- Warum es wieder losgeht oder eine neuerliche Hamsterradkritik
- Von Friedrichshain über Friedrichshain hin zu böhmischen Dörfern
- Von tschechoslowakischen Höhen und Tiefen
- Diashow, die erste: Von Heidesee bis fast zum Triglav
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (1) von Altungarisch bis Walachei
- Über idyllische Plattitüden und endloses Grün
- Über das januszipfelige Istrien
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (2) von Adige bis Theodor Mommsen
- Reisen nach Zahlen – 100 Tage
- Von einer die auszog das Fürchten zu verlernen
- Der italienischen Reise erster Teil
- Die besten Gerichte von draussen
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (3) von Basilikata bis Wildschwein
- Der italienischen Reise zweiter Teil
- Der italienische Reise dritter Teil
- Einblicke ins Reisetagebuch
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (4) – Von Ätna bis Zitrusfrüchte
- Reisen nach Zahlen – Tag 200
- Währenddessen in Afrika
- Così fan i tunisini
- Eisenbahnfahren in Tunesien
- Von Menschenhaufen und anderen Platzhengsten
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (5) von Agave bis Tuareg
- Tunesien – auf der Suche nach der Pointe
- Reisen nach Zahlen – Tag 300
- Sardinien – der italienischen Reise letzter Teil?
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (6) von Asinara bis Tafone
- Kleine, feine Unterschiede
- Im Autokorsika über die Insel
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (7) von Elba bis Tarasque
- Fahrradfahren (u.v.m.) wie Gott in Frankreich – erste Eindrücke
- Jahrein, jahraus, jahrum
- Ausrüstung für Langzeitreisende – ein paar grundlegende Gedanken
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (8) von Baselstab bis Wasserscheidenkanal
- Reisen nach Zahlen – Tag 400
- Querfeldein und mittendurch – Frankreich vom Rhein bis zum Atlantik
- Wissensstrandkörner aus dem Reisewatt – Gezeiten-Sonderausgabe
- Ratgeber: Radfahren auf dem EuroVelo 6 (Frankreich)
- Projekt-Radria-Gleiche (Tag 426)
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (9) von El Cid bis Wanderdüne
- Der Jakobsweg – ein fader Pfad im Kurzporträt
- Ratgeber: Fahrradfahren auf dem Eurovelo 1 (Velodyssée)
- Unter Jakoblingen – von den Pyrenäen bis ans Ende der Welt
- Wissensplitter aus dem Reisesteinbruch (10) von Don Sueros de Quiñones bis Saudade
- Reisen nach Zahlen – 500 Tage
- Kopfüber durch Portugal und zurück
- Aus dem Reiseplanungslabor: Arbeitskreis Westafrika
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (11) von Azulejos bis Wasserballastbahn
- Meerdeutigkeit
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (12) Von Al-Andalus bis zu den Säulen des Herakles
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (13) von Alcazaba bis zur Unbefleckten Empfängnis
- Andalusien – ein Wintermärchen
- Reisen nach Zahlen – 600 Tage
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (14) von Flysch bis Trocadéro
- Rowerem przez peryferie
- Von Aisha Qandisha bis Moulay Idriss (15) Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch
- Jauchzend betrübt – die Packungsbeilage für Marokko
- Marokkohochjauchzende Menüvorschläge
- Reisen nach Zahlen – 700 Tage
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (16) von Corniche bis zur Via Domitia
- Die „Reiß-dich-am-Riemen“-Tour oder Radwandern für Durchgeknallte
- Ratgeber: Radfahren auf dem Eurovelo 8 – „La Méditerranée“
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (17) von Bektaschi bis Vučedol
- Giro della Jugoslavia
- Ratgeber: Radfahren auf dem EuroVelo 6 – das Balkankapitel
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (18) von Chinesischer Jujube bis Ъъ
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch – MYTHOLOGIESPEZIAL – eine kleine Umschau des Irrsinns
- Was wurde eigentlich aus dem Römischen Reich? Eine ausführliche Inventur der verbliebenen Provinzen
- 852 Tage – Doppelt hält besser
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (19) von Atatürk bis Tigris
- Von Bačka Palanka zum Goldenen Vlies – Endspurt zum Kaukasus
- Z Nysy do Nysy
- Jahresrückblick 2024
- Reisen nach Zahlen – Tag 900
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (20) von Chichilaki bis zum Schutzvertrag von Georgijwesk
- Pflanzen, die es geschafft haben
- EIL: Wie man eine geschlossene Grenze überquert – auf dem Landweg von Georgien nach Aserbaidschan
- Reisen nach Zahlen – 1000 Tage
- Georgien – Winterschlaf im Schatten des Kaukasus
- Kurzanleitung: Mit dem Schiff von Aserbaidschan nach Kasachstan
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (21) von Avtovağzal bis Tamada
- А вы откуда? Mit dem Rad durch Aserbaidschan
- Wissenssplitter aus den Reisesteinbruch (22) von Aralkum bis Zoroastrismus
Das Kaspische Meer stellte für uns zunächst eine faulig duftende, lieblos angerichtete Enttäuschung dar. Natürlich projizierten wir viel hinein, in dieses unbekannte Gewässer, welches angesichts unserer Reiseroute gen Osten für lange Zeit das letzte relevante Gewässer, ja vielleicht sogar Meer sein sollte. Doch was uns dann träge entgegenschwappte, war alles andere als einladend. Später hatten kamen sogar noch die Probleme hinzu, es überhaupt zu finden. Die kartographischen Daten schienen heillos veraltet, wo die Küste sein sollte, fanden wir nur reizloses Schwemmland, Sumpf oder Schilfwiesen.
Was geschieht hier also, fragt sich der aufmerksame Reisende? Droht dem Kaspischen Meer etwa ein ähnliches Schicksal wie dem Aralsee? Tatsächlich gibt es Studien, die hiervor warnen. Das Kaspische Meer ist mit einer Fläche von etwa 371.000 Quadratkilometern der größte See der Erde. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sein Pegel um bis zu 18 Meter sinken, heißt es in dem wissenschaftlichen Artikel weiter. Das Binnenmeer würde dann mindestens 25 Prozent seiner früheren Fläche verlieren und 93.000 Quadratkilometer Trockenland freilegen – eine Fläche von der Größe Portugals. Doch nicht nur Studien behaupten dies, auch die Menschen mit denen wir zumindest in Aserbaidschan sprachen, erklärten uns wie dramatisch sich das Meer Jahr um Jahr zurückziehe. Blieben also, wie bei jeder sich ankündigenden Umweltkatastrophe die üblichen Fragen: Warum geschieht es? Was können wir machen um es aufzuhalten? Und warum, verdammt nochmal, macht keiner was?

Die Ursachen der Austrocknung liegen auf der Hand und folgen einer einfachen Milchmädchenrechnung (wer auch immer diese Milchmädchen sind?!) Es fließt einfach mehr Wasser aus dem Meer ab als durch Regen und Flüsse zugeführt wird. Das Ganze wird dann natürlich noch durch die Verdunstung über dem Kaspischen Meer aufgrund der anthropogenen Erwärmung zusätzlich angeheizt. Dies führt letztlich dazu, dass der Meeresspiegel heute auf dem niedrigsten Stand seit fünfzig Jahren ist. Demzufolge wäre eine mögliche Lösung, wie man diesem Trend entgegensteuern könnte, vergleichbar simpel und wäre höchstwahrscheinlich auch diesen mysteriösen Milchmädchen verständlich. In dem man die Wasserentnahme reduziert, und ja hier weist der Blick nach Russland, denn 80% des Zustroms erfolgt durch die Wolga, könnte man den Trend vielleicht etwas abbremsen oder gar aufhalten. Doch dafür müsste man sich natürlich grenzübergreifend einigen und für einen Moment wirtschaftliche Interessen hintanstellen. Wie wir wissen, alles Dinge in denen wir als Menschheit schon immer sehr stark waren und sind. Zudem wird der Handlungsdruck auch noch abgeschwächt durch eine traditionelle, von Generation zu Generation getragene Erfahrung: Der Meeresspiegel sinkt, dann steigt er auch wieder. Na dann…
Schon in Aserbaidschan, dann aber verstärkt in Kasachstan und nun in Usbekistan fiel mir ein Wort auf: Turan. Banken, Restaurants, Plätze hießen so. Dunkel dämmerte in verstaubten Bereichen meines Passivwissens etwas auf. Das hatte doch irgendwas mit den Turkvölkern zu tun, oder? Zeit genug, dies mal genauer abzuklopfen. In der Tat bezeichnet Turan heute das ursprüngliche Siedlungsgebiet der Turkvölker in Mittelasien. Das Wort hat eine pantur(k)anistische ideologische Nebenbedeutung: Es bezeichnet einen fiktiven – durch den Kızıl Elma („Roter Apfel“) symbolisierten – Staat, in dem alle Türken der Welt vereint sein würden. Hier kreuzen wir wieder diese aufreizenden Theorien eines gewissen Atatürks, die ich in einer anderen Ausgabe bereits eingehend beleuchtet hatte (Der türkisch-nationale Abstammungsmythos und die Sonnensprachtheorie). Neben Turan gibt es noch eine andere Bezeichnung für Siedlungsgebiete der Turkvölker und die wäre Turkestan. Keinesfalls zu verwechseln mit dem durchgeknallten Turkmenistan.


Kommen wir daher zu etwas entschieden Appetitlicheren: Plov, auch bekannt als Pilaw, ein orientalisches Reisgericht, welches uns ab Aserbaidschan in allen Stans nicht von der Seite weicht. Es wird traditionell aus langkörnigem Reis, Zwiebeln, Brühe sowie eventuell Fleisch, Fisch oder Gemüse zubereitet. Das unbestrittene Kronjuwel der usbekischen, wie auch zentralasiatischen Küche. Man kann nun, wie bei so vielen Dingen den Werbeleuten und Reiseverkäufern lauschen und ihren ausschweifenden, blumigen Tiraden für bare Münze nehmen. Dann wird man mit Phrasen wie diesen konfrontiert:
In der bunten Vielfalt zentralasiatischer kulinarischer Traditionen sticht ein Gericht als Symbol der Gastfreundschaft und des Gemeinschaftssinns hervor: usbekisches Plov. Dieses beliebte Nationalgericht, auch als Pilaw bekannt, ist mehr als nur eine Mahlzeit – es ist eine Hommage an Kultur, Geschichte und Kochkunst. Tauchen wir ein in die Welt des usbekischen Plov und entdecken wir, warum es nicht nur Essen, sondern ein Fest für die Sinne ist.
eurasia.travel
Blödsinn! Man kann nämlich auch auf dem Teppich bleiben, sogar auf dem Perserteppich , welchen man wiederum übrigens genauso hochloben kann. Man kann es aber auch zur Abwechslung als das beschreiben was es ist: Ein unfassbar fettiges Reisgericht („dass das Fett sich über die Arme des Speisenden ergießt“) bei dem es im Wesentlichen darum geht Fleisch mit ordentlich Knoblauch und einigen Karotten zu garen. Es ist nichts besonderes und in seiner Herstellung kein Hexenwerk. Wie so viele Gerichte Zentralasiens verrät es die nomadischen Wurzeln seiner Köche: schnell zuzubereiten, heftiger Energielieferant, Zutaten sind leicht zu transportieren.

Dementsprechend sollte man es kurz halten und Plov als das sehen was es ist: Ein simples, und daher historisch gesehen, wahrscheinlich sehr altes Gericht, welches sich in abgewandelter Form an den verschiedensten Stellen auf diesem Planeten unabhängig voneinander entwickelt hat. All die aufgebauschten Mythen und Legenden, mit denen die Verkäuferseelen stets versuchen, einfache Dinge in den siebten Himmel zu heben, was sie im übrigen gar nicht nötig hätten, sollten wir beiseite schieben und uns besser in aller Stille dieser fettriefenden Köstlichkeit widmen.
Sobald man Usbekistan, bzw. Karakalpakistan erreicht hat, kommt man an dem Begriff Choresmien nicht vorbei. Und schon habe ich wahrscheinlich einen Satz mit drei Unbekannten formuliert. Jedenfalls für die durchschnittliche europäische Bevölkerung. Ich setze hier jetzt aber Usbekistan erstmal voraus, bzw. verweise auf einen, hier bald folgenden, ausführlichen Artikel zu Land, Leuten und allem drumherum. Die beiden anderen Worte sollen und müssen hier aber Beachtung finden. Mit Karakalpakistan verhält es sich noch relativ einfach. Abgesehen davon, dass ich es bis heute nicht hinbekomme, dieses Wort ruckelfrei auszusprechen, kann man die Autonome Republik innerhalb Usbekistans schnell erklären. 166.590 km² mit rund zwei Millionen Menschen im Nordwesten Usbekistans. Die Karakalpaken fühlen sich eher als Kasachen denn als Usbeken und hatten sich auch zu verschiedenen Zeitpunkten in der Geschichte bemüht, dieses Gefühl auch praktisch umzusetzen. Klappte letztlich aber nicht und so ist man nun ein nicht unbedeutender Teil des Vielvölkerstaats Usbekistan.
Mit Choresmien verhält es sich schon etwas diffiziler. Choresmien, keinesfalls mit dem südlich angrenzenden Chorasan zu verwechseln, liegt links neben Transoxanien, ein Land, welches seinem Namen daher bekam weil es das Land „jenseits des Oxus“ ist, wobei Oxus der alte Name des Amudarja ist. Soweit noch Fragen? Die etwas modernere Lagebeschreibung wäre: (historische) Landschaft im westlichen Zentralasien südlich des Aralsees (bzw. Aralkum, siehe unten). Historisch gesehen handelt es sich hier zweifeslohne um einen dieser vielen ehemaligen Supermächte der Region, von denen man im Regelfall heute noch nie etwas gehört hat. Bei jeder Recherche zu einem beliebigen Ort oder Region in dieser Weltenecke stolpere ich regelmäßig über mir gänzlich unbekannte ehemalige Weltreiche. So auch die Choresmier. Und dann gibt es eben auch Einleitungen wie diese:
Das antike Choresmien ist bisher erst wenig erforscht. Es gab an einigen Orten Ausgrabungen, die ein relativ gutes Bild der materiellen Kultur liefern, aber schriftliche Quellen sind nicht sehr zahlreich und Choresmien wird auch selten bei antiken Autoren erwähnt. Aus späterer Zeit gibt es einige islamische Quellen, doch bereitet es große Schwierigkeiten, die dort genannten Herrscher und Ereignisse mit den zeitgenössischen Quellen in Einklang zu bringen.
Wikipedia
Bekannt ist auf jeden Fall, dass ein gewisser Zoroaster, auch bekannt als Zarathrustra, hier den Zoroastrismus (siehe unten) erfand, auch eine sehr ambitionierte Weltreligion, die irgendwann den Anschluss an die anderen Glaubensangebote verlor. Außerdem weiß man, dass Alexander der Große sich hier ein wenig die Zähne ausbiss, denn Choresmien wurde nicht erobert, sondern blieb vom griechischen Durchmarsch verschont und unabhängig. Schließlich verendete man nach etlichen Jahrhunderten still und heimlich. Wahrscheinlich aufgrund der häufigsten Schadensmeldung dieser Region. Chronische Nomadenüberfälle.




Und auch ein neues Schaf habe ich kennengelernt. Offensichtlich scheint mit dem Erreichen zentralasiatischer Gefilde die Schafskunde elementarer Bestandteil des Wissenserwerbs zu werden. War es vor wenigen Wochen noch das Fettschwanzschaf, welches ich ungläubig bestaunte, ist es dieses Mal nun das Karakulschaf.


Das Karakulschaf ist von hier, also aus Usbekistan, ein Steppenschaf reinsten Wassers, bzw. ein Lockenschaf. Nun könnte man ganz borniert annehmen, dass doch jedes Schaf Locken habe. Aber offensichtlich ist für die gesteigerte Nachfrage die sogenannte Kleinlocke entscheidend. Und eben diese wurde jahrhundertelang nur in der verhältnismäßig kleinen Region von Buchara und Chiwa gezüchtet. Mittlerweile gibt es das Karakulschaf weit über den Planeten verstreut. Ein Fakt muss hier natürlich noch sein, denn wenn man diese Schafe sieht denkt jeder unweigerlich an Pudel. Daher verwundert es nicht allzu sehr, dass „Mitte der 1930er Jahre Hans Thum, nach seiner Aussage, die heute übliche, damals bahnbrechende Hunde-Frisur, den Karakul-Schnitt, erfand.“
Wenn man es Ernst meint mit dem Zentralasien durchradeln dann kommt man an Wüsten nicht vorbei. Und wenn man dann Tag um Tag schnurgerade, öde Gegenden durchquert, dann begegnet einem schon mal der Gedanke was eigentlich eine Wüste zu einer Wüste macht. Was man mit Halbwüste meint und wie diese im Verhältnis zur Steppe steht? Jede Menge trockene Fragen, die geduldig einer Beantwortung harren. Nur hier im Reisesteinbruch ist der Ort wo derlei schwierige Erkenntnisse dem Weltwissen abgerungen werden können.
Nun denn, vier Faktoren spielen hierbei eine entscheidende Rolle: Vegetation (spärlich bis nicht existent), Temperatur (sehr heiß wie bspw. die Sahara oder sehr kalt wie bspw. die Antarktis), Bodenbeschaffenheit (sandig bis felsig, wenig organisches Material) und Niederschlag (so wenig wie möglich verschafft das Ticket für den Wüstenclub). Dementsprechend stellt die Halbwüste die Übergangszone dar, denn natürlich ist man nicht mit einem Schritt in der Wüste. Bis es soweit ist fährt man erst ewig durch ebenso trostloses, ödes Land. Als Wüste gilt wenn es weniger als 250mm Jahresniederschlag gibt; vegetationsfrei, maximal punktuell ein paar verdorrte Überlebenskünstler und die Landschaft sollte nicht mehr als sandige, felsige Böden im Portfolio haben. Halbwüsten werden dahingehend etwas gewagt als abwechslungsreicher beschrieben. Hinsichtlich des Unterschieds zur Steppe kann zusammengefasst gesagt werden, dass die Steppe wiederum die Übergangszone ist, die der Halbwüste vorausgeht. Also zwischen 500mm und 1000mm Jahresniederschlag; dichte Grasvegetation und Sträucher, keine Bäume; fruchtbarerer Boden, deshalb Graswachstum möglich und erneut (noch) abwechslungsreichere Landschaft.

Eine der blöderen Entscheidungen der, sich die Erde Untertan machenden „Krone der Schöpfung“ führte dazu, dass man es schaffte einen der größten Seen dieses Planeten auszutrocknen. Dass dies nicht nur ein unbeschreibliches Fiasko für die hiesige Flora und Fauna sowie für die ansässige Wirtschaft war, sondern auch eine handfeste Umweltkatastrophe mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft dieser Region, wurde mir erst vor Ort klar. Denn sämtliche Pestizide und Herbizide, welche in dem Wasser enthalten waren, bleiben nach der Austrocknung in der Erde und dank der reichlichen Winde werden diese nun durch die Luft und in die Lungen der hier lebenden Menschen und Tiere getragen. Folge ist ein Anstieg von diversen Erkrankungen. Da tröstet es nur wenig, dass Wüstenforscher überlegen, die auf dem Gebiet des Aralsees entstehende Wüste in Aralkum (Aral-Sand) oder Akkum (weißer Sand) zu taufen und auf der Wüstenpalette der toten Landschaften eine neue Farbe aufgetaucht ist.
Der Zoroastrismus ist eine der ältesten monotheistischen Religionen und war Zeit seines Bestehens überaus ambitioniert und zweifelsfrei auf dem Sprung zur Weltreligion. Bis ins späte 1. Jahrtausend n. Chr. hatte der Glaube des Zarathrustra eine millionenfache Anhängerschaft, doch dann kam der Knacks und so blickt man heute nur noch auf klägliche 130.000 Zoroastrier. Der populärste Zoroastrier ist im übrigen auch schon von uns gegangen – Freddy Mercury! Im Zentrum der Religion Zarathustras steht der Schöpfergott Ahura Mazda. Er wird begleitet von den Amescha Spenta (die Wohltätigen Unsterblichen) sowie von seinem Widersacher, dem Herrscher über die Daeva, Angra Mainyu. Gottesbilder sind dem Zoroastrismus fremd. Dagegen ist er ein großer Fan von Feuer, bekannte Immobilien sind Tempel, in denen ständig ein brennendes Feuer als heilige Flamme gehütet wird, das als Symbol der Gottheit und der vollkommenen Reinheit gilt.
Der Einfluss auf die gegenwärtigen Erfolgsmodelle moderner Seelenverkäufer ist enorm. Das Judentum hat in den Jahren nach dem Babylonischen Exil (6. bis 4. Jahrhundert v. Chr.) viele Bilder aus dem Zoroastrismus, welches der damalige religiöse Platzhirsch war, schlichtweg geklaut. Das killing feature schlechthin: Der Glaube an das Ende der Welt! Der Teufel als Gegenspieler Gottes geht vermutlich auf Ahriman zurück. Auch die Begriffe Himmel und Hölle waren im älteren Judentum tatsächlich noch völlig unbekannt. Auch hier bediente man sich in der Selbstbedienungstheke des Zoroastrismus, mixte es ein wenig mit der griechischen Vorstellung des Hades‘ – und fertig. Es versteht sich von selbst, dass eben diese Vorstellungen über die jüdische Tradition auch in die christliche und die islamische Religion eingingen und dort zu zentralen Elementen wurden. Somit steckt also letztlich in uns allen ein kleiner Feueranbeter.
Entdecke mehr von Viva Peripheria
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.