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Im Gegensatz zu den üblichen Reiseberichten musste ich im Falle Marokkos das gewohnte Prinzip aus Rapport und Empfehlungen ein wenig aufbrechen. Schon vor einigen Wochen veröffentlichte ich eine Art Polemik zu meinem Grundgefühl Marokko. Nahtlos anschließen wird sich an diesen nun der folgende Ratgeberteil. Prall gefüllt mit reichlich Tipps und Tricks, die, wie ich hoffe, euren Aufenthalt hier zu einem vollen Erfolg werden lassen.
Die Reiseroute (grob zusammengefasst)
Nach der halbwegs erfolgreichen Assimilation in Tanger setzen wir uns kurzentschlossen aufs Rad und fuhren südwärts mit dem ersten Etappenziel Fès. Zwischendurch besuchen wir Volubilis und verließen kurz darauf nach 560 Tagen (!) das Römische Reich. In Fès angekommen, brauchen wir erstmal vier Nächte um uns von dem Erlebten zu erholen. Wie haben eindeutig genug von den großen Städten und setzen uns in den Bus um nach Azrou im „Parc National d’Ifrane“ zu fahren. Hier erleben wir zwischen Affen und unter Zedern einen der schönsten Tage dieser Reise. Dann ging es erneut in den Bus und nach einem gewaltigen Sprung fanden wir uns in Alnif, am Rande der Wüste wieder. Hier fühlten wir uns sichtlich wohl. Es ging durch menschenleere Kulissen nach M’hamid zum „Festival international des Nomades“, über Zagora durchs Drâatal nach Agdz. Hier entschieden wir uns gegen die Großstadt Marrakesch, bogen links ins Nirgendwo ab und fuhren durch ausgestorbenes Bergland Richtung Agadir. Bei eisigen Gegenwinden und strömenden Regen überboten wir hier unseren, seit 11.10.2022 bestehenden Höhenrekord vom Campo Imperatore – alt:1627m – neu: 1847m. Daraufhin rollten wir mehr oder weniger ungestört hinunter in das ungewohnt modern daherkommende Agadir.
Hier unterbrachen wir unsere Reise aus familiären Gründen recht abrupt um nach drei Wochen die Reise wieder aufzunehmen.
Nach diesem Realitätsabgleich mit der vor langer Zeit zurückgelassenen Ex-Normalität fuhren wir die herrlich leere und wunderschön anzusehende Küste südlich von Agadir hinunter bis es nicht mehr weiterging. In Sidi Ifni bogen wir ab, fuhren noch bis Guelmim und sprangen hier kurzentschlossen in den Bus. Jetzt waren wir bereit für die große Stadt, bereit für Marrakesch! Und ja, es war ein fantastisches Erlebnis. Dann ging es weiter mit dem Bus nach Chefchaouen und von hier aus radelten wir in genüsslichen Etappen über Tétouan und weiter an der Mittelmeerküste entlang und leiteten ganz langsam die Abschiedssequenzen ein. Schließlich endeten unsere 58 Tage in Marokko an einem sonnigen Nachmittag im Mai als wir mit einem weinenden Auge einen letzten Blick zurück auf die afrikanische Küste warfen. Dann brachte uns unser Traumboot von Tanger bis ins, in jeder Hinsicht ferne Sète nach Frankreich.
Praktische Tipps
- Preisverhandlungen immer vor der jeweiligen Dienstleistungen erledigen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit und elementarer Reflex des Reisenden. Kennt er doch lokale Preise oder sonstige Verschiebungen im Kosten-Nutzen-Kontinuum nicht. Doch ich warne eindringlich, ja, es mag oft kleinlich wirken, doch es erspart nicht nur unnötige Ausgaben sondern auch unnötige Erlebnisse. Diese Warnung schließt ebenso den diffusen Sektor der nicht erwünschten Dienstleistungen ein. Der nette junge Mann, den man in der Medina nach dem Weg gefragt hat, zeigt einem nicht aus purer Gastfreundschaft die komplette Altstadt. Hier heißt es schnell auf die Bremse treten („Je ne veux pas“ als geduldig-freundliches Mantra vorgetragen wirkt Wunder!) oder natürlich umgehend einen Preis aushandeln.
- Apropos Preisverhandlungen: Bei Sehenswürdigkeiten muss oft mit einem bis zu sechsfach höheren Preis für Nicht-Marokkaner gerechnet werden. Das ist bitter, aber wenigstens eine klare Ansage. Hier kann jeder frei entscheiden ob man diesen Aufpreis und die damit verbundene Wertschätzung schluckt oder verzichtet.
- Straßenverkehr: Es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben wie die gleichen Menschen, welche eben noch in der Teestube ein Ausbund an Gelassenheit, ja Trägheit waren, wenige Momente später, sobald sie ein Steuer zwischen den Händen halten, zu hektischen, erbittert um jeden Zentimeter zankenden Rennfahrern werden. Es ist dieser Tanz zwischen Bedächtigkeit und Wahnsinn, ergänzt durch die exzessive Suche nach Nähe, die das marokkanischen Straßenverkehrserlebnis anfangs sehr gewöhnungsbedürftig erscheinen lässt. Und auch hier gilt: Man kann sich daran gewöhnen, aber mögen wird man es nie.
- Angekommen im neuen Land jenseits des Sorglosigkeitsschirms der EU stürzt man sich zu Beginn stets in die Dualität der Notwendigkeit: Bargeld un SIM-Karte. Daher hier die erleichternde Information angesichts der Flut an schillernden, unbekannten Bankomaten: Für gebührenfreies Abheben (mit Visa, DKB) sucht Filialen der Poste Maroc und Bank Al Beirid (meistens hängen die zusammen)
- Es gibt drei Provider in Marokko (einen aktuellen Überblick erhält man wie gewohnt bei prepaid-data-sim-card). Wir entschieden uns für Maroc Télécom. Die SIM-Karte erhält man nach kurzem Datenaustausch und einer überschaubaren Gebühr von ca. €10 bei einer der zahlreichen Filialen. Aufladen gelingt mittels überall erhältlicher Streifen, deren Code man mittels SMS an den Provider sendet. (Kurzwahl *3 für Internet, also: Code*3 an die Telefonnummer 555 senden; alle anderen Kurzwahlen hier.) Zwei Dinge zur Beachtung: Es gibt keinerlei App oder sonstige Möglichkeit den Internetverbrauch abzufragen, bordinterne Mittel oder externe Apps sollten daher aussagekräftig genug sein. Außerdem, deckt euch mit Streifen für 50DH oder höher in größeren Städten ein, auf dem Land wird es schon knifflig genug Codes für 20DH zu finden.
- Ich empfand den Ramadan in Marokko nicht ganz so nervig wie in Tunesien. Vielleicht lag es daran, dass man nach der ersten Erfahrung besser gewappnet war um diesen Quatsch zu ertragen. Möglicherweise lag es aber auch an den Zufällen der Reise, und diese brachte uns im Gegensatz zu Tunesien zu etlichen Menschen, die uns daran erinnerten, ja nahezu aufforderten, zu trinken und zu essen. Dies führte zu einer deutlich entspannteren Zeit des dogmatischen Jojo-Fastens in meiner Erinnerung als ein Jahr zuvor in Tunesien
- Als gute Plätze für Pausen können Tankstellen empfohlen werden. Einerseits sind sie meist von den Städten etwas separiert und so entkommt man elegant der üblichen Belagerung von Blicken und Kindern wenn man in einem Café in einer Siedlung pausiert. Außerdem haben sie meist ein ganz passables Imbissangebot und respektable Sanitäranlagen. Bisweilen bieten sie sich sogar als gar nicht so üble Übernachtungsplätze an. (Nachts gibt es in Marokko nur auf den ganz großen Straßen noch Verkehr!)
Empfehlenswerte Orte
- Tanger – hier begann Ende Februar unsere Tour de Maroc und es war ein warmer und angenehmer Empfang. Die Medina ist halbwegs überschaubar und hat etliche bemerkenswerte Perspektiven zu bieten. Jeder Reisende, der etwas auf sich hält, sollte hier kurz am Grab von Ibn Battūta innehalten und ein paar Momente an diesen Vater aller Reisenden denken. Und sich im Anschluss vielleicht sogar das empfehlenswerte Buch von Erich Follath zu Gemüte führen.
- Assilah – war auf unserer Route die erste Stadt nach Tanger. Hochgejubelt vom Reiseführer betraten wir die strahlend weiße Medina, welche unentwegt von der Gischt sauber geleckt zu werden scheint, mit entsprechend hohen Erwartungen. Und sie wurden mehr als erfüllt. Solch eine kleine, feine Altstadt sollten wir danach nicht mehr entdecken dürfen, während wir Spinner natürlich dachten, es würde genauso weitergehen…
- Und dann kam Fès – eine der vier Königstädte, weltweit flächengrößtes, von Menschen besiedeltes Gebiet in dem keine Autos fahren dürfen (vielmehr können) und geistiges Zentrum Marrokos. Sowie unsere Nemesis, unser Trauma, ein gewaltiger Schuss vor den Bug an dem wir noch lange litten. Die Hilflosigkeit mit unseren vollgepackten Rädern in dieser vereinnahmenden, gewaltigen Medina; unzählige Menschen, die helfen wollten oder einfach nur sich kurz in den Vordergrund schieben wollten; der nie gänzlich verstandene Irrsinn des Herbergsvaters in dem Riad, welches wir nach langer Odyssee endlich fanden und auf dessen Dach wir die restlichen Tage verbrachten. Wir lernten hieraus, nie wieder in einer Medina zu übernachten und vertieften, was wir schon länger wussten: Große Städte sind nix für uns, aber auf gar keinen Fall große Städte in Marokko.
- Ifrane und Azrou – danach brauchten wir auf jeden Fall etwas Abstand und ein wenig Urlaub auf dem Land. Nicht hätte hierfür passender sein können als die hochgelegenen Wintersportdomänen unweit von Fès. Unsere Wanderung durch die dichten Zedernwälder und den Kontakt mit den hier frei herumhängenden Berberaffen gehört unzweifelhaft zu den schönsten Tagen dieser Reise.
- Zagora und M’hamid – nach diesem wohltuenden Kuraufenthalt stiegen wir in den Bus (während des Ramadans übrigens ungemein angenehm, da alle Busse ausnehmend leer sind) und sprangen kurzerhand über den Atlas. Wenige Stunden später purzelten wir in eine komplett andere Welt: saftige Wiesen hatten sich in Staub verwandelt, die Häuser duckten sich furchtsam unter unseren Blicken und die Vorstellung von Bäumen glich einem bizarren Wunschtraum – wir waren am Rand der Sahara, im Antiatlas angekommen. M’hamid war unser Ziel weil wir durch Zufall erfahren hatten, dass hier gerade das „Festival International des Nomades“ stattfand, doch obwohl wir heftig in die Pedalen traten, kamen wir einen Tag zu spät, verpassten das Kamelrennen und konnten nur noch einer absurden Freizeitbeschäftigung namens Sandhockey zuschauen. Ansonsten werde ich M’hamid als einen Ort am Ende der belebten Welt in Erinnerung behalten. Staubig, dunkel, still lauerte die Wüste hier hinter jeder Ecke. Zagora dagegen (knapp 80km Richtung Westen) entpuppte sich als nette Kleinstadt mit breiten Straßen, schattigen Cafés und herzlichen, offenen Einwohnern. Eine gute Basis für weitere Expeditionen ins Ödland.
- Agadir hatte das unfassbare Pech im Jahr 1960 durch ein Erdbeben fast komplett zerstört zu werden. Die Schäden müssen derart verheerend gewesen sein, dass man ganze zwei Jahre überlegte, ob man die Stadt überhaupt wieder aufbauen sollte. Dann gab der König grünes Licht und man schuf eine moderne, größtenteils zweistöckige Stadt mit breiten Alleen, ausgedehnten Parks und lässigen Strandpromenaden – eine komplett untypische Stadt für Marokko, ein Gefühl wie in einer beliebigen spanischen Touristenstadt. Wir müssen gestehen, es gefiel uns mehr als wir erwartet hatten. Außerhalb der Saison, ohne Medina, Basar und Gassengewusel, ein herrlich entspannende Auszeit von all dem was Marokko so in petto hält um einen unter Spannung zu versetzen.
- Marrakesch – sinneszerstäubender Kawummmoment. Menschenmassen, Geruchsuniversen, Geschmacksexplosionen und das ganze gut gewürzt mit einer infernalischen Geräuschkulisse und eine grundsoliden Bullenhitze. Also exakt so wie wir es am liebsten haben. Nach unserem Fès-Trauma entschieden wir uns dieses Mal gegen eine Unterkunft in der Medina und nächtigten in einem lauschigen Campingplatz mit Pool am Stadtrand. Weise Entscheidung. Marrakesch selbst gefiel uns dann überraschend gut. Das lag wohl hauptsächlich daran, dass die gesamte Medina ein wenig den Eindruck einer inszenierten, für Touristen choreographierten Kulisse erweckte. Die Straßen waren breiter, übersichtlicher. Alles machte einen orientalischen Eindruck, aber nie zuviel. Im Vergleich zu dem derben Charme von Fès mit all seiner Enge, seinem Schmutz und seinem Chaos ein fröhlicher Vergnügungspark. Oder wir waren einfach nur etwas abgestumpft.
- Und dann kam Chefchoauen. Natürlich prangen Bilder von dieser Stadt auf jeder halbwegs durchdesignten Marokkowerbung, ja es gehört mit Sicherheit zu einer der kostbarsten Juwelen in der Tourismuskrone des Landes, und dennoch, trotz all dieser Warnungen haute es uns um. Eine Stadt wie diese hatten wir noch nie gesehen. Eingeschmiegt in die Felsen, umspült von klaren Wasser und dann alles in diesem beruhigenden Blau. Wenn wir auf irgendetwas in Marokko abfuhren, dann war das so etwas wie entspannte Stimmung und ein Döschen Anonymität. Hier bekamen wir beides reichlich.
- Tétouan – unsere letzte Medina für lange Zeit. Der Reiseführer krittelte wie immer nervös herum: „Die Stadt hat einen schlechten Ruf, vor allem, weil es hier vergleichsweise viele sogenannte faux guides gibt und Haschisch deutlich stärker verbreitet ist als im Süden des Landes.“ Witzig, denn dies war einer der wenigen Orte in Marokko wo die gängige Begrüßungsfloskel nicht „Haschisch?“ lautetete und man auch sonst gemütlich und unangequatscht herumflanieren konnte. Eine richtige Durchschnittsmedina ohne Touri-Schnickschnack oder sonstigen Firlefanz. Der perfekte Abschied.
- Zum Abschluss dann noch Nfdiq. Purer, herrlicher, unaufgeregter Durchschnitt. Kaum Europäer, wie komischerweise an der gesamten Küste östlich von Tanger, die wir bereisten. Bei einem gemächlichen Strandspaziergang kann man die gut gerüstete Festung Europa, Ceuta kaum übersehen und bekommt etwas weniger Lust zurückzukehren.
Empfehlenswerte Übernachtungsplätzchen
Übernachten ist mit Sicherheit nicht die allerleichteste Disziplin beim gelungenen Marokko-Aufenthalt. Speziell nach der Rundum-Sorglos-Stimmung, die einen nach einem knappen Jahr Reise durch die romanischen Länder einlullt. Es gilt mehr Aufmerksamkeit und Konzentration auf den Schlafplatz zu legen. Das „Et-is-noch-immer-jutjejangen“ passt besser auf den alten Kontinent. Außerdem benötigten wir speziell am Anfang eine solide Unterkunft mit Mauer drumrum um uns von der permanenten Beanspruchung während des Radelns zu regenerieren. Das waren Momente, in denen wir zweifelten. Das war so gar nicht unser Stil zu reisen, vielleicht passte das ja doch nicht so mit Marokko und uns? Es sollte schließlich dann doch ganz gut hinhauen. Daher hier ein paar Tipps um den Einstieg leichter zu gestalten.
Letztlich gibt es neben Einladungen (die wir im Gegensatz zu anderen Reisenden hier recht spärlich erhielten) drei Möglichkeiten die Nacht zu verbringen: Wildzelten, Camping und Hotel (bzw. artverwandte Unterkunftsformen der Kategorie „festes Dach über dem Kopf“) Soweit so üblich und nicht groß anders als in Europa. Doch natürlich unterscheiden sich die jeweiligen Übernachtungsdisziplinen ein wenig.
Wildzelten ist an und für sich überhaupt kein Problem. Niemand wird daran Anstoß nehmen und es wird in der Regel eher verhaltenes Mitleid als verqueres Besitzstandsdenken auslösen. Es ist vielmehr der Mangel an in Frage kommenden Plätzen, der häufiges Wildzelten verhindert. Marokko besteht grob zusammengefasst zu weiten Teilen aus lebensfeindlicher Wüste, weiträumig zersiedelten Kulturlandschaften und riesigen städtischen Ballungsräumen – alles nicht die idealen Gebiete um mit Genuss ein Zelt aufzustellen. Wir machten es doch ein paar Mal. Bei den bereits erwähnten Tankstellen ließen wir uns nieder und auch auf Sportplätzen oder anderen blickdichten, randständigen Flächen versuchten wir es erfolgreich.
Doch eigentlich fühlten wir uns hier nie so richtig wohl und so griffen wir wenn irgend möglich auf Campingplätze zurück. Diese waren samt und sonders sauber, günstig und in ihrer pragmatischen Kompaktheit ein absoluter Glücksfall für uns leidenschaftliche Draussenschläfer. Kein Euro-Glamping-Schischi, sondern Dusche, Toilette, Schatten und Ruhe. Die marokkanischen Campingplätze möchte ich alle durch die Bank weg loben, deshalb kann es hier auch keine gesonderte Empfehlung geben. Die Liste wäre einfach zu lang. Einziger Nachteil ist natürlich das Abhängigkeitsverhältnis, welches dadurch entsteht. Wenn man in Europa vielleicht einen Campingplatz für den nächsten Abend im Auge hat, es dann aber aus diversen Gründen nicht klappt, ist das meist kein Weltuntergang. Man findet schon ein Plätzchen zum Schlafen. Hier in Marokko muss es mit diesem Campingplatz klappen sonst wird es kompliziert. Auf diese Weise verliert das Reisen natürlich gewaltig an Spontanität und Leichtigkeit.
Kompensiert werden kann das nur durch die bisweilige Nutzung von festen Unterkünften Diese sind in den meisten Fällen sehr preisgünstig (mittels booking oder im Direktkontakt ungefähr der gleiche Preis von ca.€15 für ein Doppelzimmer der unteren Preiskategorie) und oft in gutem bis mittleren Zustand. Wir sammelten hier reichlich Erfahrungen der guten sowie der eher durchwachsenen Sorte und können auch hier keine expliziten Empfehlungen oder Tricks verraten. Außer einer Sache: Bei der Vorabrecherche zur Unterkunftslage in größeren Städten sollte man es besser vermeiden, preisgünstige Unterkünfte in der Medina auszuwählen. Medinas sind zum hindurchspazieren und eventuell einkaufen gedacht, nicht zum entspannt nächtigen. Aber das kann natürlich auch nur unsere spezielle Sicht als vollgepackte Radfahrer und Großstadtskeptiker sein.
- Camp Bakanou – obzwar ich wenige Zeilen zuvor ankündigte, keinen der marokkanischen Campingplätze hervorheben zu wollen, bei einem muss ich unzweifelhaft eine Ausnahme machen. Knapp 40km südlich von Agadir unweit der Atlantikküste gelegen fanden wir einen dieser ganz speziellen Orte, die Herumtreibern wie uns unfassbar kostbar sind. Solide Leute auf die man sich verlassen kann (wir ließen unsere Räder und das gesamte Gepäck hier als wir uns für drei Wochen nach Deutschland absentierten und ich hatte nicht einen Augenblick Sorgen um unser Zeug!), eine sinnvoll aufgebaute Anlage ohne Schnickschnack, die einem fast das Gefühl vermittelte bei Freunden im Vorgarten zu zelten. Ach, und interessante, aber zurückhaltende Leute. Ich werde diesem Platz und seinen Menschen ein Leben lang an einen warmen Platz an meinem Herzen herumtragen.
Empfehlenswerte Köstlichkeiten
Die verführerische Welt der kulinarischen Spezialitäten wurde uns schon lange bevor wir marokkanischen Boden betraten, von vielen Seiten in allen Farben und Tönen schmackhaft gemacht. Voller Neugier und Heißhunger schnüffelten wir uns dementsprechend auch von Beginn an durch die Küchen unseres neuen Gastgeberlands. In der Tat wirkte die Vielfalt der Produkte deutlich interessanter und verlockender als in Tunesien. Im gastronomischen Sinne hatten wir aber entweder einfach kein Glück oder keinen Geschmack. Es war nie schlecht, aber auch nichts Besonderes und vor allem so gut wie nie gewürzt. Ich würde diese Einschätzung aber mit Vorsicht genießen, da wir nicht die großen Auswärtsesser sind und daher nicht mit dem reichhaltigen Erfahrungsschatz manches Reisebloggers mithalten können. Zwei Besonderheiten habe ich aber dennoch beizutragen:
- Avocadoshake – eine gelungene Abwechslung im faden Einerlei von Wasser, Tee und Zuckergedöns. Nicht unbedingt die herausragende Erfrischung nach ein paar Dutzend Wüstenkilometern, aber als Frühstücksgetränk oder abendlicher Entspannungscocktail eine geniale Idee.
- Brot – ja, tatsächlich Brot. Man könnte glauben, dass so etwas Grundlegendes wie Brot keiner gesonderten Erwähnung bedarf, aber Marokko überraschte mich diesbezüglich enorm. Das Brot des mediterranen Raums zeichnet sich zumeist dadurch aus, dass es stark auf Weizen fixiert ist und ausschließlich frisch genossen werden kann. Im Falle der marokkanischen Varianten fällt zuerst die unglaubliche Variationsvielfalt auf. Zudem enthalten die meisten Brote einen gewissen Anteil von Grieß, der nicht nur geschmacklich den Unterschied machen kann, sondern offensichtlich auch zur längeren Haltbarkeit beiträgt. Manche der Brote konnte man tatsächlich noch drei Tage später genießen. Und ja, wenn ich mich kulinarisch zurückbesinne, das marokkanische Brot vermisse ich am meisten.
Extratipp für exzellenten Fahrradschrauber
Natürlich gehören derlei Empfehlungen in meine eigens gegründete und stets aktualisierte „Hall of Fame“, aber aufgrund außergewöhnlicher Hervorragendheit und um das Phänomen der spektakulären Aufs und Abs dieses Landes noch stärker hervorzuheben, möchte ich auf Premobike in Fès hinweisen. Dieser still und konzentriert arbeitende junge Mann ist eine wahre Zierde seines Berufsstandes. Ohne viel Aufhebens nahm er sich fast einen ganzen Tag Zeit um unsere beiden Räder in Neukaufzustand zu versetzen. Ich behaupte jetzt einfach mal ganz platt, dass es sich hier um den einzigen Mechaniker im Umkreis von 1000km handelt, der in der Lage ist ein Planetengetriebe auseinanderzunehmen,zu säubern, einzufetten und wieder haarklein wie es vorher war zusammenzubauen. Ein wahrer Glücksfall!
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