Natürlich war ich über alle Maßen skeptisch als ich hörte, dass es nun doch eine Fortsetzung der Millenium-Reihe geben würde. Sie konnten es einfach nicht lassen, so mein Gedanke. Die vorausgegangene Trilogie war mit samt den Filmen dann wohl doch zu verlockend um nicht nachzulegen. Nicht im Zeitalter der Einfallslosigkeit, welche sich, so scheint es, kulturell hauptsächlich durch Relaunchs und Comicverfilmungen auszeichnet. Dieser vierte Band gelang auch nur trotz geschicktester Winkelzüge. Schließlich hatte sich Familie wie Lebensgefährtin nach dem frühen Tod von Larsson 2004 geweigert, die schon bestehenden Manuskripte von einem anderen Autor fertigstellen zu lassen.
David Lagercrantz, der Autor von „Verschwörung“, dem vierten Band der Millenium-Reihe, begann also im Grunde ohne sich an die Vorgaben Larssons halten zu müssen. Und dies ist ihm, man mag es kaum glauben, mehr als gelungen. Schon während der Lektüre stellte ich erschrocken fest, dass meine Skepsis-Bollwerke zu bröckeln begannen und meine feindselige Stimmung gegen diesen anmaßenden Versuch kippte. Die lang vermissten Hauptcharaktere waren nicht nur überzeugend zu neuem Leben erwacht, nein, sie entwickelten sich sogar weiter. Neue Figuren stießen hinzu und bauten ein Szenario auf, der sich hinter den Originalen nicht zu verstecken brauchte. Sicher, die einfache Darstellung komplexer Vorgänge mag an mancher Stelle ein wenig zum Lächeln anregen, doch hiermit ist man nur genrekonform und so manches Sachbuch zum Thema „Digitalisierung-Überwachung“ und wie Politiker, Kriminelle und Journalisten hiermit zurechtkommen, ist hierbei trotz aller Seriosität und Sachkenntnis meist auch nicht viel erhellender.
Was mich eher bei den Millenium-Büchern hält, ist der deutlich zu spürende parteiische Geist der hier dem Leser vermittelt wird. Stieg Larsson versuchte Zeit seines kurzen Lebens Antifaschismus und Xenophobie entgegenzutreten, so atmeten dann auch seine Bücher diese trotzigen, widerständige Hoffnung, dass der Kampf für eine gerechtere Welt noch nicht beendet ist. Und auch wenn das ehemalige Nachrichtenmagazin so etwas in einer unfassbar arroganten und selbstgerechten Rezension als „linken Kitsch“ abtut, mir gefällt gerade dieser Subtext angesichts der eher reaktionär und dystopisch geprägten Thrillerschwemme unserer Zeit. Dementsprechend froh schaue ich den angekündigten weiteren zwei Romanen von Lagercrantz entgegen. Gut, dass es euch wieder gibt, Mikael und Lisbeth!
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