Der nicht unbedingt verlockende, eher reißerisch anmutende Titel “Biokrieg” sollte einen nicht abschrecken. Das Erstlingswerk von Paolo Bacigalupi ist ein überaus packender und gehaltvoller Roman, der das Genre dystopischer SciFi-Literatur gehörig antreibt. Ich weiß nicht mehr genau woher die Lektüreempfehlung für dieses Buch herkam, aber angesichts dieses Erlebnisses soll es mir egal sein. Das Szenario, welches hier skizziert wird ist so detailliert wie realitätsnah dargestellt, folgendes: In einer ungefähr hundert Jahre von unserer Zeit entfernten Zukunft beherrschen einige wenige gigantische Lebensmittelkonzerne die globale Marktwirtschaft. Doch auch diese mussten sich anpassen an verschiedene expansionshemmende Faktoren. Klimawandel und Rohstoffknappheit verwandelten den Alltag und die reale Existenz auf dem Planeten. Profitgier und Monopolisierung haben speziell mittels der Möglichkeiten der Genetik in eine nahezu alternativlose Sackgasse geführt. Künstlich generierte und unkontrolliert vor sich hin mutierende Krankheiten, Bioterrorismus und Hungersnöte gehören zum Alltag. Und obwohl dies alles eine eher traurige Zukunftsperspektive ist, so versteht es Bacigalupi hier gleichermaßen die menschlichen Erfindungskraft sowie sein schier unerschöpfliche Improvisationstalent zu verherrlichen. Speziell hinsichtlich des Ressourcenmangels blüht die Phantasie des Autors zu erstaunlichen und reizvollen Blüten: Energieversorgung mittels muskelbetriebenen Spannfeder-Systemen, die von Menschen oder Tieren aufgeladen werden, Schüttel-Taschenlampen, Radios und Computer mit Kurbelbetrieb, stadtweite Methan-Straßenbeleuchtung. Da nimmt es kaum noch Wunder, dass Transport und Handel über Segelschiffe und Zeppeline organisiert wird. Der Handlungsspielraum des Romans ist dabei Thailand. In dieser Fiktion gehört das kleine Königreich zu eine der wenigen Nationen, in denen die Lage noch nicht allzu dramatisch ist. Thailand hat es durch vollkommene Isolation geschafft, sich gegen die enormen Flüchtlingswellen und Krankheitserreger weitgehend zu schützen. Dies lockt nun wiederum Gentechnikkonzerne an, die hier nach wertvollen unberührtem Genmaterial suchen und dies um jeden Preis zu ergattern suchen. Im weitesten Sinne ist dies auch das Spannungsfeld, welches in “Biokrieg” umrissen wird. Doch steckt in dem Buch weit mehr als ein gepflegter Standardthriller der uns mit düsteren Zukunftsvisionen kitzeln möchte. Neben einem, meines Erachtens, angemessenen Einblick in die speziellen Eigenarten der thailändischen Kultur erhalten wir eine detailverliebte Schilderung einer Realität wie sie nicht so fern zu sein scheint, so wir unseren gegenwärtige Weg unbeirrt weiterverfolgen. Zudem ist das Buch gespickt mit interessanten Charakteren, ohne einen Helden oder Sympathieträger aufzubauen. Es bleibt insgesamt eine beeindruckende Komposition an Dramatik, Detailtreue und kompetenter Analyse der Konsequenzen unseres gegenwärtigen Handelns, welches ich schlicht und einfach empfehlen kann. LESEN!