Da ich ja nun schon seit geraumer Zeit als nimmermüder Öffentlichkeitsaktivist für unseren (von Berlin und vom Herzen aus) nächsten Nachbarn auftrete, ist es an der Zeit, dem wohl inoffiziellsten Feiertag Polens ein wenig Öffentlichkeit zu verschaffen. Zugegeben, rein vom Titel her macht besagte Party es einem nicht eben leicht. Wielka Orkiestra Świątecznej Pomocy ist nur bedingt in der Lage als geschmeidiger Zungenschmeichler durchzugehen. Daher habe ich, ganz entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten, hier jeglichen Übungseifer beseite gelegt und mich mit der gediegen über die Lippen kommenden Abkürzung WOŚP angefreundet. Zu deutsch kann das Ganze in etwa als „Großes Orchester der Weihnachtshilfe“ übersetzt werden und macht als solches jetzt auch nicht unbedingt viel her. Klingt nach eher Musikantenstadl, Renterringelpietz und moralingetränkter Bodensatzunterhaltung. Weit gefehlt. Bei WOŚP handelt es sich um die größte nichtstaatliche Wohltätigkeitsorganisation in Polen, welche das ganze Jahr über zu einem bestimmten Zweck (meist medizinische Ausrüstung) Spenden sammelt. Die zwei Höhepunkte dieser Aktion sind dabei das, an jedem ersten oder zweiten Sonntag stattfindendende Finale dieses Spendenmarathons sowie das, als Dankeschön veranstaltete Gratis-Rockfestival „Prystanek Woodstock“ Anfang August. Natürlich ist all das eine rein polnische Angelegenheit. Da es aber grundsätzlich überall auf der Welt Polen gibt, finden die Spendenfeste nicht nur zwischen Oder und Bug statt. Selbstverständlich richtet auch Berlin mit seiner zahlenstärksten Polonia in Deutschland solch‘ eine Party aus und so rückt eine kompakte Dosis Polen für ein paar Stunden in Neukölln ein.Getreu der Tradition erhält man für jede Spende einen der ewiggleichen Aufkleber. Und wenn man davon die Schnauze voll hat, gibt es verschiede Wege dies auszudrücken. Dies ist eine davon! (Photo: qbk.blog.pl)Wie sieht nun aber besagte Party aus? Wenig Vereinsmief oder steife Reden, vielmehr vermittelt es immer den Eindruck einer Geburtstagsfeier einer Größtfamilie für dessen Planung man vorher ungefähr 40 Minuten Zeit gehabt hatte. Alles singt, trinkt und ist beschwingt. Es laufen Konzerte langvermisster Jugendtage, Auktionen und noch jede Menge Spiel und Spaß. Schöne Sache das und ein perfekter Stimmungsaufheller im sonst so ereignisarmen Januar. Und nebenbei kommt jedes Mal eine gigantische Summe zusammen, die polnische Krankenhäuser dringend benötigen. Dieses Jahr übrigens 36.118.272 Złoty (€8.937.556). Wer also mal vorbeischauen will bei der Parallelgesellschaft von nebenan, dem sei ein Schnupperbesuch bei WOŚP herzlichst angeraten. Ach, und hochgeschätztes Bier aus den fernen Bergen: Wenn man derart massiv Werbung macht, ganze Nationalmannschaften stellt und noch im spelunkigsten Spätkauf Berlins zu haben ist, sollte man doch denken, dass wenn die größte Ansammlung von Polen anberaumt ist, genügend von dir vorrätig wäre. War aber nicht so. Nicht schön. Denk doch bitte das nächste Mal daran!