Prinzipiell könnte man es sich sehr einfach mit dem kleinen Montenegro machen. Hier bleibt wenig hinzuzufügen denn es ist zum einen der perfekte Einstieg ins jugoslawische Universum und zum anderen das unkomplizierte Rundum-Sorglos-Paket, welches kaum Wünsche offen lässt. Der gelassen wirkende Zwergstaat, der etwas kleiner als Schleswig-Holstein ist, aber über deutlich mehr Berge verfügt, hat eigentlich alles im Repertoire, um selbst den anspruchsvollsten Reisenden zu begeistern. Neben ausreichend einsamen Gebirgspartien gibt es hier auch idyllische Schluchten mit unglaubwürdig glitzernden Bergflüssen, die spektakulärste Bahnstrecke Europas sowie eine aberwitzig romantische Meeresküste und jede Menge Geschichte zu bestaunen. Das alles bekommt man visafrei serviert von Menschen, die freundlich und zumeist fremdsprachlich bewandert sind. Als kleines Zuckerl obendrauf muss man sich auch nicht mit irgendwelchen Währungsquärelen abmühen, denn der Montenegriner besteht zwar seit neustem darauf, dass er eine eigene Sprache habe, eine eigene Währung empfindet er aber offensichtlich als unnützen Ballast. Gezahlt wird hier ungefragt mit Euro.

Natürlich spricht sich sowas rum. Und auch wenn der behäbige Massentourismus wenn Balkan dann noch immer gen Kroatien trottet, so bemerkt man in den letzten Jahren wie der Besucherstrom auch hier im Sommer immer massiver zunimmt. Daher sei dem an dieser Stelle interessiert aufmerkenden Strandfan angeraten, die Monate Juni bis August eher zu meiden. Im Mai oder September ist es immer noch ausreichend warm und man kommt günstiger und entspannter zum ersehnten Meerblick. Für die Berge gilt dies selbstverständlich nicht, da einerseits die Strandliege merkwürdigerweise immer noch massenkompatibler ist als der Wanderweg und andererseits fehlt den montenegrinischen Bergen dasjenige, welches wenn überhaupt ein paar Menschen mehr hinauftreibt: verlässliche gastronomische Versorgung.
Subjektive Empfehlungen für den Strandurlauber: die Bucht von Kotor und Ulcinje; für den Bergwanderer: Durmitor und „Peaks of the Balkan“; den Geschichtsinteressierten: Kloster Ostrog und die alte Hauptstadt Cetinje

Die einzige Reisewarnung möchte ich, wenn überhaupt, hinsichtlich der Hauptstadt, Podgorica aussprechen. Die im zweiten Weltkrieg komplett zerstörte Stadt wurde in Jugoslawien als sozialistische Musterstadt neu erfunden und dementsprechend sieht sie nun aus. Das heißt nicht, dass man sie unbedingt meiden sollte, aber auch auf den gutwilligsten Osteuropaconnaiseur übt diese Stadt sehr wenig Anziehungskraft aus.
