Nun also Meißen. Vor der Anreise hatten hier die Vorschusslorbeeren schon gewaltig geraschelt und die „Aahs“ und „Oohs“, gepaart mit träumerisch verdrehten Augen, säuselten reichlich durch die Runde. Nach solch einer imposanten Erscheinung wie Görlitz nun ein Kaliber wie Meißen, welche von manchem in der Expeditionsgruppe vorab schon in den Rang der „romantischsten Kreisstadt überhaupt“ erhoben wurde – die Schwergewichte des Kreisstadtglamours werden ganz offensichtlich schon zu Beginn der neuen Staffel verpulvert. Jegliche Restzweifel ob der Kandidat den massiven Erwartungen gerecht werden würde, zerstoben schon kurz nach dem Ausstieg. Nach langer Fahrt durch die reizlosen Niederungen Brandenburgs, hob sich bei besten „König-August-Wetter“ der Vorhang und auf der Bühne präsentierte sich in ihrer besten Aufmachung das sächsische Kleinod – die Porzellan- und Weinstadt Meißen.
Dieser überwältigende Eindruck musste zunächst, dramaturgisch geschickt, durch die wohl unbedeutendste und rangniedrigste Sehenswürdigkeit der Stadt, den sogenannten Buchstabenstein, runtergedimmt werden. Obwohl nur aus den Buchstaben A, B, C und E bestehend kann man auf diesem, natürlich in beruhigenden Sandstein gehauenen Monogrammstein „mit einiger Phantasie“ sämtliche Buchstaben des Alphabets entdecken kann. Die Reisegruppe zeigte hiervon nicht sonderlich begeistert und strömte kurz darauf zielsicher in ein Café um sich mit Blick auf die alsbald zu besichtigenden Schönheiten gebührend zu stärken. Wir schlenderten hiernach über die „älteste Burg Deutschlands“ (Albrechtsburg) hinunter in die Altstadt und genossen den betörenden Blick auf die Silhouette der Gesamtkomposition der Stadt von der anderen Elbseite. Man versuche sich vorzustellen, welchen Eindruck dieses Bild machen würde, umrandeten nicht etliche Blechkarossen dieses Bild. Schade, genauso schade wie diese unverständliche Sache, dass man es Autos gestattet, selbst in den engsten Gassen der Meißner Altstadt herumzukurven.
Nachdem wir uns dann im Loch kulinarisch bestens versorgt hatten, ließen wir den Rest der uns hier verbleibenden Zeit entspannt am Elbestrand an uns vorbeifließen. Ein gelungener Ausflug und eine einzigartige Kreisstadt – wer wird in der Zukunft antreten um dies zu überbieten?! Hagenow, welches für die nächste Expedition ein möglicher Kandidat ist, höchstwahrscheinlich nicht. Aber wir wollen unvoreingenommen bleiben und weiterreisen. Die Latte ist zwar sehr hoch gelegt, aber wer weiß was uns da draußen noch erwarten mag.
Die meisten der übereilten und in etlichen Fällen übertriebenen Namensumbenennungen von Straßen, Brücken, Plätzen und Theaterhäusern endeten tatsächlich in sehr langweiligen Namen. Fast so, wie wenn sich 1990 das neue System noch nicht sicher war, ob es lange halten würde, und sich deshalb gar keine rechte Mühe gab.