Mordecai Richler ist wohl am ehesten das, was man gemeinhin einen Geheimtipp nennen könnte (und wird es angesichts der Besucherzahlen dieses Blogs wohl bis auf weiteres auch bleiben!). Nicht allein weil mir der „Philip Roth Kanadas“ (Berliner Zeitung) lange kein Begriff war. Doch irgendwann wies mich eine befreundete Bücherratte, die sich im übrigen hinsichtlich bücherregaliger Wandgestaltung mit mir durchaus messen kann, auf Mordecai Richler hin. Ich begann mit seinem letzten Roman (Wie Barney es sieht) und war von Thema wie Schreibe äußerst angetan. So griff ich unbesorgt und voller Lust (vor allem nach der Qual meines letzten Buches) zu einem weiteren Werk von ihm. Die Lehrjahre des Duddy Kravitz (1959)ist der vierte Roman von Richler und gleichsam sein Durchbruch als Schriftsteller.
Wie in vielen anderen seiner Bücher setzt sich Richler auch hier mit dem Leben der jüdischen Gemeinschaft in und um Montreal in den 40ern und 50ern auseinander. Der rote Faden dieses Romans ist jedoch der Traum des jungen Duddy Kravitz: ein Stück Land zu erwerben. Sein Großvater Simcha gab ihm mit auf den Weg, dass ein Mann ohne eigenes Land ein Niemand ist und als Niemand will Duddy nicht enden. Und so beschreibt Richler mit Humor und Hingabe von den Erlebnissen eines ehrgeizigen jungen Judens, der um jeden Preis seinen Traum verwirklichen will. Der Roman war von seiner Erscheinung an sehr umstritten, kratzt die Darstellung des Duddy Kravitz‘, jenes geschäftstüchtigen Juden, der überall Geld wittert, zu stark an dem politisch korrekten Selbstverständnis des gegenwärtigen Judentums. Wegen seiner Darstellung jüdischer Lebensweise und jüdischer Traditionen musste Richler sich sogar oft den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen. Richler, selbst Jude, antwortete auf solche Kritik meistens mit dem saloppen Hinweis: „Sie schämen sich für Dinge, die ich verherrliche.“ Und genau das macht den Reiz von Richlers Romanen aus: Er packt den Stoff nicht mit jener selbstverordneten Vorsicht an, die für die heutige Zeit typisch ist, sondern skizziert unverfälscht positives wie negatives und sucht dabei stets nach satirisch Ausschlachtbarem.
Fazit: Obwohl dies für mich erst der zweite Roman von Richler war, wage ich mich mal weit heraus aus dem Fenster, und verkünde, dass ein Griff zu jedem seiner Romane Genuss bereiten sollte.