Wie hier ja schon subtil zwischen den Zeilen durchgesickert sein dürfte – ich bin ein wenig begeistert von dem kleinen Ländchen namens Georgien. So konnte es nicht ausbleiben, dass ich auch der georgischen Literatur ein wenig auf den Zahn fühlen wollte. Nun könnte man, wie bei so vielen Sachen in Georgien, hier weit zurückgreifen und sich aus einem schier unerschöpflichen Fundus bedienen. Doch ich konzentrierte mich zunächst auf die neuere Literatur und stolperte dabei über Santa Esperanza und war erstmal baff.
Was bitte war denn das? Nach kurzer Recherche erfuhr ich, dass es sich hierbei zwar um 36 einzelne Hefte in einem entzückenden Schuber handele, das Ganze aber dennoch ein 850seitiger Roman sein könne. Oder auch nicht. In dem schließlich zu Gemüte geführten Anleitungsheft erfuhr ich, dass ich die einzelnen Hefte in beliebiger Reihenfolge lesen könne – eine Geschichte würde sich in jedem Falle entspinnen. Selbstverständlich ist der Autor auch so frei und bietet verschiedene Reihenfolgen für die unterschiedlichsten Launen an – gar keine Frage, das musste probiert werden.
Kaukasusnovize der ich war, wählte ich das Standardverfahren alles schön der Reihenfolge nach zu lesen. Eine sehr praktische Angelegenheit im Übrigen um lesend zu reisen: auf allen Ausflügen auf denen das Gepäck anderswo gelagert ist, kann solch ein (oder zwei) schmales Heftchen immer mitgenommen und zwischendurch gelesen werden.
Doch nun zum Buch an sich. Es handelt sich um einen historischen Roman, welcher das fiktive Inselreich „Santa Esperanza“ im Schwarzen Meer zum Thema hat. Diese Inseln liegen irgendwo zwischen Georgien und der Türkei und wurden im Laufe der Jahrhunderte von den verschiedensten Völkern besucht und geprägt. Diese bunte und verworrene Geschichte, die mit leichter Hand Kaukasus und mediterrane Kultur miteinander verwebt und schließlich im Chaos und Bürgerkrieg der Gegenwart endet, ist ein lesenswerter Einstieg in eine fabulierfreudige, freundliche und absurde literarische Welt, die der realen Welt in unzähligen Details gleicht. Wir fassen zusammen: Vielleicht ein Glückstreffer, aber auch in Sachen Lektüre weiß Georgien zu überzeugen!