Dieser Beitrag gehört zu der Arikelserie Projekt Radria I
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Die einen jubeln über das Filetstück der Reise, die anderen bibbern im Angesicht kommender Berge und lebensgefährlicher Abfahrten. Bei wem es sich hier um die „einen“ und die „anderen“ handelt, sollte relativ klar sein. Doch wie dem auch sei, es waren aufregende Wochen, die hinter uns liegen und den Chronisten vor eine schier unlösbare Aufgabe stellen. Doch weisen wir die kleinbürgerliche Furcht vor dem scheinbar Unmöglichen von uns und beginnen einfach.
Die Route:
- Die Straße von Sarajevo nach Pale gehörte zu den hektisch befahrensten der gesamten Tour. Nebenbei macht auch der ununterbrochene Anstieg und drei Tunnel diesen Streckenabschnitt äußerst unattraktiv. Es sei deshalb angeraten zumindest am Anfang für etwas Entspannung zu sorgen und den, parallel zur Straße verlaufenden „Radweg“ am Fluss zu wählen. Bis zur Ziegenbrücke hat man so noch etwas Wohlgefühl bis es unvermeidlich auf die Piste geht.
- Pale, die ehemalige Hauptstadt der Republika Srpska (Wir merken auf, denn wir sind also wieder in der Republika!) liegt 820m ü.M. und lädt nicht weiter zum Verweilen ein.
- Nach Pale beruhigt sich die Situation auf der Straße eindeutig. Die Hauptstoßrichtung der motorisierten Individualisten geht eindeutig an einer Straßengabelung kurz vor Pale Richtung Višegrad/Belgrad ab.
- Es gibt drei Varianten um die Drina zu erreichen (1. Über Nikolići nach Osanica – die kürzeste Route mit gewaltigem Anstieg und übel aussehenden Abstieg. Allerdings nur ein unbefestigter Forstweg, der allenfalls per pedes machbar erscheint; 2. Die Tunnelroute über Mesići – der längste, aber auch höhenmeterärmste Weg; 3. Ab Hrenovica über die Berge – enormer Anstieg, mittlere Distanz, aber schöne, wenig befahrene Straße mit erstaunlichen Aussichten) Es versteht sich von selbst, dass wir Variante 3 wählen mussten, nachdem wir die zwei anderen Möglichkeiten probierten, sie sich aber als unbefahrbar herausstellten (1. zu schlammig, 2. Brücke kaputt)
- Weiter geht es von Goradže bis Foča an der Dřina entlang auf gut ausgebauter, mäßig befahrener Straße. Der Blick auf die Drina entschädigt für jede Aufstiegsquälerei – ab jetzt verzaubern die Flüsse mit unendlich scheinenden Türkisvariationen, die nach den Schlammströmen der Vergangenheit einfach nur absurd wirken.
- Hinter Foča bestünde die Möglichkeit über die M18 gen Šćepan Polije direkt nach Montenegro rüber zu fahren. Man fährt hier auf einer der atemberaubensten Straßen des Balkans durch etliche Tunnel welche den Piva-Cañon gekonnt durchlöchern.
- Nach langem Zaudern entschieden wir uns schlussendlich dagegen und blieben in Bosnien. Die Straße nach Tjentište gehörte zu den anstrengendsten Strecken der bisherigen Tour. Obwohl es auch nur 500 Höhenmeter waren, wirkten sie aufreibender als die Höhenmeter vom Vortag. Die gewaltige Abfahrt, welche hierauf folgte und uns zum Nationalpark Sutjeska brachte, erledigte dann auch mögliche Ideen von einer eventuellen Rückkehr zur oben erwähnten Piva-Route nach absolvierten Wanderungen im Nationalpark.
- Zu Wanderungen im Nationalpark Sutjeska
- Die Weiterfahrt wird zum Teil von irrsinnigen Aussichten auf Sjuteska begleitet, und das bei recht annehmbaren Steigungen. Nach dem letzten sehnsuchtsvollen Blick auf Sjuteska windet sich die mäßig befahrene Straße erbarmungslos bis auf 1050m. Hier beginnt der Tschemerno-Tunnel vor dem wir schon längere Zeit enormen Bammel hatten. Doch die 2 km waren weniger schlimm als erwartet, da hier kaum Verkehr und der 2013 renovierte Tunnel zudem bestens beleuchtet war.
- Nach dem Tunnel ist das Land wie ausgetauscht: Klima, Landschaft und Vegetation haben einen deutlichen Sprung Richtung Mittelmeer unternommen
- Nach dem bezaubernden Klinije-Stausee, der einen kurz nach dem Tunnel anblinzelt, folgt eine muntere Abfahrt nach Gacko, welche wirkt wie ein leicht uninspiriert zusammengewürfelter Siedlungsversuch.
- Die weitere Strecke nach Bileća ist außer einem kleinen Aufstieg hinter Gacko recht angenehm zu fahren. Gute Straßenqualität und wenig Verkehr. Die Abfahrt nach Bileća ist dagegen lang und erfordert höchste Aufmerksamkeit.
- Letztlich kann für die Etappe von Bileća nach Trebinje der obenstehende Stichpunkt deckungsgleich verwendet werden.
- Von Trebinje nach Montenegro ist es nur noch ein Katzensprung, allerdings ausschließlich für sehr trainierte Bergkatzen. Die Straße bis Ušće (ca. 10km) hat kaum Steigungen und bietet fortwährend herzzerreißend schöne Ausblicke. Hier gibt es kaum Verkehr, da der Sog der Adria die Motorisierten auf ein erträgliches Maß reduziert.
- Der Aufstieg zur Grenze, welcher kurz hinter Ušće beginnt, hat es in sich. Leider ist der Grenzübergang Richtung Nudo nur für den kleinen Grenzverkehr gedacht und so muss der stolze EU-Bürger gut 200 Höhenmeter mehr erklimmen um über Kućista nach Montenegro zu wechseln.
- Kurz hinter der Grenze nimmt der Autoverkehr massiv zu und stört penetrant bis Grahovo
- Dafür gibt es ab Grahovo den absoluten Geheimtipp – ein wahres Schmankerl für Radler. Die M8 verbindet über die Höhenzüge des Karstgebirges Orjen, ist von hervorragender Qualität, fast unbefahrbaren und schafft es sich ohne allzu strenge Steigungen durch die Berge zu schlängeln. So hatten wir, völlig überrascht auf einmal unsere erste Fahrradstraße seit Österreich.
- Von Cetinje aus führt eine sehr stark frequentierte Schnellstraße ohne große Überraschungen nach Budva. Der erste Blick auf die Adria, der sich nach einem Tunnel offenbart, sprengt natürlich alles bisher Erlebte. Was lange leicht irreal unter der Losung #projektradria promotet wurde, traf nun endlich auch in der Wirklichkeit auf das angeschmachtete Gewässer.
- Obwohl wir Budva durchquerten, nahmen wir hier noch keine direkte Tuchfühlung mit dem Meer auf. Wir quälten uns mit noch etwas mehr massentouristisch durchwühlter Straße und tauchten erst nach einem weiteren staubigen und heißen Tag bei Bigova ab ins kühle Nass.
Was zu beachten ist:
- Ab Gacko wird die Lage eindeutig vertrockneter und siedlungsärmer. Man kann sich hier nicht mehr auf eine, die simple Grundbedürfnisse befriedigende Infrastruktur verlassen. Viele Dörfer sind verlassen und der übliche kleine Dorfladen fehlt in den meisten noch bestehenden Siedlungen. Ergo, die ausreichende Ausstattung mit Trinkwasser wie Proviant muss bedacht werden.
- In Bosnien und Montenegro gibt es keinen Spiritus. Für alle, die mit Spirituskocher unterwegs sind weil sie von Preis-Leistung, Umweltbilanz und ruhigen Brennverhalten überzeugt sind, sollten sich vor Bosnien reichlich damit versorgen. Es gibt ihn hier nicht, bzw. er macht sich sehr, sehr rar.
- Hinsichtlich der Straßenqualität weiterhin wachsam bleiben. Erst Montenegro ist die von maroden Straßen umtoste Insel der Glückseligkeit auf dem Südbalkan. Hier gleitet man unvermittelt wieder wie auf Schienen dahin.
- Wegweisern, ob an Wanderwegen oder Fernverkehrsstraßen sind generell mit größter Skepsis zu begegnen. Einerseits ist derlei Informationsgedöns sowieso relativ selten zu erblicken und wenn dann mit erschreckend widersinnigen und absurden Angaben
- Ich weiß nicht genau ob ich zuvor schon die Sache mit dem Hupen erwähnt habe. Als Gruß oder als Achtungssignal, ununterbrochen wird man hier zeitweise angehupt und ich kann nur kurz und bündig fordern: Lasst den Scheiß! Sofort und unverzüglich!!! Ihr seid laut genug mit euren Autos. Wir hören euch schon aus der Ferne. Mit dem Hupen schafft ihr es maximal uns zu erschrecken und das ist ja dann wohl maximal kontraproduktiv.
Kaum zu glauben, aber so kann Bosnien auch aussehen.
Es sind unter anderem diese methodisch unregelmäßig auftauchenden, liebevoll reingefrästen Löcher in sauberen Asphalt, die das Fahrradfahren zum bosnischen Roulette werden lassen.
Orte, die uns überrascht haben:
- Nationalpark Sutjeska – an anderer Stelle ist ja schon in ausführlicher Bergverliebtheit über dieses wunderschöne Gebirge berichtet wurden. Dennoch hier nochmals die dringende Aufforderung, diesem weltentrückten Naturschauspiel einen Besuch abzustatten.
- Der Tschemerno-Tunnel – plötzlich, komplett und unvermittelt ist Landschaft, Vegetation und Klima verändert. Ich liebe derartige Brüche im Kontinuum, welche man nur mittels langsamer und Freiluftfortbewegung in vibrierender Gänze spüren kann.
- Trebinje – ein Tipp aus dem Twitter-Universum richtete unsere Aufmerksamkeit auf diese Perle, welche gleichermaßen an die nahe Adria wie an die nicht minder nahen Berge Montenegros angeschmiegt in einem schattigen Tal das Auge des Betrachters erfreut. Neben Dubrovnik, Mostar und Kotor wohl die unbekannteste Weltkulturerbestation, doch der die Region bereisende sei wärmstens aufgefordert, dieses Städtchen zu besuchen. Sie ist es wert.
- Cetinje – die alte Hauptstadt Montenegros (bis 1918) ist ein über alle Maßen reizendes und überschaubares Städtchen. Einen hervorragenden Einblick in das was einen hier erwartet hat ein anderer begnadet schreibender Reisender hier dargelegt.
- Die M8 von Grahovo Richtung Cetinje ist eine relativ neue schmale Verbindung, die sich elegant und ohne unnütze Steigungen effektiv durch das Orjen-Gebirge schlängelt. Das schönste ist neben der exzellenten Straßenqualität jedoch die wohltuende Stille dieser Route, sprich: kaum Autoverkehr. So kamen wir seit Österreich quasi wieder in den Genuss eines Fahrradwegs und damit hätten wir hier nun wirklich nicht gerechnet.
Die Metamorphose einer Landschaft.
Übernachtungstipps:
- Autocamp Drina – wir kamen hier etwas erschöpft nach unserer zweiten 100-Kilometer-Etappe an, den drohenden Regen im Genick. Wir wurden freundlich begrüßt und erhielten zum kleinen Preis alles was ein Campingplatz haben sollte. Idyllisch an der Drina gelegen, bietet der Platz, welcher kurz vor Foča liegt noch einiges mehr um ihn auch als Basislager für Entdeckungstouren zu Lande und zu Wasser zu nutzen.
- Suha Camp – dieses Camp wurde schon im Sutjeska-Ratgeber lobend erwähnt. 6 Kilometer südlich von Tjentište, nach bester Partisanentradition im Busch versteckt, lockt das offizielle Camp mit einer großartigen Sicht auf die Berge und duftenden Bergwiesen.
- Am südlichen Ende des Klinje-Sees, direkt an der Staumauer findet sich ein beschauliches Plätzchen, was in unserer langen Reihe an traumhaften Zeltplätzen den Vogel abschoss. Es versteht sich von selbst, dass man vor dem Zeltaufbau noch kurz beim Staudammwärter anklopfen sollte. Derlei Höflichkeit wird dann auch bestimmt mit einigen Rakij belohnt.
- Camp Ušće – kurz vor der montenegrinischen Grenze, an einem kristallklaren Bergflüsschen gelegen, liegt dieses wunderfeine, kleine Camp. In familiärer Atmosphäre bekommt man auch hier alles was man braucht. Ein perfekter Abschied oder Willkommensgruß von Bosnien-Herzegowina
- Camp Oaza, bei Cetinje. Das „bei“ will hier wohl betont sein, denn von der Stadt ist es gut 4km und ca. 250Hm entfernt. Dafür wird man mit atemberaubenden Blick auf die zerklüftete Umgebung und liebevollen Service belohnt.
Statistik:
- 311 Kilometer, 25 Stunden reine Fahrzeit
- Pannen: 2 Platten, 1 Speichenbruch, 1 gebrochener Hinterradständer
- 22 Tage. Davon 14 Radtage, 4 Ruhetage, 4 Wandertage
Vielen Dank für die Verlinkung des Cetinje-Artikels, auch und vor allem, weil ich so auf diese Zusammenfassung dessen, was ich schon sporadisch bei Twitter verfolgen und genießen durfte, aufmerksam wurde.
Hallo Reisende! Nach einer (angesichts Eurer vielen Erlebnisse gewiss unbemerkten) erneuten Abstinenz auf diesen Seiten, habe ich nunmehr alle 3 zwischenzeitlichen Veröffentlichungen mit größter Aufmerksamkeit, verbunden mit Staunen, Freude und auch einer gewissen Melancholie gelesen. Einiges kam mir tatsächlich bekannt vor, wie z.B. das Empfinden von erlebten Ereignissen auf Reisen, welches sich in besinnlich Momenten oder in der Rückschau darstellen, als wenn sie sich alle an einem nicht zeitgebundenem Tag zugetragen hätten. Was für schöne Bilder Ihr gemacht habt!! Es ist für mich eine visuelle Teilhabe, die sich real anfühlt. Sehr schön! Zu einer nicht überlesenden Anmerkung des Autors bzgl. ersten Gästen auf Eurer Reise: Irgendetwas rumort gerade bei mir und wird wohl in einen Besuch münden, sofern genehm. Vorerst aber schöne Grüße und mein Wunsch nach weiterer Abstinenz von Unfällen und sonstigen nicht erwünschten Themen bei Euch!
Dobar dan! Es erfüllt uns mit unbeschreiblicher Freude, dass du weiter Anteil nimmst an unserer kleinen Reise. Deshalb an dieser Stelle auch einmal ausdrücklichen Dank für deine textilene Unterstützung. Du ahnst nicht in wie vielen Momenten ich schon dankbar gen Norden zurückgedacht habe. Es sind tatsächlich nahezu unverzichtbare Accessoires geworden. Wegen des Rumorens möchte ich dir in aller Offenheit sagen, dass deine Anwesenheit uns nicht nur genehm sondern ausgesprochen angenehm wäre. Ein grobes Menü wäre hierfür September Albanien sowie Oktober Griechenland mit Schwerpunkt Pellepones. Wählen Sie weise.