe. Was eigentlich nur heißen soll, dass ich Bücher, die mir extrem gefallen masochistisch langsam lese um das Vergnügen künstlich in die Länge zu ziehen. Man schaue, wann hier das letzte Buch besprochen worden ist und begreife…
Was aber ist nun so gut an den beiden Büchern um die ich so ein Geschrei mache? Es ist hier meines Erachtens etwas gelungen, was zuvor nur hoffnungslos veraltet oder hysterisch-onkelhaft daherkam – ein spannender und intelligenter Cyberthriller! Die Möglichkeiten des herandräuenden digitalen Zeitalters, bzw. dessen beinhaltende Gefahren sind in verschiedenen Romanen und Filmen schon ausreichende thematisiert wurden, doch meist hechelten diese Szenarien entweder der Entwicklung gnadenlos hinterher oder schwelgten in reißerischen, effektorientierten Spannungszyklen, um schließlich in unlogischen, nicht realistischen Zusammenhängen elendig zu verenden.
All diese Vorwürfe muss sich Suarez’ Werk nicht gefallen zu lassen. Von der ersten Zeile an hat man das Gefühl, dass der ehemalige Systemberater und Software-Entwickler weiß worüber er schreibt. Zudem schafft er es, diese Authentizität zu erzeugen ohne in allzu fachchinesische Abgründe abzudriften. Gewisse Kenntnisse schaden selbstverständlich nicht. Schließlich ist dies auch mein erster Roman in dem mein geliebtes Cat-5-Kabel vorkommt (und dies schlussendlich sogar in Form eines Tattoos – was für eine entzückende Idee!). Dennoch, ich bin überzeugt, dass auch der Laie hieran seinen Spaß hat. Insbesondere weil die Entwicklung des zweiten Romans weg von Netzwerkspezereien hin zu eher gesellschaftlichen Problemen dem computerfernen Leser entgegenkommen sollte.
Und dies ist eine weitere herausragende Eigenschaft der hier vorgestellten Bücher. Suarez genügt es nicht, sich an den kriminellen Kapazitäten einer durch und durch vernetzten Gesellschaft zu verlustieren. Er sieht auch die dahinter oder besser damit vernetzten Probleme der Menschheit: Ernährung, Bevölkerungswachstum, Drogenkartelle, die ungleiche Verteilung von Macht und Ressourcen sowie die Klammer die all dies zusammenhält: die wankelmütige Gestaltungskraft des Menschen. Und so gelingt es Suarez tatsächlich den anfangs bekämpften Daemon, welcher nur unzureichend als selbstständig agierender Netzwerk-Bot beschrieben werden kann, späterhin als reale Alternative zu der von Konzernen beherrschten Realität zu präsentieren. Eine Alternative, die dem jahrtausendealten Spiel von Unterdrückung und Bereicherung, welches sich aber in einer globalisierten Welt zu einer existentiellen Gefahr zu entwickeln droht, wahrhaft etwas entgegenzusetzen hat.
Fazit: Absolute Leseempfehlung und damit einen sicheren Platz auf der festinstallierten Leseleiste linkerhand. Auch wenn wir noch längst nicht so weit sind und der Autor, wie es sich gehört, in vielerlei Hinsicht weit vorausträumt – eine respektable “Könnte-werden-Perspektive”. Ich jedenfalls stehe bereit für’s Darknet.