Eine unerträgliche Stillheit breitete sich in den letzten Tagen in eurem Lieblingsblog aus. Dies hatte nur zum Teil mit der erschöpfenden und schöpfungsstörenden Belgienexkursion zu tun. Auch das hier zur Diskussion gestellt Buch des Herrn Sienkiewicz hatte seinen nicht unbedeutenden Anteil an der langen Mitteilungspause. „Auf Grund seiner großartigen Verdienste als epischer Schriftsteller“ holte Sienkiewicz annodazumal den Nobelpreis nach Kongresspolen. Wir applaudieren nachträglich, honorieren das Vollbrachte und wenden uns mit gewachsenem Heißhunger der üblichen Trivialliteratur unserer Wahl zu. Worum es sich hierbei handelt, wenn ich an diesem Buch mehrere Wochen wiederkäue? Nun, keineswegs um leichte Kost. Nein, wahrlich nicht. Auf knapp 700 Seiten wird hier die Thematik der Anfänge einer uns allseits bekannten Weltreligion näher beleuchtet. Es geht um die Christen und ihr blutiges Fanale in Neros Rom. Das Buch ist vielleicht dem einen oder anderen durch den gleichnamigen Film bekannt, ich für meinen Teil wollte es aus dem Bemühen heraus lesen, peu a peu die Klassiker der polnischen Weltliteratur zu lesen. Und, ja, in genau diese Kategorie gehört jenes Buch, denn schließlich ist es eines der bedeutendsten Werke des ersten polnischen Literaturnobelpreisträgers (1905). Dies mag auch aufgrund des Sujets ein wenig wundern, aber es ist nicht bizarrer als die zukünftigen belletristischen Ergüsse eines, im chinesisch verwalteten Deutschland lebenden Sachsen über die, sagen wir mal, Bushadministration.Immerhin eine halbe Million Złotys erreichte er in den turbulenten 80ern. Das mag viel erscheinen, zerschmolz in seinen Augen aber wahrscheinlich zu einem schlechten Witz wenn er erfahren hätte, wer den 1.000.000-Złotyschein verschönern durfte: Władysław Reymont – der zweite polnische Literaturnobelpreisträger. Doch all das wird noch in den Schatten gestellt durch den Umstand, dass hier noch nicht Schluss war. Nein, es gab noch einen 2.000.000-Złotyschein…Es ist oftmals ein rechte Last mit der Hochliteratur. Einerseits will man sie mal gelesen haben, wenn sich dann aber auch nach angestrengtester Lektüre kein so rechter Genuss einstellen will, steht man vor der, ha!, Gretchenfrage: Wie hältst du’s mit dem Bildungskanon, sprich! Leider haben es Klassiker nämlich nur allzu oft an sich, zäh und bedeutungsschwanger vor einem rumzuwabern ohne hastig einen Spannungsbogen zurecht zu zimmern. Das macht sie ja u.a. zu Klassikern. So etwas haben sie nicht nötig. Und schließlich leidet darunter auch keineswegs ihre Qualität oder ihr Anspruch auf diese, doch flüsssiger Lesespaß kommt so selten auf. Mühe macht in diesem speziellen Falle zum einen die direkte Rede, welche stets vornehm und gedrechselt daherkommt, auch wenn die beschriebenen Personen gerade orgientechnisch unterwegs sind und man kein Historiker sein muss, um zu erahnen, dass auch der edelste, römische Patrizier nach heftigem Weingenuss nicht ganz so druckfertig reden kann. Zum anderen sind auch die epischen Beschreibungen von Landschaft und Menschen dazu angelgt jedenfalls mich zu ermüden. Die größten Schwierigkeiten machte mir aber das Sujet an sich. Obwohl der Autor mittels seiner Niederschrift es auch ein Jahrhundert später noch vermag, in mir die Faszination für die stattfindende „Moralrevolution“ durch die Hippiespießer aus dem Nahen Osten im dekadent vor sich hin taumelnden Rom zu wecken, so bleibt es auf weiten Strecken ein gähnendes Erlebnis, bei dem man mehr als einmal wünscht, dass sich doch die nächste Spinnersekte hätte durchsetzen sollen. In diese Sinne fällt die Leseempfehlung entsprechend dünn aus. Ich will keinem davon abraten, aber, auch wenn ich das ungern sage, die Verfilmung hätte es auch getan. Ich jedenfalls freue mich auf den, in der Zwischenzeit, verlockend gewachsenen Berg an noch zu lesenden Büchern.
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