Wie so viele gute Büchern zuvor entdeckte ich auch Anthony Bourdain bei einer ziellosen Stöberei in einer Bahnhofsbuchandlung. Es waren die niedergeschriebenen Erlebnisse eines um die Welt reisenden Küchenchefs, welches mir damals in die Hand fiel und ich begeistert im Zug verschlang. Mittlerweile gehört Bourdain zu einem meinem festen Repertoire und ich habe ihn insbesondere als begnadeten Weltreisenden in seiner Fernsehdoku „No Reservations“ fest in mein Herz geschlossen. Doch nun war es an der Zeit die Glotze mal kurz abzuschalten und sich einem der Bücher zu zuwenden, welche zu bedeutendem Teil seinen Berühmtheit auslöste.Mit „Geständnisse eines Küchenchefs: Was Sie über Restaurants nie wissen wollten“ legte Bourdain in der Tat ein außergewöhnliches Buch vor. Es handelt sich dabei einerseits um eine schonungslose Abrechnung mit der aufreizend elitären Welt der Spitzenklassengastronomie sowie andererseits um eine völlig enthemmte Prahlorgie wie man in eben diesem Business entgegen allen Widerständen es zu etwas gebracht hat. Es ist diese Mischung, weshalb Ergüsse nicht jedem restlos zusagen werden. Bourdains Still ist geprägt von einer Art die man am besten als großkotziges Understatement bezeichnen könnte. In dem Sinne: Natürlich bin ich unbegabt und ein fauler Junky, aber he, trotzdem rocke ich mich durch die Oberklasseküchen der Welt und hab ein beneidenswertes Leben. Du willst das auch?! Dann „führe, folge oder mach den Weg frei!“ Das kann einem bisweilen schon ein wenig auf den Geist gehen. Doch neben all dem Getöne und Gerassel kommt man beim Lesen dennoch zu seinem Genuss. Man erfährt einiges über den aufreibenden Beruf eines Chefkochs (und jeder anderen Beschäftigung in einer professionellen Küche!), zahlreiche kulinarische Tricks und Kniffe sowie etliche, weitere brauchbare Lebenstipps. Am besten ist Bourdain aber wenn er, politisch unkorrekt und wie ihm der Schnabel gewachsen ist, Standpunkte ausschenkt. Viels ist hier streitwürdig oder gar bedenklich. Doch in der Frage Fleischgenuss sind wir einfach auf einer Welle (vielleicht ist ja auch die Grundlage meiner Zuneigung zu ihm). Ich zitiere der Einfachheit halber mal: „Vegetarier und ihre hisbollahgleiche Splittergruppe, die Veganer sind ein Quell ständiger Irritation für jeden Chefkoch, der einen Schuss Pulver wert ist. Ein Leben ohne Kalbsfond, Schweinefett, Wurst, Innereien, demi-glace oder stinkenden Käse ist für mich nicht lebenswert. Vegetarier sind die Feinde alles Gutem und Anständigen im menschlichen Geist, ein Affront allem gegenüber, was mir teuer ist, dem puren Genuss von Essen. Diese Hohlköpfe stellen sich den Körper als einen Tempel vor, der nicht durch tierische Fette verunreinigt werden sollte (…) der menschliche Körper ist aber kein Tempel, sondern ein Vergnügungspark.“
Also mal abgesehen, dass mir Fleischverächter eher leid tun als dass ich es für nötig erachten würde, sie anzugreifen – besser hätte ich es auch nicht sagen können.Fazit: Für alle, die mit Kochen, Drogen und Rock’n Roll was anfangen können, dabei keine Berührungsängste vor einer, teilweise derben Sprache und reichlich Pauschalurteilen haben, ein empfehlenswertes, ja nachgerade unverzichtbarer Lesespaß.
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