Zweifellos wäre ich auf dieses Buch nicht ohne weiteres gekommen. Da brauchte es schon die lang geplante und heiß ersehnte Gruppenreise, die auf ihrer Tour durch mehr oder weniger absurde Weltenecken, nach Belarus, Belgien und Belgrad nun endlich in Belfast Station machte. So stand ich in der Pflicht mich auf dies verlockende Reiseziel gebührend vorzubereiten. Nach eingehendem Wikipedisieren versuchte ich zunächst über ein ganz treffliches Sachbuch (IRA: Langer Weg zum Frieden) Zugang zu Materie zu erhalten. Nachdem dieses Buch unzählige Fragen und Diskussionen aufwarf stürzte ich mich zweifelhafter Hoffnung auf einen belletristischen Versuch, die mäandernden Probleme des Nordirlandkonflikts besser zu verstehen. Was soll ich sagen? Ich genoss dieses Buch wie lange keins mehr. Mag sein, dass es immer mehr Spaß macht durch eine fremde Stadt zu wandeln und synchron ein Buch über diese zu lesen. Doch abgesehen davon war es einfach auch ein frisch und unaufgeregter Roman über ein schwer zu fassendes Thema. Dem Autor gelingt es mühelos die Perspektive von Menschen, die in einer von Terror und Intoleranz verhärteten Realität aufwachsen, wiederzuspiegeln. Mittels schwarzem Humor und lässigen Fatalismus stellt die handelnde Gruppe Spätpubertärer mit leichter Hand die Absurdität und Scheinheiligkeit der ganzen Angelegenheit dar. Dabei gelingt Wilson scheinbar nebenher noch eine der besten Darstellungen sinnentleerter Gewalt, die ich jemals die Ehre hatte zu lesen. Hier kann ich nur noch meine Mütze lüften und anerkennend mit der Zunge schnalzen. Schön in Belfast gewesen zu sein. Noch schöner kann es nur mit diesem Buch sein!
Entdecke mehr von Viva Peripheria
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.