In Folge eines turbulenten, aber torlosen Unionspiels bewegte sich die Diskussion mit jedem weiteren Bier immer resoluter weg von der tristen Februarrealität, hin zu den schäumenden Möglichkeiten eventueller Sternstunden. Da in unserer Runde seit längerem auch wer ist, der auf einer eine gewissen Affinität zum 1.FC Köln beharrt, und eben jener, aus unergründlichen Motiven heraus so schlicht wie abgehoben einfach nur „FC“ genannter Verein, aktuell ungeahnte Höhen des DFB-Pokal-Olymps erklimmt, lag eine kleine europäische Reiseträumerei auf der Hand. Die Frage der Fragen war die nach der weitestmöglichen Reise. Wohin könnte der Ball also im nächsten Jahr rollen? Es versteht sich von selbst, dass eine solche Frage auch vom „FC“ losgelöst betrachtet werden kann. Schließlich hat Europa Zeit. Nach dem ich dann dem rostig-vergrämten Montag in sein schauriges Antlitz blickte, erschien mir nix nötiger als ein Fortfahren jener Reiseschwelgerei. Kurbeln wir daher die Informationsmaschine an und schauen mal genauer hin.
Perspektive Kasachstan: Nun ist man ja putzigerweise schon seit einiger Zeit der Auffassung, dass, jedenfalls in fußballerischer Hinsicht, der gigantische Flächenstaat im Osten elementarer Bestandteil Europas sei. Ein Blick auf die Tabelle zeigt jedoch dass der östlichste Ligateilnehmer (Жетісу Талдықорған * Shetisu Tadykorghan) leider mit 13 Punkten Abstand auf einen UEFA-Cup-Platz verhungert. Schade. Also müssen wir mit den westlicheren Metropolen Kasachstans Vorlieb nehmen. Und da würde sich natürlich die frischgebackene Hauptstadt Astana anbieten. Die in blau-weiß spielende Lokomotive Astana, welche gegenwärtig, obacht, von Holger Fach auf dem zweiten Tabellenplatz gehalten wird, wäre eine gar prächtiges Schmankerl für das Auswärtsspiel des Jahrhunderts. Eine typische Anreise für die schlanken 3880km könnte hier so aussehen: 81 Stunden Fahrt, dreimal Umsteigen (Moskau, Swerdlowsk, Petropawlowsk).Russische Weiten: Ein kurzer Blick auf die Europakarte lässt kaum einen anderen Schluss zu – Russland sollte ein direkter Konkurrent des kasachischen Plans sein. Schauen wir also mal kurz auf die Tabelle! Diese ist dahingehend jedoch ein wenig ernüchternd. Die zwei UEFA-Cup-Plätze gehen an Moskau, die CL-Plätze werden zwischen St.Petersurg, Moskau und Kazan aufgeteilt. Dabei ist selbst die Tatarenperle an der Wolga ein lächerlicher Katzensprung und kein Vergleich mit den kasachischen Rekorden. Lächerliche 43 Stunden mit einem Umstiegspunkt in Moskau wären erforderlich um die Mannschaft nach Kazan zu begleiten.Orientalische Avancen: Neben Kasachstan gibt es natürlich noch andere europäische Wackelkandidaten. Wie zum Beispiel die Türkei. Mit Trabzonspor gibt es hier einen Kandidaten, der noch gute Chancen auf die UEFA-Qualifikation hat und Trabzon liegt weit hinten im europäischen Abseits. Nur hat es eben auch keinen Bahnhof. Dies erschwert die Anreise natürlich immens. Immerhin 3290km werden von Googlemaps hier ausgespuckt. Da muss also ein wenig improvisiert werden. Bis Istanbul braucht es erstmal stolze 45 Stunden (mit Umstiegepunkten in Budapest und Sofia) dann folgt eine 17stündige Busfahrt nach Trabzon. Zugegeben, nicht schön, aber der überraschende Zweitplatzierte in diesem reizenden Wettbewerb.Wüste Konstellationen: Und damit kommen wir zu Israel. Die Kontinentfrage lassen wir hier mal gelassen beiseite und widmen uns ganz der Streckenbewältigung. Natürlich spielt es hier keine übergeordnete Rolle ob es nun Tel Aviv, Haifa oder Jerusalem werden würde. Wie würden wir denn da nun am besten hinkommen? Da wir ja, wie spätestens jetzt klar gewurden sein dürft,e den Boden nicht verlassen wollen und vorzugsweise auf Schienen reisen wollen, stehen wir hier vor einer wirklichen Herausforderung. Und weil es so schön ist und mich auch die größte Anstrengung gekostet hat, präsentiere ich die Verbindung mal in vollständigster Detailtreue.Berlin Hbf 10:36 (erster Tag)Budapest-Keleti an 22:32/ ab 23:00 Sofia an 17:37/ ab 19:10 (zweiter Tag)Istanbul Haydarpasa an 9:25/ ab 8:55 (dritter und vierter Tag)Aleppo an 14:17 (fünfter Tag)/ ab 16:45Damascus an 21:02/ ab 8:00 (sechster Tag)Amman an 17:00 -> ab hier mit Taxi über die Allenby Bridge und von dort mit dem Bus in einen gewünschten israelischen Ort unserer Wahl. So dass man – geht’s noch symbolischer? – am siebten Tag im heiligen Land ausruhen darf.Ich fasse zusammen: Eine Fahrt nach Israel würde locker die 120-Stunden-Grenze überschreiten und wäre somit an und für sich der offizielle Sieger. Aber irgendwie hätt ich darauf nur bedingt Lust. Ich biete an, dies umgehend zu vergessen.Mediterrane Gelegenheiten: Der Vollständigkeit blicken wir auch in die südlichen und westlichen Winkel unseres geliebten Kontinents. Da wäre der US Palermo mit wackeren 2050km für die solide 31 Stunden und möglichen Umsteigepunkten in München, Verona und Florenz oder Sporting/Benfica Lissabon mit respektablen 2788km. Hierfür würde man immer noch 42 Stunden (also Kazan-würdig!) brauchen. Was auch kein Wunder ist bei angebotenen Umstiegepunkten in Offenburg, Strassbourg, Paris und Irun. Ansonsten gibt es kaum noch Ziele, die die 24-Stunden-Grenze durchbrechen. Somit wäre unsere Vermutung also bestätigt: Offizieller Sieger wäre Kasachstan. In diesem Sinne! Da kommt gewaltig Fernweh auf und ich kann nur nochmal ausdrücklich verkünden, dass ich auf all diese Ziele gewaltig Geißbock drauf hätte. Doch zuvor sollte man sich vielleicht doch noch mal kurz auf Augsburg konzentrieren. Ist ja auch nicht direkt ein Nahziel…Übrigens. Für solche Spielereien ist folgende Seite mehr als empfehlenswert: seat61.com
Wow. Ein dickes Fleißkärtchen und der güldene Ehren-Geißbock sei Dir sicher.
Wenn ich die Israel-Strecke lese, hätt ich da ja schon Lust drauf, aber ich fürchte ja, dass das auch die teuerste Möglichkeit wär. Und, ich mag mich da aber auch irren, gibts da nicht auch Probleme, wenn man z.B. mit einem syrischen Stempel im Pass an die Grenze kommt?
Aber so oder so, wir legen das alles jetzt erstmal in die Schublade, denken nicht weiter dran und gucken Donnerstag noch mal drauf. Oder eben nächstes oder übernächstes oder überüberübernächstes Jahr.
Nö, nur mit nem israelischen Stempel auf der Rückfahrt wäre keine Hereinkommen nach Syrien möglich. Aber für die Fälle stellt die Bundesrepublik gern einen zweiten Reisepass aus.
Also ich hätt da ja schon Lust drauf, wollte eh mal wieder in die Gegend.
Und Trabzon soll auch sehr schön sein.
naja, war halt nur so 'ne idee von mir. dann muss es halt doch union reißen!
Hmpf. Die kasachische Wettmafia hatte Angst vor unserer Reisegruppe.