Da wäre zum einen die besondere Geschichte die dieses Buch erleben durfte. Die Wiederentdeckung des Stoffs über illustre Schlängelwege machte mich neugierig und ließ mich dieses Buch vormerken. Nun geschah es, dass auf dem Weg nach Kopenhagen diesen Sommer mein getreuer Kindle wortwörtlich einknickte. Nachschub musste her, sprich solide Totholzliteratur. Für den anspruchsvollen Buchgourmet gar kein so leichtes Unterfangen, dies in der mecklenburgischen Provinz umzusetzen. Ein Blick in den Buchladen von Bötzow ließ mich schaudern. So ruhten alle Hoffnungen auf Rostock. Innerhalb einer halben Stunde musste ich dann dort schnell entscheiden. Mein Blick fiel auf dies Buch und die Entscheidung war gefallen.
Was gab es für den heiteren Sommerritt nach Dänemark Besseres als diesen düsteren Stoff zweier Eheleute die allein gegen das Hitlerregime aufbegehrten, und ohne etwas erreicht zu haben, auf dem Schafott endeten?! Doch wie groß sollte meine Überraschung sein als ich nach dem ersten Kapitel in den dokumentarischen Teil des Buchs blätterte und feststellte, dass das authentische Ehepaar, auf dem Falladas Roman beruht, im Wedding lebten. Und nicht nur das, sondern meinem gegenwärtigen Lebensmittelpunkt quasi gegenüber. Tatsächlich befindet sich an dem Neubau der anstelle des durch eine Bombe zerstörten Hauses, in dem die Hampels lebten, eine Gedenktafel an der ich jahrein jahraus vorbeischlenderte.
Überaus faszinierend. Dementsprechend angefeuert las ich mich in den Roman hinein. Die Handlung spielt zwar nicht im Wedding doch die erzählerische Kraft mit der Fallada das Berlin dieser Zeit schildert, gehört für mich zu den hervorstechensten Qualitäten des Romans. In dieser Kulisse entfaltet Fallada mit nüchterner, schlichter Schreibe vermag er das Außergewöhnliche und Problematische nahezu nebenher verständlich und zugänglich zu machen. Denn schließlich erscheint das Thema dieses ersten Romans eines in Deutschland während der Nazizeit gebliebenen Autors über eben diese Zeit, auf den ersten Blick morbide und wenig ergibig. Auch Fallada, der anfangs sehr mit diesem Roman haderte, sah dies so. Doch letztlich erhält der Roman auch durch die zahlreichen Nebenhandlungen und interessanten Charakterstudien das Format von dem was man wohl eine Milieustudie nennen darf. Nicht zuletzt darf man ganz ohne Pathos behaupten, daass es Fallada hier gelungen ist dem ohnmächtigen, heldenmütigen Widerstand der vielen kleinen „Quangels“ (so der Name der Hampels im Roman) gegen die übermächtige Maschinerie des Faschismus ein bleibendes Denkmal zu setzen.
Fazit: Unbedingte Leseempfehlung!