Bulgarien hat es bei mir stets leicht gehabt. Sprachlich, landschaftlich und kulinarisch trifft das kleine entspannte Balkanländchen genau ins Schwarze, auch die Menschen hier – aber Moment mal, wäre für die traditionellen abschließenden Worte nicht erst die Türkei an der Reihe? Völlig korrekt, doch ich muss um Geduld bitten. Der fast fünfmonatige Aufenthalt braucht noch etwas Zeit um gebührend verarbeitet zu werden. Aber keine Sorge, meine, ein episches Ausmaß annehmen zu drohende Ausführungen zur Türkei werden kommen. Daher zurück zu Bulgarien, da dies eher schnell und ohne größere Probleme absolviert werden kann. Denn schließlich hat es nicht nur Bulgarien bei mir leicht gehabt, glücklicherweise war es andersrum auch der Fall.
Lange, viel zu lange war ich nicht mehr hier und ein wenig Sorgen machte ich mir im Vorfeld schon ob die EU dem kleinen Bulgarien sonderlich gut getan hat. Doch diese Sorgen waren völlig unbegründet, zumindest nach dem was wir in der empörend kurzen Zeit von sechs Tagen erleben durften. Freundliche Menschen, unfassbar schmackhaftes Essen und eine Kollektion an entzückenden Bergen umrahmt von herrlicher Natur – vielmehr braucht es wirklich nicht um mich zu begeistern. Doch Bulgarien hat noch einiges mehr. Zum Beispiel ein funktionierende, preiswerte Eisenbahn und eine wunderschöne Sprache. Natürlich machte es auch einiges aus, dass wir kurz nach der Coronafonie einreisten und als eine der ersten Touristen all die sonst überfüllten Plätze fast ganz für uns allein hatten. Ein Spaziergang durch die unfassbar romantische Altstadt von Plovdiv oder die ausladenden Alleen Sofias – wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, wäre eine Wanderung durch das Rilagebirge ein herrlich einsames Vergnügen gewesen.
Doch leider muss auch erwähnt werden, dass zumindest auf dem Land immer noch eine erschreckende Armut herrscht. Mitunter ertappte ich mich sogar bei dem Gedanken, dass das Ausmaß der sichtbaren Armut sogar noch zugenommen hatte, verglichen mit dem Bulgarien meiner Erinnerung. Jedenfalls hat ein EU-Beitritt auch hier ganz offensichtlich nicht dafür gesorgt, die sozialen Missstände zu beseitigen.
Was gibt es noch hervorzuheben, was ist noch besonders in Bulgarien? Eine Kleinigkeit vielleicht, aber was mir gleich zu Beginn auffiel – die Bulgaren lesen. Echte Bücher aus Papier. Überall. Angesichts des Umstands, dass ich in allen zuvor bereisten Ländern wissentlich keinen einzigen Menschen in lesendem Zustand erblicken durfte, waren die zahlreichen Leute, die sich in dicken Wälzern versenkten, tatsächlich etwas ganz besonderes. Ansonsten habe ich nicht viel mehr hinzuzufügen. Dies mag einerseits daran liegen, dass unser Aufenthalt hier, wie bereits erwähnt, eindeutig zu kurz war, andererseits auch darauf hindeuten, dass wir uns hier einfach rundum wohl fühlten.
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