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Hinter Glas von Robert Merle
Robert Merle ist spätestens seit Malevil für mich ein Garant von gleichermaßen tiefsinniger wie packender Literatur. Seit langer Zeit griff ich nun, im Dienste der Frankreich-Mission zu einem seiner Bücher. Dabei scheint „Hinter Glas“ eher zu den etwas in Vergessenheit geratenen Romanen zu gehören. Das Thema der Studentenrevolte von Nanterre in den späten 60ern des letzten Jahrhunderts mag vielleicht etwas Staub angesetzt haben, doch angesichts der Revöltchen, die die Gegenwart zu bieten hat, kann solch ein Blick zurück, ins Aufbegehren der Altvorderen seinen Reiz haben. Nun ist die Historie um die 68er vielleicht auch schon einmal zu oft erzählt wurden. Doch in diesem Roman steckt viel mehr als eine schlichte Beschreibung der Studentenrevolte. Es ist ein vielschichtiger, mehrdimensionaler Kosmos an Menschen, Gefühlen und Sichtweisen. Das Kaleidoskop der Perspektiven reicht vom algerischen Hilfsarbeiter auf der Uni-Baustelle, über zahlreiche Studenten und Studentinnen, die Hausmeister bis zum Dekan (u.v.m.) und schafft es dabei, sich nicht zu verheddern sondern einen stringenten, bzw. mehrere sich bedingende und ausschließende Handlungsstränge zu präsentieren. Die häufigen Perspektivwechsel innerhalb der Kapitel sind gekonnt umgesetzt und wirken weder erzwungen noch verwirrend. Auch wenn die Erzählweise manches Mal etwas plump daherkommt, gewinnt man überraschend oft erhellende Erkenntnisse über die menschliche Natur und die altbekannten Hemmnisse und Behäbigkeiten an denen der gesellschaftliche Fortschritt seit Menschengedenken krankt.
Lehrjahre der Männlichkeit von Gustave Flaubert
Dieses Buch, welches im Französischen „L’Éducation sentimentale, Histoire d’un jeune homme“ heißt, ist der letzte vollendete Roman von Gustave Flaubert. Im übrigen konnte man sich im Deutschen auch lange nicht für einen passenden Titel einigen, so trug der Roman im Laufe der Zeit die unterschiedlichsten Titel wie: Die Erziehung der Gefühle, Die Erziehung des Herzens, Die Erziehung des Gefühls, Lehrjahre des Gefühls, Lehrjahre des Herzens, Die Schule der Empfindsamkeit und Der Roman eines jungen Mannes. Ich habe mich auf jeden Fall bestens unterhalten gefüht von diesem prallen Sittengemälde. Eine abwechslungsreiche Erzählung mit hervorragend gezeichneten Charakteren und einem überquellenden Themenangebot. Ein Erzähler, dem ich mich zweifelsohne näher fühle als so manchem Romancier meiner Zeit.
Die Anomalie von Hervé le Tellier
Bei diesem und dem folgenden Roman habe ich mir erlaubt, ein wenig zu schummeln. Denn ich las diese Bücher weder auf dieser Reise noch in Frankreich, sondern schon geraume Zeit zuvor. Ich war von beiden Büchern jedoch derart angetan, dass ich sie an dieser Stelle empfehlen möchte. Worum geht es nun in der „Anomalie“? Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt − sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt. Ein definitiv spannendes Szenario über dessen Weiterentwicklung und Auflösung ich mich hier nun keinesfalls äußern darf. Eines darf ich aber definitiv sagen: Es lohnt sich. Hier handelt es sich keinesfalls um einen dieser zahlreichen Etikettenschwindeleien, die mit einem aufregenden Plot locken, in Sachen Weiterentwicklung der Handlung und einem durchdachten Ende aber komplett versagen. Dies ist hier nicht so.
Die Eroberung von Laurent Binet
Der zweite Roman gehört zu einem meiner Lieblingsgenre, der Alternativgeschichte. Folgende Gedankenkonstruktion wird hier mit ungebremster Lust am Spekulieren zum Leben erweckt: Was, wenn in der Geschichte Europas zwei Dinge anders gelaufen wären? Erstens: Die Wikinger wären mit Pferden und eisernen Waffen bis nach Südamerika gesegelt. Zweitens: Kolumbus wäre nie aus Amerika zurückgekehrt. In diesem Fall erobern die Inkas Europa. Sie landen im 16. Jahrhundert in Portugal, besiegen Karl V. in Frankreich und die Anhänger der Inquisition in Spanien. In Deutschland helfen ihnen die Fugger, das viele Gold zu verteilen. Im Herzen von Paris wird eine Pyramide errichtet, in Wittenberg schlägt man nach Luthers Tod die „95 Thesen der Sonne“ an. Federschmuck ziert die Häupter der Europäer, auf den Feldern wächst Quinoa, Schafe sind heilig… Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt? Ich kann dieses Buch einfach jedem empfehlen, der dem Genre Alternativgeschichte nur halbwegs etwas abgewinnen kann. Vielleicht ist es sogar etwas für Leser, die mit dieser Art von Büchern bisher noch gar keine Berührung hatten. Eine packende, komplexe und teilweise sogar humorvolle Erzählung.
Die Ameisen von Bernard Werber
Auf der Suche nach anderen Intelligenzen durchsuchen wir den Weltraum obwohl eine andere Intelligenz neben, bzw. unter uns weilen könnte. Eine Idee, die zumindest beweist, dass hochwertige Science-Fiction auch ohne Außerirdische und sonstigen Firlefanz auskommen kann. Ein spektakuläres Buch nachdem man große Teile seiner Umwelt mit neuen Blick betrachtet. Zudem ist der zweite Teil Pflicht. Wer hätte das gedacht? Ein spannender, in sich logischer Roman, welcher unsere Welt mit der Insektenwelt verknüpft.
Der glückliche Tod von Albert Camus
Klar, das schlechte Gewissen, etwas gegen den ausdrücklichen Wunsch des Autors zu lesen, kann man nicht abschütteln. Aber zumindest hat es sich in meinen Augen gelohnt. Ich kann die Camus-Experten nicht verstehen, welche behaupten, hier das „mittelmäßige Resultat“ einer noch „armen Phantasie“ zu erkennen. Ganz im Gegenteil, ein virtuoses Erzählstück in dem noch nicht alles professionell verschlüsselt und codiert ist. Auf diese Weise erhält man unverstelltere Einblicke in Camus‘ Leben wie sein Leben in Algerien, sein Leiden an der Tuberkulose und seine Reisen durch Europa. Für mich eine der kurzweiligsten und leicht zu erschließender Roman von Camus.