- Pro Land ein Buch: Tycho Brahes Weg zu Gott
- Pro Land ein Buch: Die Welt von gestern
- Pro Land ein Buch: Tito – Die Biografie
- Pro Land ein Buch: Die Verschwörung der Fahrradfahrer
- Pro Land ein Buch: Der Derwisch und der Tod
- Pro Land ein Buch: Wolga, Wolga
- Pro Land ein Buch: Die Brücke über die Drina und HERKUNFT
- Pro Land ein Buch: Die Pyramide
- Pro Land ein Buch: Athen, Paradiesstraße
- Pro Land ein Buch: Schnee
- Pro Land ein Buch: Macht und Widerstand
- Pro Land ein Buch: Das Spiel der hundert Blätter
- Pro Land ein Buch: Die Jakobsbücher
- Pro Land ein Buch: Jaroslav Rudiš
- Pro Land ein Buch: György Dalos
- Pro Land ein Buch: Drago Jančar
- Pro Land ein Buch: Auf der Suche nach Italien
- Pro Land ein Buch: Italienische Krimis
- Pro Land ein Buch: Sachbücher über Italien
- Pro Land ein Buch: Sizilien
- Das Jahr 2022 in Büchern
- Pro Land ein Buch: Die Großmächtigen
- Pro Land ein Buch: Der Weg des Helden
- Pro Land ein (paar) Bücher: Frankreich (Kinder- und Jugendbücher)
- Pro Land ein (paar) Bücher: Frankreich (Sachbücher)
- Pro Land ein (paar) Bücher: Belletristik, Klassiker – Erwachsenenliteratur
- Pro Land ein Buch: Leeres Spanien (Sachbuch)
- Pro Land ein Buch: Don Quijote
- Das Jahr 2023 in Büchern
- Pro Land ein Buch: Die portugiesische Reise
- Die Sachbuch-Revue: Arabien und Islam
- Pro Land ein Buch: Leïla Slimani und Mohammed Choukri
- Pro Land ein Buch: Reise ohne Wiederkehr
- Pro Land ein Buch: Die Griechen. Eine Globalgeschichte
- Pro Land ein Buch: Am Himmel die Flüsse
Als ich Anfang des Jahres 2023 von Palermo nach Tunis übersetzte, fragte ich ganz nassforsch ein aufstrebendes sozialen Medium namens Mastodon, mit welchem Buch ich beginnen solle um das große Unbekannte südlich des südlichsten Europas zu ergründen. Es blieb verdächtig still und so interpretierte ich das Votum auf die denkbar zuversichtlichste Weise – ich las einfach alles. Das brauchte natürlich etwas Zeit, speziell in unserem langen europäischen Frühling reizte mich das Thema irgendwie eher nicht so sehr. Erst in Andalusien begegneten sie mir wieder, die Mauren, Mozaraber, Mudéjaren und wie sie noch alle hießen. Kaum schnupperte ich wieder Medinaluft, vertiefte ich mich aufs neue in die, vom letzten Mal übrig gebliebene Lektüre.
Die unbekannte Mitte der Welt: Globalgeschichte aus islamischer Sicht (Tamim Ansary)
Mit diesem Buch startete ich meine Grand Tour in ein weitgehend unbekanntes Universum und es packte mich sofort. Erzählweise, Faktendichte und Humorpegel stimmten einfach, so dass ich mich nach Abschluss der Lektüre ernsthaft fragte, ob ich es nicht damit bewenden lassen könne. Ich konnte nicht. Denn auch wenn es Ansary gelingt, die verschiedenen Entwicklungswege von Islam wie Westen gleichermaßen zu erklären und dabei noch zahlreiche wesentliche Dinge über den Orient vermittelt, die der Einsteiger wissen sollte, bleiben natürlich noch etliche Fragen. Außerdem wäre es doch nahezu unanständig, nach einem Roman, der einen unbefriedigt zurückgelassen hat und einem als großartig empfundenen Sachbuch die Thematik Islam und Arabien als ausreichend ausgelesen zu betrachten. Nein, wenn ich zu dem Zeitpunkt der Lektüre den Blick hob und mich umschaute, dann sah ich noch reichlich Unverständliches, Rätselhaftes und Irritierendes. Gut möglich, dass mir da auch das folgende Buch nicht sonderlich weiterhelfen würde, doch das konnte ich erst nach abgeschlossener Lektüre beurteilen.
Warum es kein islamisches Mittelalter gab (Thomas Bauer)
Im Haus der Weisheit. Die arabischen Wissenschaft als Fundament unserer Kultur (Jim Al-Khalili)
Im Vergleich zu der oben bereits besprochenen Globalgeschichte aus islamischer Sicht kneifen wir bei diesem Buch die Augen zusammen und fokussieren uns auf einen speziellen Zeitabschnitt und einen gesellschaftlichen Faktor des Islams. Es geht im Großen und Ganzen um das „Goldene Zeitalter“ der arabischen Wissenschaft. Es ist dies wohl unbenommen eine der spannendsten und vielfach heiß diskutierten historischen Perioden. Das Meinungsspektrum hierzu ist äußerst breit. Von „sie haben nicht mehr getan, als das Wissen der Griechen und Inder weiterzugeben“ bis zu „wir verdanken ihnen alles, was wir wissen“, gibt es alles im Angebot. Al-Khalili gelingt hier eine größtenteils ausgewogene und bisweilen unterhaltsame Darstellung der Zusammenhänge, die mal wieder zeigt, dass die Wahrheit irgendwo und vor allem irgendwann in der Mitte liegt.
Platon in Bagdad. Wie das Wissen der Antike zurück nach Europa kam (John Freely)
Anfangs war ich von diesem Buch leicht befremdet. Die schlichte, stichpunkthafte Aufzählung von antiken Promis, lediglich ein wenig chronologisch sortiert, erweckte den Eindruck uninspirierten name-droppings ohne erkennbaren Mehrwert. Und wenn man sich ein wenig durch die Beurteilungen dieses Buchs liest, erkennt man, dass sich zahlreiche Leser auch genau hieran störten. Doch nach einer Weile schluckte ich meinen Ärger hinunter und begann überraschenderweise mehr oder weniger Gefallen zu finden an den Bruchstücken und Mosaiksteinchen, die einem hier hingeworfen wurden. Man erfährt ja doch einiges über randständige und selten beschriebenen große Geister der Menschheitsgeschichte und mit der Zeit spürt man auch wie all das zusammenhängen könnte, wie die Suche nach Wissen und Verständnis die Menschen in all den, achso verschiedenen Kulturen angetrieben hat. Und doch fragt man sich dann bisweilen zaghaft, was die tiefere Erkenntnis und das Neue an diesem Buch sei. Der Wissenstransfer antiker Bücher durch die Araber, die gesamte Überlieferungsgeschichte aus der Antike, die islamische Renaissance – all dies ist schon tausendmal und deutlich eindrücklicher erzählt wurden. Außerdem handelt es sich auch um einen kleinen Etikettenschwindel, denn es handelt sich mitnichten, wie der Titel suggeriert um eine arabische oder islamische Wissenschaftsgeschichte sondern vielmehr um eine universelle Darstellung der Überlieferung des Wissens der Antike in unsere Zeit. Aber vielleicht bin ich nach all den Büchern zu diesem Thema auch ein wenig satt und überkritisch. Als alleinstehendes Werk zwischendurch mag dieses Buch durchaus seine Wirkung entfalten, gemessen an den hier zuvor gepriesenen Empfehlungen eher nicht.
Jenseits aller Grenzen. Auf den Spuren des großen Abenteurers Ibn Battuta durch die Welt des Islam (Erich Follath)
Auf dieses Buch hatte ich mich tatsächlich im Vorfeld am meisten gefreut. Der „Marco Polo der Araber“, wobei wohl es wohl eigentlich eher jener Venezianer der „Ibn Battouta der Christen“ hätte heißen müsse, dessen Reisen, überliefert durch seine Erinnerungen mit dem blumigen Titel „Geschenk für diejenigen, welche die Wunder von Städten und den Zauber des Reisens betrachten“ oder kurz الرحلة ar-Riḥla, klassifizieren ihn für jeden Reisenden als leuchtendes Vorbild und nachahmenswerter Godfather of Travel.
Als ich beim Lesen dann begriff, dass es nicht einfach eine Nacherzählung der Rihla war, sondern vielmehr eine hinterher reisende Analyse der Orte, die Ibn Battouta vor gut 700 Jahren bereist hatte, minderte sich die Freude natürlich keineswegs. Diese „Nachreise“ besteht einerseits aus seiner Perspektive (soweit das seine teils lückenhaften, teils widersprüchlichen Aufzeichnungen hergeben) andererseits aus der gegenwärtigen Perspektive eines langjährigen Reporters, welcher aus seinem Erfahrungsschatz reichlich interessante Geschichten zu jedem der bereisten Orte beizutragen hat. Und auch wenn ich den Battouta-Teil im Verhältnis zum Gegenwartsteil immer etwas zu kurz geraten empfand, so fühle ich mich in Büchern, die versuchen Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verknüpfen, stets gut aufgehoben. (siehe diesbezüglich meine Empfehlung vom letzten Jahr: „Der Weg des Helden“) Über die meisten Orte, die dank Ibn Battouta hier thematisiert werden, wusste ich herzlich wenig und da sie selbst in den aberwitzigsten Reiseplanungen unsererseits nicht vorkommen, ist es doch ungleich besser, auf diese Weise etwas über sie zu erfahren. Schön empfand ich in jedem Falle, dass dieses Buch mit Tanger beginnt und Granada endet. Denn genau diese beiden Städte bereisten wir kurz nacheinander und beide Orte spielten auch in unserer Reise ein bedeutende Rolle.
Die Geschichte der arabischen Völker (Albert Hourany)
Dieser Wälzer passt eigentlich nicht so recht zu den anderen. Es ist eher als Nachschlagewerk zu verstehen und breitet auf über 700 Seiten die komplette Geschichte der arabischen Völker vor einem aus. Dabei ist es als Buch für eine Abhandlung dieser Art erfreulich aufgelockert geschrieben und offeriert neben etlichen bekannten Fakten eben auch reichlich Details, die in den anderen Büchern zum Thema keinen Platz gefunden haben. Dennoch würde ich dieses Buch tatsächlich nur zur Abrundung am Schluss der Beschäftigung mit diesem Thema empfehlen. Letztlich ist es dann doch ganz schön trocken, zu allgemein und wirklich nicht pointiert geschrieben.