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- Der italienischen Reise zweiter Teil
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Etwas mehr als ein Jahr ist es her, da radelten wir himmelhochjauchzend und freudetrunken auf eben jenem Velo 6. Jedoch im fernen Frankreich und in die entgegengesetzte Richtung zum Atlantik hin. Nun waren wir wieder auf diesem Velo, auf einem ganz anderen Streckenabschnitt, wir radelten dem Morgenrot entgegen (angesichts der Temperaturen war das teils sogar wortwörtlich gemeint, denn wir mussten teilweise sehr früh aufstehen um vorwärtszukommen) und hin zum Schwarzen Meer. Es sei angemerkt, das dieser Ratgeber die Länder Kroatien, Serbien, Bulgarien und Rumänien behandelt. Genauer: Die Route von Osijek bis Ruse (920km)
Kroatien
Unsere Erfahrungen für den kroatischen Teil sind eher spärlich gesät: Von Osijek über Vukovar (wo wir erstmals mit dem Velo6 auf die Donau trafen) fuhren wir bis nach Bačka Palanka, dem ersten serbischen Ort am anderen Donauufer. Diese gut 100km fährt man größtenteils auf einer mäßig bis heftig befahrene Landstraße. Es gibt kaum Chancen auf Schatten in diesem bisweilen etwas gespenstisch wirkenden Teil Slawoniens. Nirgends sonst in Jugoslawien habe ich die eiternden Narben des vergangenen Konflikts deutlicher zu spüren gemeint als hier.
Serbien
Mit Serbien begann ein ganz besonderes, ja man kann sagen, vielleicht das beste Kapitel unseres Trips gen Osten. Nirgends auf unseren Radreisen sahen wir mehr Bemühen um eine perfekte Routenführung des Radwegs. Allenfalls die Strebernationen im Norden sowie die Niederlande und Frankreich können hier mithalten. Doch diese haben natürlich erhebliche Standortvorteile, ja, man erwartet es von diesen satten Friedensnationen quasi. Doch wenn man die Donau nach Serbien überquert und erst einmal eine riesige Infotafel inklusive Zähler des EuroVelos erblickt, dann ist man schon ein wenig erstaunt.
Und es bleibt speziell die Markierung, die man hier auf liebenswerteste Weise kultiviert hat. Sicher, wenn man in Serbien einen durchgehenden, ebenen, reinen Radweg erwartet, wird man enttäuscht werden. Der Radweg führt größtenteils über auch anderweitig genutzte Landstraßen und hat bisweilen auch arge Tücken und Gemeinheiten im Köcher. Doch im Großen und Ganzen erkennt man an der Routenführung das Bemühen um einen entspannten Weg. Wer weiß, noch 5 bis 10 Jahre und die größten Scharten sind ausgewetzt und künftige Generationen können unbehelligt von Verbrennerterrorismus und Schlaglochexzessen bis zum Eisernen Tor genussradeln.
Die Route von Backa Palanka bis zum Eisernen Tor kann grob in drei Abschnitte eingeteilt werden:
- Von Bačka Palanka über Novi Sad bis Belgrad (130km): Sehr gute Markierung, das Bemühen, einen guten Fahrradweg zu kredenzen, spiegelt sich teils sogar in reinen Radwegen wieder. Die ersten 10km von Novi Sad Richtung Belgrad bitte mit Vorsicht genießen. Heftig befahrene Straße. Außerdem würde ich empfehlen Belgrad zu umfahren. Eine Stadtbesichtigung der einzigen Metropole des Balkans ist besser ohne Rad zu bewerkstelligen. So man von Westen anreist, einfach im Camp Dunav 10 km vor der Stadt absteigen und in den Bus umsteigen
- Die Vojvodina-Steppe (110km): Von Borca nach Banatska Palanka – Ein recht ödes und abwechslungsarmes Teilstück. Flach, ohne jeglichen Schatten, über zahlreiche holprige Feldwege zieht sich die Route. Hier ist man wirklich mit sich und seine Gedanken alleine. Wenn die Donau sonst meist zugebaut oder der Weg weit entfernt von ihr verläuft, hier dagegen sind viele spektakuläre Blicke auf die Sumpflandschaft der Donau sind möglich.
- Das Eiserne Tor (200km) von Ram nach Brza Palanka: DAS Prunkstück des Donauradwegs. Dieses, die Sinne zerstäubende Durchbruchstal in den südlichen Karpaten ist wohl das populärste Stück des Radwegs. Nirgendwo trafen wir auf mehr andere Radler. Auf einmal waren wir nicht mehr die einzigen Irren. Aber keine Sorge, schon kurz vor Bulgarien ist der Spuk vorbei und man ist als Radfahrer wieder allein. Der Andrang könnte auch daran liegen, dass man bis kurz vor der bulgarischen Grenze auf zwei EuroVelo gleichzeitig unterwegs ist. Von Ram bis Negotin verläuft hier auch der Velo13, der Eiserne-Vorhang-Radweg. Wir fuhren oder kreuzten diesen Radweg schon häufiger, speziell auf unsere ersten großen Radreise. Die Strecke durchs Eiserne Tor ist auf serbischer Seite erstaunlich wenig befahren (wir raten davon ab, diesen Weg auf rumänischer Seite zu fahren – der Verkehr sah erheblich intensiver aus) und führt über 21 Tunnel durch diese schmale Klamm. Ein unvergessliches Erlebnis!
Bulgarien
Die ersten Eindrücke waren ernüchternd bis erschreckend. In der ersten Grenzstadt begrüßte uns gähnende Leere. Aufgegebene Häuser in Reihe, Stille, Nichts. Später erfuhren wir, dass der Nordwesten des ärmsten EU-Landes zu den problematischsten Regionen gehört. Diese Gegend wird landläufig auch „Land ohne Leute“ genannt und das spürt man. Jedes sechste Dorf in Bulgarien müsste eigentlich von der Landkarte und aus den Registern gestrichen werden. Laut einem Gesetz muss mindestens ein Einwohner in einem Ort leben, damit dieser als Ortschaft geführt wird. In ganzen 183 Dörfern Bulgariens leben jedoch keine Menschen mehr. Die meisten dieser menschenleeren Dörfer befinden sich im Nordwesten Bulgariens, in der ärmsten Region Europas. Wohlgemerkt Europas, nicht der EU.
Achtung: Im Grenzort Bregovo gibt es keinerlei Möglichkeiten zum Geldwechsel. Kein Bankomat bis Widin! Im kleinen Laden vor Ort kann man aber mit Karte bezahlen.
Dementsprechend gestaltet sich auch der „Radweg“. Ist die Straße von der Grenze nach Widin noch einsam und beschaulich, nimmt der Verkehr ab Widin massiv zu. Außerdem ist die Qualität der Straßen katastrophal und gehört zu dem Übelsten was wir in gut zwei Jahren Radreise in zwanzig Ländern erleben durften. Ich kann hier nur den Ratschlag erteilen, in Widin die Brücke nach Rumänien zu nehmen. Wir trafen einen Radfahrer, der dies so machte und von den besseren Straßen auf der anderen Seite profitierte. Der Verkehr ist dagegen in Rumänien noch einmal eine Spur heftiger. In Bulgarien gibt es dagegen bisweilen auch ruhige Streckenabschnitte. Die Grundversorgung bessert sich mit jedem Kilometer gen Osten, die Menschen sind hilfsbereit und freundlich. Achtung: Denkt an die sonderbare kulturelle Eigenheit hierzulande. Kopfschütteln bedeutet Ja, Nicken Nein.
Rumänien
Aufgrund der vorgenannten Dinge und auch wegen der deutlichen Höhenunterschiede (die rumänische Seite ist platt wie eine Flunder, während die bulgarische Seite schon ein paar nicht unbedeutende Hügel in petto hat) setzten wir bei Orjachovo nach Rumänien über. Ignoriert das Rumgepöbel in den Google-Maps-Kommentaren zu der Fähre: Für Fahrradfahrer werden €3 fällig und Wart zeit meint nur die Fähre nicht die ewiglange LKW-Schlange die sich vor der Fähre aufreiht.
Die knapp 200km von Bechet nach Giurgiu, welche wir in Rumänien antesteten, lassen sich kurz zusammenfassen: Bessere Straßen, mehr Verkehr, absolute Flachheit und viel, viel mehr Menschen. Die Dörfer auf dieser Seite der Donau sind das komplette Gegenteil zu den Gespensterdörfern auf der bulgarischen Seite: Belebt von jung und alt, zahlreiche Tiere, es wird geschraubt und gewerkelt – auf den ersten Blick sah es nach einer vitalen Dorfkultur aus wie es sie in Europa so kaum noch gibt.
Nach Giurgiu querten wir die Freundschaftsbrücke nach Ruse und verließen dort unseren getreuen Velo 6 und die nicht minder treue Donau. Wir verzichteten auf jenen unbestrittenen Sehnsuchtsort namens Donaudelta und hatten auch zusätzlich ein leicht schlechtes Gewissen die Sache nicht zu Ende zu bringen. Doch die herrliche Fahrt durch Ostbulgarien über leicht hügelige Landschaft und verkehrsberuhigte Straßen hin zum Schwarzen Meer war zweifellos für uns die richtige Entscheidung.
Eine Warnung sei noch ausgesprochen. Wie auch in Nordwestbulgarien existiert hier in Rumänien eine ausgeprochen unterentwickelte, touristische Infrastruktur, sprich es herrscht eine eklatante Unterkunftsödnis. Kein Grund zur Sorge, die Menschen sind gastfreundlich und wenn man nett fragt, findet sich schlussendlich immer ein schönes Plätzchen inklusive Dusche und Schnaps. Offizielle Campingplätze gab es nach unseren Recherchen auf den 200km nur diese beiden: Rustic house in Turnu Măgurele und Camp Edelweiss in Suhaia
Empfehlenswerte Unterkünfte
Camping Asin ist einer dieser seltenen Plätze bei denen einfach alles stimmt. Wir haben auf unseren Radreisen etliche Campingplätze besucht und wissen so langsam wie der perfekte Platz zu sein hat. Dieser hier kommt dem Ideal schon sehr nahe: Familiäre Größe (nicht viel mehr als 20 Plätze), Autos dürfen nicht auf den Platz bzw. gesondertes Areal für Zelte, einen gut ausgestatteten Gemeinschaftsbereich inklusive Kühlschrank und Kochnische, sauberer Sanitärbereich inklusive Klopapier und Seife (Duschmarkenfrei), solides WLAN und Strom inklusive. Das Ganze sollte für zwei Personen nicht deutlich über €10 kosten. Ja, all diese Ansprüche werden selten erfüllt. Doch hier bei Camping Asin am Eisernen Tor definitiv. Wenn man jetzt noch vorsichtig anmerkt, dass dieses Angebot weit und breit (und ich meine hier den Umkreis von 2-3 Tagesetappen in alle Richtungen) das einzige Angebot ist, so muss ich wohl nicht sonderlich druckvoll dazu auffordern, hier einzukehren so man in der Gegend ist.
Weitere EuroVelos im Kurzportrait
- EuroVelo 1 – Velodyssée
- EuroVelo 6 – Frankreich
- EuroVelo 8 – „La Méditerranée“
- EuroVelo 13 – Die Eiserne-Vorhang-Route
- EuroVelo 17 – ViaRhôna
Weiterführende Links
- Offizielle Seite des EuroVelo 6
- Exzellentes Portal für ÖPNV in Serbien und darüber hinaus
- 100 nationale touristische Objekte Bulgariens