Was vor etwas mehr als zwei Jahren in dem von uns schnippisch „Elsterflorenz“ getauften Gera begann, fand nun sein glänzendes Finale bei dem einzig wahren Florenznamenspaten auf weiter Flur, niemand geringeres als Elbflorenz gab sich die Ehre. Ich muss es offen gestehen, als vor jenen zwei Jahren die Idee geboren wurde, allen Bezirksstädten der DDR einen Besuch abzustatten, hatte ich nicht den leisesten Zweifel daran, dass Dresden hier die besten Chancen auf den Publikumspreis hätte. Doch einerseits wollte ich kein Urteil fällen ohne die mir zuvor gänzlich unbekannten Städtchen Suhl und Schwerin erlebt zu haben und andererseits spricht ja nichts dagegen, herumzureisen und sich ein wenig umzuschauen. Über diesen Zeilen prangt ja nicht ganz ohne Grund der Titel „Viva Peripheria“.
Im Laufe dieser zwei Jahre sahen wir viel Schönes, einiges Ernüchterndes und selten auch Schockierendes. Wir ergötzten uns am Winterzauber in Suhl, labten uns am gelassenen Seengeplänkel Schwerins und vieles mehr. Ja wir entdeckten in kostbaren Augenblicken auch in den widerborstigsten Stadtantlitzen ein verstecktes Schmunzeln, welches auf noch gewiefter versteckte innere Werte und eine vertraute Seele hoffen ließ. Es war insgesamt ein eher positiv stimmende Revue der ehemaligen und heutigen administrativen Provinzzentren. Mal abgesehen von Cottbus. Sowas muss wirklich nicht sein.
Doch Dresden, das wurde recht schnell klar, spielte ein wenig außer Konkurrenz. Allein die geballte Übermacht an barocker Sandsteinorgie hätte so manch anderem Städtchen gereicht um es zu etwas ganz besonderen zu machen. Aber hiermit endete es ja noch lange nicht. Die betörende Oberfläche Dresdens wird geschmückt von einem überschäumenden Kulturangebot, exzellenten kulinarischen Leckereien, besten Bier und feinsten Wein, dazu noch ein Umland, welches sich mit dem Elbtal, diversen Burgen und Schlössern, dem Erzgebirge und natürlich dem allzeit lockenden Böhmen echt in sich hat.
Und das sind nur ein Teil der realen Pluspunkte, die mir so auf den ersten Schlag einfallen. Nur karg veranlagte Buchhalter- und Krämerseelen können sich der Romantik und der Poesie dieses Elbperle gänzlich entziehen. Aber lassen wir doch zur Sicherheit einen dieser nüchternen Preussen zu Wort kommen.
„Dresden hat eine große, feierliche Lage, in der Mitte der umkränzenden Elbhöhen, die in einiger Entfernung, als ob sie aus Ehrfurcht nicht näher zu treten wagten, es umlagern. Der Strom verlässt plötzlich sein rechtes Ufer und wendet sich schnell nach Dresden, seinen Liebling zu küssen. Von der Höhe des Zwingers kann man seinen Lauf fast bis nach Meißen verfolgen. Er wendet sich bald zu dem rechten, bald zu dem linken Ufer, als würde die Wahl ihm schwer, und wankt, wie vor Entzücken, und schlängelt sich spielend in tausend Umwegen durch das freundliche Tal, als wollte er nicht in das Meer.“
Heinrich von Kleist
Aber gut, wir wollen uns nicht im Überschwang des berechtigten Lobhudelns in Regionen emporjuchzen, die dem Hochmut gefährlich nahe kommen. Verbleiben wir einfach bei der Einschätzung dass der Vergleich Dresdens auf Bezirksstadtebene einfach leicht unfair für die anderen Teilnehmer ist. Wir fassen also zusammen: komplette Begeisterung in der Stammformation der Peripheriker. Einzige Kritikpunkte: etwas blauer Himmel wäre schön gewesen und das ständige Besetzen der Kirchen durch Veranstaltungen, welches deren Besichtigung verhinderte, muss eingedämmt werden. Der versierte Städtekritiker weiß nur eines angesichts dieser kargen Beanstandungsliste – bestanden, und zwar mit einem dicken, fetten, schwarz-gelben Bienchen.
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