Das Podcastjahr wurde wie so vieles in meinem Leben natürlich durch die Große Reise beeinflusst. Wie nicht anders zu erwarten, veränderte einen lebensverändernde Reise auch den Bedarf an Podcastformaten. Die Lust, selbstreferenziellen, mit Luxusproblemen balancierenden Wohlstandskindern zuzuhören, ließ mit der Zeit sichtlich nach. Und so wurde kräftig ausgesiebt. Nur einige wenige unverwüstliche Klassiker wie Flake, Lage der Nation, Geschichten aus der Geschichte und dem Ballaballa-Balkan plapperten sich weiterhin unbesorgt in mein Ohr. Doch der Trend ging auch mehr zu fertig produzierten, thematisch festgelegten Podcastreihen wie „Mein Freund Floh“, „Pestillenz“, „Diese eine Liebe – 40 Jahre Die Ärzte“, „Seelenfänger“ oder „Wild Wild Web“. Ich möchte keine der aufgezählten Serien besonders hervorheben, da sie mir alle genauso gefielen und ich sie tatsächlich gleichermaßen empfehlen kann. Außerdem gelang es mir immer besser mich mit Hörbüchern, speziell mit Sachbüchern, anzufreunden.
Extra für diese Podcast-Revue mit ihrem, dank Großer Reise, besonderen Charakter, arrangierte ich es mikttels einer unbeabsichtigten Adriataufe meines Handys, dass sämtliche Statistiken aus den sesshaften Zeiten im Datenorkus verschwanden. Daher habe ich nun zwei Datensätze: Einen von vor der Reise und einen, der größtenteils auf der Reise entstand. So traurig ich anfangs über die Bewässerung meines Erstgeräts war, empfinde ich die zweigleisige Beurteilung meines Podcastverbrauchs, welche ich durch diesen Unfall erhielt, nachträglich als reizvoll.
Die obenstehenden Angaben sind das Einzige, was ich retten konnte. Wir sehen also hier die üblichen Verdächtigen in trauter Reihenfolge. Keine allzu großen Überraschungen. Weiterhin fehlen die Premiumprodukte aus der Metaebene, offensichtlich scheint der geschätzte Tim Pritlove weiterhin in der Findungsphase zu sein. Nur wenige erwähnenswerte Neuzugänge finden sich in der Liste. Eigentlich fällt in dieser Hinsicht nur „Kuttners Sprechfunk“ ins Gewicht, den ich aus unerfindlichen Gründen lange Jahre nicht mehr meine Aufmerksamkeit schenkte und es nun umso mehr genoss.
Leider gehört nun aber gerade dieser Podcast zu den zwei Formaten, deren Ende ich in diesem Jahr hinnehmen musste. Pikanterweise wurde neben dem alten Kuttner auch seine Tochter Sarah mit „Das kleine Fernsehballett“ aus mir unerfindlichen Gründen abgesetzt. Das ist natürlich bitter, denn bereits in der letzten Revue erwähnte ich, wie mir die beiden ans Herz gewachsen waren, und das obwohl sie zeitweise aus verschiedenen Gründen sehr auf die Nerven gegangen waren. Schade, dass man mir dieses Wechselbad der Wahrnehmung nicht weiter gegönnt hatte.
Kommen wir nun also zum „kurzen“ Abschnitt des Reisepodcast-Verbrauchs von September bis Jahresende. Schon im Übersichtsteil zeichnet sich ein Wechsel ab: Deutlich weniger Hörzeit und ein rigoroseres Verwenden der Skip- und Lautlosfunktion. In der Gesamtrangliste gibt es wie immer nur geringe Veränderungen. Trotz ihres fast völligen Ausbleibens in diesem Jahr verliert die „Freakshow“ nur einen Platz.
In der Jahresbewertung sieht es dagegen etwas anders aus. Wenig Verwunderung, aber nichtsdestotrotz ein tosender Trommelwirbel geht auch in diesem Jahr an Flake. Schließlich hörte ich etliche seiner Folgen doppelt und sparte mir die meisten der neuen Folgen sogar vom Ohre ab um sie, einem kostbaren Weihnachtsgeschenke gleich, hier unten im Süden beim Kochen und Abhängen zu genießen. Außerdem hat Flakes Podcast natürlich auch noch einen anderen Wert: Denn kaum einen anderen Podcast kann man besser beim Radfahren hören, ist er doch eine der wenigen die Musik komplett ausspielen und das beschwingt dann doch entschieden mehr als der x-te als witzig verstandene Schlagabtausch über irgendein Thema aus der kunterbunten Welt der Luxusprobleme und Wohstandsverwahrlosung. Obwohl dieser Vorwurf auch nach dem großen Aussieben noch an zu viele Formate, die ich höre, gerichtet ist, die Hauptstoßrichtung weist eindeutig Richtung „Schröder&Somuncu“. Was hatte ich die beiden noch in der letzten Revue gelobt, manchmal sogar über den grünen Klee hinaus. Vieles an ihrem Gespräch zog mich an, die Themen, das schauspielerische Vermögen sowie die Abwechslung, die mancher Folge innewohnte. Im Wesentlichen fühlte ich mich hier aber wohl, weil ich mit Wonne feststellte, dass es hier noch jenes kostbare Gut zu genießen gab: Eine Diskussion mit gegensätzlichen Standpunkten, die aber nicht daran zerbrach oder dank reflexhafter Vorwurfskanonaden unnötigerweise unterging. Doch speziell zum Jahresende erwischte ich mich immer häufiger, wie ich den Themen nicht mehr folgte und sie an mir vorbeisäuselten. Es ging um das Problemchen der Herren beim Flugreisen, Hotels und anderer Dienstleistungen, die mir nicht nur gänzlich schnuppe waren, sondern deren übermäßigen Genuss ich zudem recht kritisch gegenüberstand. Wenn ich nun einen polternden Somuncu zuhören musste, der sich über ausgebeutete Menschen in dem Sinne äußerte, dass sie ihn gefälligst jederzeit zu bedienen hätten, die geringen Löhne, die sie erhielten, wäre schließlich nicht sein Problem, dann schaltete ich einfach nur angewidert ab. Und dies wiederholte sich im Laufe des Jahres, die Live-Shows hörte ich mir erst gar nicht an. Wobei ich diesbezüglich sowieso ein mutigerer Skipper geworden bin. Ähnlich der Entwicklung bei Büchern, die mir irgendwann die Kraft gab, nicht jedes angefangene Buch um Teufel komm raus zu Ende zu lesen, stellt sich so etwas nun auch bei Podcasts ein. Live-Show-Jubelei, widerliche Sprüche, verwöhnte Stadkindergartenspielchen oder Themen bzw. Personen, die mich nach 15 Minuten nicht mitreißen, interessieren oder irgendwie anders berühren?! Weg damit!
Was gäbe es sonst noch an neuen Erfahrungen oder Erlebnissen aus dem vergangenen Podcastjahr zu erzählen? Mehr als sonst, vielleicht auch weil ich viele dieser thematischen Podcast-Reihen hörte, stört mich die schon einige Male erwähnte Eigenart, dass man sich bei jeder Folge Intro und Outro anhören muss. Natürlich kann man auch dies skippen, aber es wäre eine Kleinigkeit für die Binger eine Version ohne den Rattenschwanz an immer gleichen Einführungen und Abschlussbemerkungen bereitzustellen. Abgesehen davon hat die allgemeine Situation sich nicht gravierend verändert, so dass ich ohne mich um meinen Vorwurf aus der letzten Zeile zu kümmern, mit dem Abschlussbemerkungen vom letzten Mal enden möchte.
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Ich lade mir auch immer mehr runter, breche dafür aber immer öfter nach 10 Minuten ab.
Manchmal, weil die Leute ewig nicht auf den Punkt kommen.
Aber auch oft wegen der „Luxusprobleme“. Gerade Podcasts, die sozialkritisch sein wollen, fangen dann plötzlich mit Diskussionen darüber an, wo man veganen Champagner bekommt oder so.