Nachdem ich ja nun mit der Thematisierung von Hundefutter nur knapp an dem Kardinalsvorwurf, der Verbreitung von Katzencontent, vorbeigeschrammt bin, heute mal wieder die Kulturkeule. Und zwar sehr zäher Kost. Ich hatte mich auf „Menschen wie Götter“ ungemein gefreut, gehörte es doch in zwei auserlesene Kategorien. Einerseits ein Klassiker der sowjetischen Science-Fiction (eigentlich Wissenschaftliche Phantastik, Научная фантастика), andererseits ein Schmöker meiner Jugend, den ich schmerzlich in meinem Bücherregal vermisste.
Die Eroberung des Kosmos als mittelfristige Perspektive – realer Zeitgeist einer Epoche.Letzteres dürfte wohl jedem, dem Bücher am Herzen liegen, leicht begreiflich sein. Speziell dieses Buch erschien in der DDR-Jugendbuchreihe „Spannend erzählt“ und faszinierte, so erinner ich jedenfalls schemenhaft, den kleinen Sasha über alle Maßen. Umso erfreuter war ich daher, als ich registrierte, dass der Eulenspiegel-Verlag sich an dieser Reihe die Rechte gesichert hatte, und nun begann, die größten Erfolge neu zu verlegen. Der Reiz, den die Werke der sowjetischen Phantastik auf mich von jeher ausübten ist dagegen schon etwas schwerer zu vermitteln. Es sei hierbei zu bedenken, dass neben einer gewissen sozialen Indikation wohl auch historisches Interesse und eine allgemeine Affinität zum Genre vonnöten sind, um sich zu Büchern dieser Art hingezogen zu fühlen.Im Unterschied zu den Klassikern der westlichen Science-Fiction widmen sich Jefremof, Beljajew oder die Strugatzki-Brüder mit Vorliebe auch den gesellschaftlichen Hintergründen der utopischen Welten, die sie beschreiben. Eine Sache, die westliche Autoren zumeist tunlichst meiden. Handeln ihre Bücher doch oft genug von fiktionalen Universen, die nur dem Anschein noch mit unserer Gegenwart verbunden sind oder in apokalyptischen Welten, bei denen die Vorgänge, die zur Apokalypse führten häufig recht stiefmütterlich behandelt werden. Die sowjetische Phantastik handhabt dies ganz anders. Genaugenommen auch keine Überraschung, da der gesellschaftliche Gegenentwurf der Sowjetunion in der Realität auf nicht viel mehr als ein Zukunftsversprechen hinauslief, so brauchte er auch eine Literatur, die diese projizierte Welt mit künstlerischen Mitteln erschuf. Und genau hier beginnt für mich der Spaß. Aus diesen Büchern kann man viel mehr über die Diskussionen und Unsicherheiten im Lande der Weltrevolution erfahren als aus vielen anderen Zeitdokumenten. Sie sind gleichermaßen Sprachrohr wie Spiegel einer Zeit in der radikalen Veränderungen nicht nur möglich schienen, sondern ohne allzu viel Skepsis auch erwartet wurden.Düstere Zukunftsaussichten hatten keinen Platz im Arbeiter -und Bauernparadies. Wer will es ihnen verdenken, angesichts solch liebenswerter Roboter. Das hier besprochene Buch enttäuscht jedoch auf ganzer Linie. Ob ich als Knabe nun einfach klüger oder anspruchsloser war, ich weiß es nicht. Aber die gerade abgeschlossene Lektüre hat mich in jedem Fall viel Kraft gekostet. Dabei hat es eigentlich alles, was dazu gehört: Der Kommunismus hat gesiegt, und zwar schon 2001! Selbstredend ging ab da an alles aufwärts. 500 Jahre vervollkommnete sich die Menschheit, dass es nur so krachte. Und so kann ma endlich beginnen, den Weltraum zu entdecken und nach neuen Genossen in fernen Galaxien Ausschau zu halten. Die nun folgende Handlung, so kompliziert und technisch sie auch immer gewandet ist (Mit dem Unterschied zwischen nichteuklidischen und einsteinschen Raum sollte man entspannt umgehen können. Und bei Begriffen wie „perpindikulärer Zeit“ sollte man ebenso jegliche Wegschleuderreflexe unterdrücken.), sie kommt dennoch selten über eine mäßig fesselnde „Space Opera“ (bzw. Космическая опера) hinaus. So originär speziell dieses Genre zu seiner Zeit und an diesem Ort auch immer gewesen sein mag, mich ließ sie meist nur müde gähnen. Wenn schon kompliziert dann muss zumindest der Aufbau der Figuren und die Abfolge der Ereignisse einen ans Buch ketten. Doch holzschnittartige Charaktere und ungelenk gedrechselte Dialoge ließen mich nur ob ihrer ungewollten Komik bei der Stange bleiben. Beispiel gefällig?„Ich fürchte in dir regt sich menschlicher Chauvinismus, doch in unserer Epoche der Sternenbrüderschaft müssen alle Arten von Chauvinismus erbarmungslos ausgerottet werden. Ich hoffe, ich habe dich von dieser eisernen Formel überzeugt!“Oder noch besser.„Leben zu spenden ist doch das Schicksal von uns Frauen. Zerstören ist ein uraltes Privileg der Männer.“ – „Versuch mich nicht zu überzeugen, Mary. Dem Matriarchat stimme ich nie zu. Das Maximum meiner Zugeständnisse in dieser Hinsicht ist die Gleichberechtigung.“ Nicht nur die 5-Jahrpläne, auch der der sowjetische Film kam bisweilen sehr utopisch daher. Hier ein Bild aus „Planeta Bur“, UdSSR 1962.Fazit: Nein, um ein reines Lesevergnügen handelt es sich hier wahrlich nicht. Daher kann ich verständlicherweise keine Empfehlung aussprechen. Wer aber am Sujet trotz dieses Missgriffs Gefallen gefunden hat, dem lege ich einen Einstieg mit anderen Büchern ans Herz. „Andromedanebel“ von Jefremow, „Der rote Planet“ von Bogdanow oder „Picknick am Wegesrand“ (verfilmt als Stalker) der Strugatzkis u.v.m. Photo: liveinternet.ru, egear.ru,
Hallo! Mein Name ist Lena, ich bin 15 Jahre alt, sitze gerade im Informatikunterricht und habe gestern das besprochene Buch (Menschen wie Götter) ausgelesen und war (liegt das wirklich an der Jugend?) ziemlich begeistert.
Nun ja, zugegeben..die ersten 100 Seiten haben mich einiges an Überwindung gekostet, da mir die grundlegende Beschreibung der Charaktere fehlten. Zum Beispiel die Haar- oder Augenfarbe konnte ich nur mühselig und sicher nicht sofort erfahren. Es war für mich am Anfang ziemlich schwer, mir die verschiedenen Personen vorzustellen, ich kam mit den ganzen Pawels (Romero – warum er Eli ständig mit Sie anredet ist mir bis heute nicht bekannt), Andrés und Lussins völlig durcheinander.
Die komplizierten wissenschaftlichen Vorgänge wie eine Zeitverkrümmung, die nicht linear sondern in einer Ellipse funktioniert habe ich zu meiner Überraschung im Prinzip ansatzweise verstanden. Nicht, dass ich diese Komplexität mit meinem kleinen Verstand komplett begreifen könnte, aber ich hatte eine Ahnung was der Autor meinte. (Solche Absätze musste ich bis zu 3 mal lesen um diesen Wissensstand zu erreichen)
Was mich faszinierte, war die zwischenmenschliche (bzw. zwischenwesentliche???) Beziehung der Außerirdischen und die Vorstellung einer Erde, auf der es weder Krankheiten noch benachteiligte Menschen gibt.
Irgendwie (ich kann's selbst nicht beschreiben) hat mich dieser Roman so gepackt, dass ich es fast für unmöglich halte, im Universum die einzige Rasse zu sein.
Also mir hat das Buch zugesagt, vielleicht ist es wahr und es liegt wirklich an der Jugend :)
lg Lena
Also, als absolut begeisterter Leser dieses Buches, ich bin 32 und habe das Buch bereits mit 12 gelesen, teile die Ansicht des ersten Beitrages überhaubt nicht! Das Buch ist DER Klassiker, ich habe damals unsere Bibliothek quasi gefressen. Und heute steht das Buch neben "EDEN" von Stanislav Lem und "Die blaue Sonne der Paksi". Dieses Buch sollte man unbedingt verfilmen, es hat Tiefe und kommt meiner Meinung nach an die Meisterwerke wie "Avatar" oder "Star Wars" heran, wenn nicht sogar besser!!! Ich kann absolut nicht verstehen, warum Du dieses Buch so schlecht findest. Man sollte nur den propagandistischen Hauch weglassen, den das Buch ausstrahlt, da es nunmal zu einer Zeit entstanden ist, die politisch doch anders gestrickt war.
Fazit:
Klasse Buch!!! Unbedingt verfilmen!!!!! Und blos nicht zu kitschig werden lassen, da sonst die Tiefe der Geschichte darunter leidet!
PS.: ich denke ich fang mal wieder an, es zu lesen….
Ich bin gut über 50, habe das Buch schon zu DDR-Zeiten lesen können. Stark geprägt durch die damals gesellschaftlich bedingten Lesegewohnheiten war (übrigens auch für viele Bekannte, die die Gelegenheit hierfür hatten) der Zyklus "Menschen wie Götter" DAS Nonplusultra der in der DDR erschienenen SF. Zudem habe ich die Gemeinschaftsausgaben von MIR-Moskau/Neues Leben gelesen. Kürzlich habe ich die Trilogie zum xxten Mal genossen und auch da wieder Neues entdecken können, man glaubt es kaum. Brillant ist die Sprache sicher nicht, doch davon lebt das Buch auch gar nicht. Die technischen Errungenschaften sind im Zeitalter überlichtschneller Raumschiffe nun mal so selbstverständlich, dass es keiner tiefsinniger Erklärungen dazu bedarf (z.B. Lem strapaziert[e] diesbezüglich seine Leserschaft recht arg). Auch das Miteinander der verschiedenen extraterrestischen Spezies ist schön längst Alltag. Prioritäten haben ja die Erlebnisse und Geschehnisse, die Eli in seinen verschiedenen Funktionen er- und durchlebt. Ob es da wichtig ist, ob er eine schwere oder leichte Kindheit hatte, ob Eduard Kamagins Vorfahren an der Oktoberrevolution beteligt waren oder wie lange Trub sich in die Hosen gemacht hat, ist sowas von unwichtig… Viel interessanter und spannender sind mir die Schilderungen des Zusammenfindens von Demiurgen, Galakten und Menschen zu einer Gemeinschaft, die sie auch aus der Raum/Zeit-Falle der Ramiren entkommen lässt. Was wissen wir den heute, was den Sternenvölkern der Zukunft wichtig ist? Snegow versucht m.E. darauf eine Antwort zu finden, natürlich nicht unbeeinflusst durch den damaligen Zeitgeist von Gesellschaft und Politik, doch er macht das wirklich gut. Was er damals beschrieb, mag ja heute in der SF selbstverständlich sein, aber ich vergesse eben nie, dass diese drei Romane zwischen 1966 und 1976 entstanden. Snegow beschreibt zügig, technisch logisch und nachvollziehbar wirkend; genau das macht die diesen Zyklus für mich so ungemein lesenswert.
Bis zum nächsten Start mit der "Sternenpflug".
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Ich bin 52 und habe es vor 10 Jahren endlich geschafft diese Bücher zu lesen und muss auch zugeben, die ersten 100 Seiten sind sehr politisch und zäh aber war bin ich begeistert von den Büchern.
Natürlich habe ich die politisch und ideologisch geprägten Passagen irgendwie ausgeblendet, aber das haben wir ja in der DDR ganz gut gelernt :-)
Ich habe in meiner Jugend auch Lem regelrecht verschlungen.