Und es begab sich, dass ich eher lustlos an den Offerten der Buchhändler vorbeizog und irgendwie nichts Anregendes finden wollte. Lust auf ein Buch hatte ich aber schon. Da fiel mein Blick auf einen neuen Ziegelstein aus dem Hause Simmons und ich willigte ein. Schließlich hatte mich das letzte Werk von Dan Simmons, „Terror“ derart beeindruckt, dass es seither in der Empfehlungsliste (unten rechts) auftaucht.
Nun befinde ich mich nach atemloser Lektüre von „Der Berg“ in einer beneidenswerten Zwickmühle: Es ist nämlich mindestens genauso gut wie das zuvor Empfohlene. Also austauschen gegen den „Terror“ oder dreist einfach beide empfehlen? Eines muss ja das Bessere sein, oder?
Aber genug der Vorschusslorbeeren. Worum handelt es sich denn hier nun? Bei Dan Simmons muss erwähnt sein, dass der Autor grob gesagt aus dem Horror, bzw. SF-Genre entstammt. Wobei selbst diese Klassifizierung seine frühes Gesamtwerk auch nur unzureichend beschreibt. Wer will schon ein so vielschichtiges und reichhaltiges Webstück, welches Simmons beispielsweise mit den Hyperion-Gesängen oder dem Ilium
/Olympos
-Zyklus entwirft, nur annähernd angemessen klassifizieren?! Fest steht wohl nur, dass es Lektüre von ausnahmsloser Güte ist und, dass die letzten Bücher eine neue Entwicklung von Simmons offenbaren.
Nach „Terror“ nun schon wieder ein Buch, welches sich einen historischen Tatbestand heraus greift und dessen ungeklärten Ausgang mit den Mitteln der Fiktion versucht, ein denkbares Ende zu setzen. Im Gegensatz zu der Mission Franklins, welche wirklich stattgefunden hat, geht er nun aber hier einen Schritt weiter und konstruiert eine Expedition zum Mount Everest, welche ein Jahr nach der Expedition von 1924 stattgefunden hat. Um den Verlauf der 1924er-Expedition ranken sich in der Tat noch bis zum heutigen Tag etliche Legenden. Nachdem man 1999 Mallory, einen der beiden Gipfelstürmer hervorragend mumifiziert kurz vor dem Gipfel fand, erhielt die Theorie, dass die beiden schon 1924 den Gipfel erreicht hatten neuen Auftrieb. Doch „Der Berg“ ist nicht allein eine eindrucksvolle Beschreibung der Pioniertage alpiner Heldentaten. Das Buch ist vielmehr eine unfassbar spannende Beschreibung der Zeit zwischen den Kriegen und vermittelt nebenher ein vielstimmiges Bild der Kultur des Himalaya. Dafür lässt sich Simmons jede Menge Zeit. Gute 300 Seiten sind nötig bis wir uns halbwegs dem höchsten Berg der Welt genähert haben. Doch diese Ausführlichkeit schadet der Spannung in keinem Moment. Allein der historische Bogenschluss am Ende des Romans mutet ein wenig aufgesetzt an. Ich für meinen Teil hätte es auch gern etwas unspektakulärer gehabt. Schließlich braucht es für mich keine Weltverschwörung und Verstrickung im James-Bond-Ausmaß um mir die entweltlichende Kraft der Berge zu verdeutlichen, mir genügen ja sogar schon Berge um die 2000. Doch das ist auch schon die einzige Kritik an einem Buch, welches mich völlig in seinen Bann geschlagen hat.
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