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- Der italienischen Reise zweiter Teil
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Schon viel zu lange zappelte diese entzückende Halbinsel verführerisch in meiner Vorstellung herum als dass sie nun endlich mit eigenen Augen erblickt werden musste. Dies bedeutete eine nicht unbedeutende Kurskorrektur, denn unser Ziel für das Restjahr war Italien, doch die Fama von idyllischen Stränden, antiken Steinhaufen und ein letztes Sielen im slawischen Sprachraum waren genug Gründe für diese kleine Extraschleife. Wir sollten es nicht bereuen.
Dennoch sollten unsere Erlebnisse in Istrien sehr unterschiedlich und unser Resumé dementsprechend zwiegespalten ausfallen. Beginnen wir zunächst mit dem Positiven: Die Küsten und Strände sind größtenteils wirklich wunderschön, das Wasser ist glasklar und schillert den ganzen lieben langen Tag allerliebst vor sich hin. Der venezianische Charme vieler Ortschaften gepaart mit der üppigen Mittelmeervegetation lassen selbst den abgebrühtesten Connaiseur mit der Zunge schnalzen. Und selbstredend finden sich auf diesem winzigen Zipfelchen noch etliche auserlesene antike Steinhaufen, die man keineswegs auslassen sollte.
Klingt doch eigentlich ganz annehmbar. Warum dann also zwiegespalten? Nun, wie bei den meisten wunderschönen Ecken auf diesem Planeten ist es leider nicht nur uns aufgefallen, dass es hier ganz nett sein könnte, sondern auch ein paar mehr Menschen, sogar sehr viel mehr Menschen, richtig viel mehr Menschen. Tscha, und mit sehr viel Menschen sind in der Regel einige der unangehmeren Begleiterscheinungen des freien Reisens und Daseins verbunden. So auch hier. Doch da wir uns entschieden hatten weder über Rijeka noch über Koper in Istrien einzureiten, sondern es vielmehr quer durch die Mitte zu versuchten, bekamen wir von dem ganzen Rummel der um uns herum tobte anfangs gar nicht so viel mit. Ganz im Gegenteil – pure Stille und allumfassende Leere empfing uns. Auf den ersten 30km bekamen wir es richtig mit der Angst zu tun da uns das Trinkwasser ausgegangen war und es in keinem der ausgestorben wirkenden Dörfchen Wasser zu geben schien und die Landschaft im Gegensatz zum gerade verlassenen Slowenien auch wenig Hoffnung auf Quellen bot.
Doch nachdem wir Wasser fanden, waren wir glücklich. Ein grünes, fruchtbares Land nur sporadisch durch Menschen, bzw. ihre blechernen Hüllen garniert. Überall blinzelten mich exotische Olivensorten an – es war ein Traum. Und schon damals dämmerte es uns wie das wilde Strandleben wenige Kilometer um uns herum toben könnte. Doch als wir uns dann l zaghaft und bedacht an die Küste wagten und somit erstmals das „Projekt Radria II“ mit seinem Zielobjekt in Berührung kommen ließen, wirkte alles noch friedlich, ja nachgerade idyllisch. Die Sommerferien waren in den meisten deutschen Bundesländern vorbei und so begrüßte uns die touristische Infrastruktur mit gähnender Leere und die Strände überboten sich mit reizvollen Stellen zum Faulenzen.
Doch nachdem wir den südlichsten Zipfel, die Halbinsel bei Premantura verließen und auf der westlichen Seite gen Norden fuhren, nahmen wir schnell Kontakt auf zur dunklen Seite der Macht. Die gesamte Küste vom, aus historischer Sicht spektakulären Pula bis hinauf nach Poreč ist größtenteils in der Hand jener, die der Ansicht sind, es würde einen paradiesischen Ort bestimmt gut zu Gesicht stehen, wenn man ihn gnadenlos mit gesichtslosen Betonbauten ausschmückt. Eine Klimbim-Kneipe reihte sich an das nächste stillose Restaurant an den nächsten Plastik-Wellnessbereich – und dazwischen quetschten sich endlose Trauben von erholungserzwingenden Mitteleuropäern. Wahrscheinlich waren es genau diejenigen von deren finanziellen Einbußen man bisweilen soviel liest. Es war tatsächlich ein Jammer, ihnen zuschauen zu müssen wie sie hier allerorten ihre letzten Notgroschen für frisch aufgetaute, überteuerte Meeresköstlichkeiten ausgeben mussten.
Hinter Poreč, spätestens ab Novigrad normalisiert sich die Situation dann urplötzlich. Sei es weil die Hafenstädte ab hier nich mehr ganz so pittoresk sind, sei es weil die nahen Häfen von Koper und Trieste den Heile-Welt-Charme der kostbaren zwei Wochen Auszeit etwas trüben könnten. Wir genossen die Ruhe und die lang vermisste Nebensaison-Patina und tingelten langsam und stilsicher mit dem definitiv empfehlenswerten „Parenzana“ raus aus Istrien.
Exkurs Olivenkultur
Hinsichtlich der Mutter aller Bäume und deren unübertroffener Früchte würde ich mich als zweifellos parteiisch aber keinesfalls als voreingenommen bezeichnen. Längere Hospitationen und Arbeitseinsätze im hellenischen Olivenkosmos haben mich schlichtweg überzeugt, dass hier in Bezug auf Vielfalt, Anbau, Verarbeitung und natürlich Geschmack einiges richtig gemacht wurde. Doch ein kurzes Einlesen in die istrische Olivenkultur ließ aufmerken: Eine Koexistenz von importierten und einheimischen Sorten verhieß schon mal besseres als die expansiven Einheitsplantagen wie sie vorzugsweise Spanien und Italien betreiben. Demzufolge konzentrierte ich meinen Blick und versuchte zumindest ein paar der zehn wichtigsten einheimischen Arten auszumachen. Erstaunlich und mir nicht wirklich erklärlich blieb dabei die Beobachtung, dass es auf der gesamten Halbinsel so gut wie keine wirklich alten Olivenbäume gab. Alles sah ein wenig so aus als hätte man nach einem verheerenden Brand oder einem bösartigen Blizzard vor 30-40 Jahren noch einmal von vorne beginnen müssen. Meine Recherchen erbrachten diesbezüglich nichts, wohl aber hinsichtlich der Sortensuche. Speziell Črnica (mittelgroße bis große Art an langen Stielen), Buža (mittelgroß, unsymmetrisch ellipsenförmig) und Drobnica (oval und klein, vergleichbar mit der Koroneïki) fallen sofort ins Auge. Auch der gemischte Anbau verschiedener Sorten unterstützt von kleinwüchsigen Weinreben gefiel mir sehr. Bliebe nun nur noch das entscheidende Kriterium: der Geschmack. Und hier stößt natürlich auch solch eine langfristige Reise wie diese an ihre Grenzen. Das begriff ich spätestens als ich im Olivenöl-Museum von Pula vor der riesigen Auswahl an Möglichkeiten stand. Das eine Öl welches ich herauszog, gehörte zweifelsohne in die Kategorie gehobenes Mittelmaß und ich denke, dass da noch einige unbekannte Geschmacksnoten zu finden wären. Ergo, Griechenland hat einen kleinen, aber überaus feinen Konkurrenten.
Empfehlungen
- Pula – ein Muss, allein des Amphitheaters wegen, eines der größten von den Römern erbauten Exemplaren
- Bale – für den Liebhaber ruhiger Entdeckung, hier gibt es zwar keinen Hafen sonst aber alles was man braucht und das sogar ohne Menschenmassen
- Rovinj – hübsches, historisch interessantes Hafenstädtchen, natürlich knackevoll mit Touristen
- Poreč – siehe oben
Übernachtungsträumchen
Wir fanden viele schöne und abgeschiedene Übernachtungsplätzchen, doch sollte man zwischendurch auch mal ein Platz für Strom, WLAN und Dusche suchen, kann ich hier eine Empfehlung herausgegeben und zwar den Campingplatz Puntica kurz vor Poreč. Für schlappe €14 erhielten wir hier Obdach und alles was wir brauchten auf die beste, nämlich unkomplizierteste Weise.
Dass viele von denjenigen, die am laustärksten jammern, vor dem befürchteten Erfrieren und Verhungern immer noch einen zweiwöchigen Urlaub rausquetschen müssen, ist mir auch schon aufgefallen.