Es war ein arg gespaltenes Jahr. Hart getrennt durch die beiden wesensfremden Wirklichkeiten freiheitsduftender Rumtreiberei zum einen und den Umständen geschuldeter Sesshaftigkeit zum anderen. Doch Podcasts waren in beiden Welten stets dabei. Ob radelnd auf der hart umbrausten türkischen Schnellstraße oder Bäume taxierend im preußischen Stadtbegleitgrün. Natürlich wandelte oder verfeinerten sich auch dieses Jahr meine Hörgewohnheiten ein wenig. Den wenigen verbliebenen selbstreferentiellen Laberpodcasts hörte ich geduldig zu wie sie sich in überstürzten Dramasequenzen darüber austauschten, wie hart das Leben war ohne all die Selbstverständlichkeiten der Zivilisation, während ich durch leergefegte Dörfer fuhr und einen möglichst blickgeschützten Platz für das Zelt suchte. Und überhaupt hatte ich in dieser Zeit das Gefühl, dass es anscheinend kein anderes Thema außer Corona und Verschwörungserzählungen gab. Ich wendete mich für einige Wochen gelangweilt ab und versuchte es mit Hörbüchern. Doch schon bald legte sich die Aufregung und nach einigen Aussortierungen und Neuentdeckungen gehörten Podcasts recht bald wieder zum alltäglichen Begleiter.
Aussortierungen, bzw. Podcasts unter Beobachtung sind bspw. das neue Pritlove-Format UKW. Die aktuelle Festlegung auf das Thema Corona brauche ich nicht, dafür gibt es einerseits die bewährte Drosten-Show vom NDR und andererseits, wie gesagt, fast jeden anderen Podcast. Dennoch warte ich hier ab und bin bereit bei einem Thema, welches mich mehr tangiert, wieder einzusteigen. Neuentdeckungen gibt es dagegen wieder einige. Da wäre „Kunst trifft digital“, den ich eigentlich nur wegen dem entzückenden Sebastian Krumbiegel höre. Die Gäste haben mich bis jetzt noch nicht so vom Hocker gehauen, nichtsdestotrotz handelt es sich hier bisweilen um interessante und erhellende Gespräche. Neu dabei ist auch, quasi aus beruflichen Gründen, der Podcast „Peter und der Wald“. Meine beiden funkelndsten Perlen sind jedoch „eat.read.SLEEP“ und „bugtales.fm“. Während ersterer meisterhaft und elegant in meine Kernbedürfnisse reingrätscht, schafft es „bugtales.fm“ mit genau der richtigen Dosis an Witz und Wissenswerten über die Natur mein Herz zu erobern.
Die Grundlage dieser Revue, der bereits hochgelobte Statistikteil von „Podcast Addict“, führte dieses Jahr die statistische Analyse des laufenden Jahrs ein so das ich nun auch in der Lage bin, nicht nur die Gesamtentwicklung sondern auch die Jahrestendenz anzubieten. Den nachfolgenden Bildern ist jedoch zu entnehmen, dass sich das auf die Top 10 nicht sonderlich auswirkt. Doch es bleibt abzuwarten ob sich das in den nächsten Jahren ändert. Die größte Veränderung dürfte definitiv der Sturz des ewigen Champions sein. Die „Freakshow“, welches diesen Spitzenplatz sowieso zumeist eher durch ihre ausufernde Länge als ihrer Qualität erreichte, erschien dieses Jahr deutlich seltener und purzelte demzufolge vom Olymp meiner Hörergunst. Neu auf dem Siegertreppchen ist das Podcast-Label „Viertausendhertz“. Gewissermaßen erneut mit einem Trick, denn unter diesem Titel sind mehrere Podcasts vereinigt, welche sich nun gemeinsam diesen Titel teilen dürfen. Dennoch auch hierfür einen großen Tusch. Schon bei der letzten Revue lobte ich einige der Formate aus diesem Haus und wie man an dem ranking sieht, scheinen sie mich auch dieses Jahr nicht kalt gelassen zu haben. Speziell der „Reflektor“ vermochte es, mich, der Musik nun wirklich nicht zu seinen essentiellen Leidenschaften zählt, immer wieder zu begeistern. Auch hier erkennt man meines Erachtens, dass gute Vorbereitung und ehrliches Interesse für das das A und O sind.
Respektabel fällt auf jeden Fall auch die Gesamthördauer ins Auge. Mehr als doppelt soviel Zeit gönnte ich den Damen und Herren am Mikrofon. Das ist wirklich eine anständige Leistung auf beiden Seiten.
Letztendlich kann neben den zuvor gelobten Neuentdeckungen nur erneut auf Bewährtes verwiesen werden. Auch in diesem Jahr waren die Veteranen Zeitsprung und Ballaballa-Balkan wieder zuverlässige Garanten für allerbestes Hörvergnügen.
Ansonsten gibt es kaum neue Bemerkungen zu Veränderungen und Verwerfungen in der Podcasterei. Die üblichen schleimigen Wellen des Kommerzes brandeten über die unüberschaubaren Strände der Podküste. Zwar spürte man in diesem Jahr vielleicht deutlicher denn je wie die üblichen Verdächtigen und noch ein paar Hanswurste mehr versuchten hier Fuß zu fassen um sich diesen späterhin zu vergolden. Aber ich bleibe hiervon weiterhin unbeeindruckt und empfehle diesbezüglich meine zwei eisernen Regeln: Höre nur Podcasts die einen Feed haben und solche, die sich für mehr als sich selbst interessieren.
Eine Frage hätte ich zum Schluss aber doch noch. Schon immer wollte ich sie hier stellen, doch stets vergaß ich es. Warum verzichten so viele Podcastschaffende auf ein Outro? Ein solcher Abbinder vermittelt einem Schlusspunkt gleich, dass es nun vorbei ist und man sanft zurück in die Realität befördert wurde. Ich zumindest fände, dass so etwas zur Ausstattung von jedem Podcast gehören sollte.
Pingback: Die große Podcast-Revue 2021 – Viva Peripheria