Mit der Folge „Dr. Linus“ wurde nun, wie unschwer zu erraten, das Schlaglicht auf den Übeltäter und Urbösewicht vergangener Tage gelegt. Wenn man bedenkt was uns dieser Knabe in den vergangenen Staffeln an grauen Haaren gekostet hat. Mysteriös und grundböse einsteigend, wandelte sich der vemeintliche Dschungelmephisto öfter als er aus den verschiedensten Anlässen zu Hackfleisch verarbeitet wurde. Ben gab meisterhaft das fast allzeit blutig geschlagene Moralchamäleon mit gleichermaßen finsteren wie edlen Absichten. Lange vermutete man gar in ihm den Schlüssel für so manches Unerklärliche. Doch bereits in der fünften Staffel kündigte sich unvermittelt sein Abstieg in die Hilflosigkeit eines Mannes an, den die sich überstürzenden Ereignisse ernsthaft überraschten. Mit seinem Einsatz als übertölpeltes Mordinstrument in den Händen einer bislang noch nicht genauer eingrenzbaren Macht schien sein Rollentausch zum Inseldeppen abgeschlossen. Doch mit dieser Folge erhalten wir nochmals eine tiefergreifende Analyse des degradierten und erniedrigten, ehemaligen Chefstrippenziehers und seinem möglichen Lebensweg in dem alternativen Zeitstrahl. Was mir hierbei nochmals auffiel, ist, dass es sich bei ihm um einen der herausragendsten Schauspieler, der der an sich schon exzellenten Schauspielerriege des Lostensembles handelt. Spannende Gespräche im schummrigen Licht einer abbrennenden Zündschnur mit Dynamit dran. Nicht anders ist die Lebensentscheidung zwischendurch bei Lost denkbar. Doch abseits des zentralen Themas gelangen mit einigen diskret untergeschobenen Informationen die eigentlichen Paukenschläge. Einerseits wird die Unsterblichkeit von Richard Alpert ohne mit der Wimper zu zucken aufgeklärt, andererseits rückt Richard mal wieder mit einem der losttypischen Ratschläge schlechthin raus, und zwar: „Glaubt ihm kein Wort!“ Dass Richard dies bezüglich jeglichen Kommentars von Jacob meinte, ließ mich dann doch ein wenig vom Sofa rutschen. Das war schon starker Tobak. Da ließ es einen fast unberührt, dass zum Schluss das U-Boot mit Widmore auftauchte, bzw. vorsichtig um sich lugte. War ja dann doch irgendwie klar, dass dieser zum großen Klassentreffen nicht fehlen durfte.
An dieser Stelle sei aber auch mal ein wenig Mitleid erbeten für alle, denen nur das unsägliche deutsche Fernsehen zur Verfügung steht: erst von Pro7 in die hinteren Regionen meiner Fernbedienung verschoben & dann, nach dem die 5. Staffel in Doppelfolgen durchgepeitscht wurde, wurden wir gestern nach 3 Folgen hintereinander mit dem lapidaren "im Herbst geht es weiter" in eine dunkle & kalte Nacht verabschiedet – Kabel 1, schäm' dich!