An einem eisigen Novembertag traf sich die Stammformation von „Viva Peripheria“ am Ostkreuz um nach all dem sächsischen Glanz sich den eher zurückhaltenderen Kreisstädten zuzuwenden. Hagenow stand auf dem Programm und die Begeisterung unter den provinzgegerbten Expeditionskumpanen war dementsprechend sichtlich abgeflaut. Diese Kreisstadt, welche ruf- und namenlos irgendwo in Mecklenburg vor sich hin vegetierte, kam nur in den Genuss unserer Inspektion durch den Einwurf einer, im Schnellverfahren zu Kreisstadtgleichstellungsbeauftragten ernannten Mitreisenden, welche völlig zu Recht anmerkte, dass es bei einer solchen Kreisstadttour nicht nur um Wunschkandidaten gehen könne, sondern auch unbekannte bis unbeliebte Städte erkundet gehören. Und so landeten wir in Hagenow.
Nach geringfügiger Verspätung und einem bedeutungslosen Umstieg in Ludwigslust purzelten wir dann zur besten Mittagszeit auf den schreiend stillen Bahnsteig von Hagenow-Stadt. Ohne mit dem Vorurteil zu zucken, schlenderten wir in die übersichtliche Altstadt und begutachteten weitgehend ungestört die vereinzelten Sehenswürdigkeiten. Meine Mitreisenden verstanden es mal wieder, selbst dem ödesten und reizlosesten Siedlungsversuch etwas abzugewinnen und schwärmten vollmundig von „diesem doch ganz netten Ausblick am Teich“ und „diesen wundervollen Fachwerkhäusern“, ja, es kulminierte gar in einer abschließenden Beurteilung, dass sie „es sich so nett gar nicht vorgestellt hätten“. Was muss man diesen Menschen bieten, damit es endlich zu einem respektablen Städteverriss reicht? Aber gut – lang lebe die Peripherie!
Nachdem alles relevante in einer guten Viertelstunde besichtigt war, und unser üblicher Reflex, nun zur gastronomischen Begutachtung überzugehen, dank aktueller Verwerfungen ein wenig behindert wurde, schritten wir harmonisch Richtung Stadtrand und waren nach wenigen Minuten im Wald. Ein kleiner Spaziergang durch auserlesenen Mischwald und karge Felder später kamen wir genau richtig, um unseren Wunschzug für die Heimreise zu entern.
Abschließend sei gesagt, dass Hagenow trotz all der freundlichen Worte sich erwartungsgemäß auf Platz 4 von bislang vier besichtigten Kreisstädten eingereiht hat, aber es bleibt abzuwarten ob dieser letzte Platz bis zum Ende der Expedition „Kreisstädte einkreisen“ verteidigt werden kann. Bis zum nächsten Mal jedoch höchstwahrscheinlich schon, denn dann geht es erneut in den hohen Norden. In die Nosferatu-Stadt, nach Wismar.
Pingback: Kreisstädte einkreisen – Salzwedel (XII) – Viva Peripheria