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- Pro Land ein Buch: Der Derwisch und der Tod
- Pro Land ein Buch: Wolga, Wolga
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- Pro Land ein Buch: Die Pyramide
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- Pro Land ein Buch: Schnee
- Pro Land ein Buch: Macht und Widerstand
- Pro Land ein Buch: Das Spiel der hundert Blätter
- Pro Land ein Buch: Die Jakobsbücher
- Pro Land ein Buch: Jaroslav Rudiš
- Pro Land ein Buch: György Dalos
- Pro Land ein Buch: Drago Jančar
- Pro Land ein Buch: Auf der Suche nach Italien
- Pro Land ein Buch: Italienische Krimis
- Pro Land ein Buch: Sachbücher über Italien
- Pro Land ein Buch: Sizilien
- Das Jahr 2022 in Büchern
- Pro Land ein Buch: Die Großmächtigen
- Pro Land ein Buch: Der Weg des Helden
- Pro Land ein (paar) Bücher: Frankreich (Kinder- und Jugendbücher)
- Pro Land ein (paar) Bücher: Frankreich (Sachbücher)
- Pro Land ein (paar) Bücher: Belletristik, Klassiker – Erwachsenenliteratur
- Pro Land ein Buch: Leeres Spanien (Sachbuch)
- Pro Land ein Buch: Don Quijote
- Das Jahr 2023 in Büchern
- Pro Land ein Buch: Die portugiesische Reise
- Die Sachbuch-Revue: Arabien und Islam
- Pro Land ein Buch: Leïla Slimani und Mohammed Choukri
- Pro Land ein Buch: Reise ohne Wiederkehr
- Pro Land ein Buch: Die Griechen. Eine Globalgeschichte
- Pro Land ein Buch: Am Himmel die Flüsse
Es war ein wirklich erlebnisreiches Bücherjahr: 64 Bücher – 20.823 Seiten. Es waren Wälzer mit 1488 Seiten (Don Quijote) und kurze Gute-Nacht-Geschichten (Der Gott des Gemetzels) mit schüchternen 80 Seiten dabei. Glücklicherweise waren auch dank meiner selbstauferlegten Mission, für jedes durchradelte Land (mindestens) ein Buch aus jenem Land zu lesen, einige absolute Erweckungserlebnisse dabei. Aber auch neben dieser „Diät“ gönnte ich mir einige Bücher, die mit der durchreisten Region denkbar wenig zu tun hatten und auch hier fand ich ein paar empfehlenswerte Juwelen. Auf die eindrucksvollsten Lektüren werde ich im Folgenden eingehen, wie ich auch auf die gröbsten Zeitverschwender noch etwas Zeit verschwenden werde indem ich ein paar Worte der Warnung zu finden versuche.
Das erste Drittel des Jahres war zu beinah gleichen Anteilen eine nordafrikanisch/arabische wie auch italienische Erfahrung. Für den ersten Kulturraum war ich belletristisch ich mit „Die Großmächtigen“ von Hédi Kaddour unterwegs und eher mittelmäßig angetan. Eine behäbig ansetzende Geschichte, bräsige Charaktere – alles ein wenig fad. Dagegen fand ich ein unglaublich gutes Sachbuch zu dieser, mir so emotional fernen, und kulturell fremden Weld des Islamiversums. „Die unbekannte Mitte der Welt“ von Tamim Ansary stattete mich mit dem wesentlichen Rüstzeug aus um all das um mich herum wenigstens in Grundzügen zu begreifen. Ich habe hiernach noch einiges in diese Richtung gelesen, aber nichts hat mir danach mehr so viel gegeben wie dieses doch recht schmale Büchlein. Ganz große Leseempfehlung!
Angekommen in Italien, entschied ich mich aus einer Laune heraus für ein weiteres Buch zum Gastgeberland, obwohl ich Italien ja eigentlich per Roman wie Sachbuch genügend abgefrühstückt hatte und von beiden Erlebnissen sehr angetan war, konnte ich bei dem Setting von Tim Parks‘ „Weg des Helden“ einfach nicht widerstehen. Es ging um die mir in Grundzügen sympathische aber nicht endgültig verständliche Figur Garibaldi und seiner Rolle bei der italienischen Nations(er)findung. Ich lag in Sardinien am Strand, genoss die warme Frühlingssonne und blickte auf Caprera, jene Insel auf die sich der auf Abstellgleis geschobene, alternde Revolutionsheld an seinem Lebensabend zurückgezogen hatte. Und hier las ich von seiner aussichtslosen Wanderung durch das bergige. italienische Hinterland in längst vergangener Zeit. Erzählt von einem Engländer, der mit seiner italienischen Frau versuchte die historische Gariabaldi-Route nachzuwandern. Seine, mir achso bekannt vorkommenden Erfahrungen eines Non-Automobilisten in der italienischen Provinz, gepaart mit den packend und dennoch trocken erzählten Beschreibungen der Revolutionäre knapp 150 Jahre zuvor – ein absolutes Ausnahmebuch! Nach genau solchen Büchern bin ich eigentlich immer auf der Suche…
Das zweite Jahresdrittel war fast komplett dem zutiefst verehrten Frankreich gewidmet. Tja, und hier muss ich gestehen, irgendwie gelang es mir nicht aus diesem gigantischen, einschüchternden Konvolut an Literatur diejenigen Werke auszuerwählen, welche mich so richtig beeindruckt hätten. Und auch sonst tingelte ich eher mittelinspiriert durch meine Lektüreauswahl. Heinz Strunks‘ „Gelber Elefant“, eine Kurzgeschichtensammlung, hatte gewisse Höhepunkte und auch Lea Ypis „Frei“, eine liebevolle Betrachtung der albanischen „Wende“ mit dem mich entzückenden Untertitel „Erwachsenwerden am Ende der Geschichte“ ließ mich zeitweise aufmerken. Aber so ein richtiger Paukenschlag wie zu Beginn des Jahres war leider nicht dabei.
Diese Aura der Mittelmäßigkeit sollte zum Ende des Jahres abrupt enden. Denn ich stolperte noch in Frankreich unerwartet über ein phänomenales Buch. Prinzipiell gehörte Bernard Werbers „Die Ameisen“ sogar noch zur „Pro Land ein Buch“-Mission, obwohl es genaugenommen etwas geschummelt war, denn eigentlich gehört es zu den ungeschriebenen Gesetzen dieser „Mission“ einen Roman und/oder ein Sachbuch zu finden, in dem man etwas über das jeweilige Land erfährt, vorzugsweise natürlich gerne von einem Einwohner jenes Landes. „Die Ameisen“ spielen zwar in Frankreich, aber das war es dann aber auch schon an landesbezogenen Details, denn es dreht sich hier im wesentlichen um, wie es der Titel ja schon subtil andeutet, Ameisen. Es handelt sich um ein bemerkenswertes Buch, dem es in meinen Augen gelingt, Science-Fiction auf eine neue Ebene zu hieven. Nicht in den Sternen, Paralleluniversen oder der Zeit kann man Möglichkeiten ausloten und auf Unmöglichkeiten spekulieren, nein, hier unter uns, allzeit sichtbar im Gewöhnlichen Ungewöhnliches auszumachen und dabei noch halbwegs glaubhaft zu bleiben sowie einen spannenden Handlungsstrang zu fabrizieren. Chapeau!
Bei den nächsten beiden Höhepunkten des Lesejahrs 2023 handelt es sich um Sachbücher und, das ist intereessant, da ich bei mir eine immer stärker werdende Hinwendung zum Sachbuch entdecke. Woran das genau liegt, weiß ich nicht wirklich, aber zum Teil vielleicht an solch exzellenten Vertretern ihrer Zunft wie dem „Handbuch für Zeitreisende“ sowie „Erzählende Affen“. Ich will nicht groß eingehen auf die Inhalte der zwei Bücher, denn das würde den Rahmen dieser kleinen Revue bei weitem sprengen. Nur soviel: Beide Bücher hausieren auf derart unterhaltsame Weise mit Wissen, dass jeder halbwegs neugierige Mensch hier eine großartige Zeit haben wird. Eintauchen, die Welt ausschalten und dennoch über sie nachdenken, genau nach diesem Erlebnis suche ich wenn ich nach Büchern suche.
Und dann kam auch noch Don Quijote… Diesem außergewöhnlichen Leseerlebnis habe ich ja schon eine eigene Lobhudelei gewidmet. Hier soll daher nochmals mein Dank an den geschätzten Hidalgo Miguel de Cervantes Saavedra, den Ritter von der traurigen Gestalt, Sancho Pansa, seinen geliebten, aber leider namenslos gebliebenen Esel, Dulcinea del Toboso und viele, viele mehr gehen. Ach, und ein Extradank geht natürlich an all die hieran beteiligten Lektoren, Übersetzer und Einsprecher. Angesichts dieses grandiosen Meisterwerks habe ich mehr als üblich währenddessen an euch gedacht.
Nach all dem Lob kommen wir nun zum Abgesang der Goldene Karpfen, mein neu gestifteter Negativpreis für das, aus meinen Augen schlechteste Buch des Jahres 2023 geht an:
„Arsène Lupin, der Gentleman-Gauner“ von Maurice Leblanc
Auch dieses Buch habe ich im Zuge meiner Frankreich-Exkursion gelesen und mich demzufolge schon ausreichend darüber ausgelassen. Ich schiebe große Teile meiner Entrüstung tatsächlich immer noch auf die desaströse Übersetzung, ja ich vermutete sogar erstmals eventuell Opfer einer KI-Übersetzung geworden zu sein. Aber auch bei formidabelster Übertragung von Sprache zu Sprache nagt mehr als ein leichter Zweifel in mir ob mich dieser Roman jemals halbwegs begeistern könnte.
Und starte ich voller Vorfreude in ein hoffentlich aufsehenerregendes Lesejahr 2024. Im übrigen nehme gerne Tipps für Literatur aus und über Marokko, Mauretanien, Senegal, Mexiko und Iran entgegen.
Wer nicht nur gerne liest sondern sich auch darüber hinaus vernetzen möchte, findet mich bei Goodreads, und READO (@saszito) und seit neuestem auch bei storygraph. Jaja, die Unzufriedenheit meinerseits mit Goddreads ist so groß, dass ich beginne die Alternativen auszuloten.