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- Die besten Gerichte von draussen
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- Der italienischen Reise zweiter Teil
- Der italienische Reise dritter Teil
- Einblicke ins Reisetagebuch
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- Così fan i tunisini
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- Von Menschenhaufen und anderen Platzhengsten
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- Z Nysy do Nysy
Das Eiserne Tor – das wahrscheinlich eindrucksvollste Durchbruchstal Europas. Erneut radelten wir mit offenen Mündern durch diese spektakuläre Naturerscheinung. Doch ich staunte noch ein wenig mehr als ich erfuhr, dass man hier, noch vor einem Jahrhundert, die kniffligste Passage mithilfe von Lokomotivenkraft ertreidelte. Als Treidler fühlte ich mich bisweilen ja auch ein wenig, daher erkundigte ich mich umgehend nach den Details dieser heute schwer vorstellbaren Route. Es handelte sich dabei um einen 2,63km langen Inselbetrieb, welcher nach Bau des Gemeinschaftskraftwerks „Eisernes Tor 1“ sang- und klanglos Ende 1969 im Đerdap-See versank.
България – Moment mal: ъ ? Also nicht Bulgarien, sondern B’lgarien? Balgarien? Oder wie!? Ich war zutiefst irritiert. Und vor allem beschämt, fiel mir das doch erst jetzt auf. Ich war in den 90ern zwei Monate durch dieses Land gewandert, visitierte danach mit Union (2001, Liteks Lowetsch) im Rücken oder Covid im Nacken (2020, Projekt Radria I) dieses gleichermaßen reizvolle wie interessante Land – doch offensichtlich fiel mein Blick nie auf diesen Buchstaben, der dem durch Russisch geprägten Leser in mir doch zweifellos hätte auffallen müssen.
Ъъ
Das Bulgarische gleicht sonst dem russischen Alphabet wie ein яйце dem яйцо – doch speziell dieser Buchstabe steht im Russischen für ein hartes Zeichen (russ. твёрдый знак – twjordy snak), ist ein sogenannter Modifikator und steht somit nicht für einen eigenständigen Laut. Sprich, bzw. eben nicht auszusprechen für Russischleser.
Im Bulgarischen jedoch repräsentiert dieser kleine Buchstabe einen „ungerundeten halbgeschlossenen Hinterzungenvokal“. Ein Vokal also, sogar ein für „das Bulgarische typischer Vokal“. Da schau an! Aber klar, wenn es kein irgendwie gearteter Vokal gewesen wäre, würde man България wirklich nur unter schwersten Anstrengungen aussprechen können. Der Laut ähnelt dem deutschen „Murmellaut“ [ə] (zum Beispiel wben jenem E in murmeln) oder auch der zu einem a-ähnlichen Laut reduzierten Endsilbe -er (zum Beispiel in Kinder).
Im Gespräch mit B(?)lgaren erfuhr ich, für welche zusätzlichen Scherereien dieser Buchstabe seit dem EU-Beitritt gesorgt hatte. Blieb es seit der Unabhängigkeit 1878 dem sympathischen Balkanstaat selbst überlassen wie er den fraglichen Buchstaben transkribierte, sorgte die angleichende Macht aus Brüssel für einen anderen Wind. Als die EU im Jahre 2008 auf ihr drittes Alphabet stieß, forderte sie unbedingte Eindeutigkeit bei der Transkription. Demzufolge gründete man flugs eine Kommission aus den, für solche Fälle geeigneten Auskennern und postulierte verbindliche Regeln wie das kleine ъ (keine Sorge, am Wortanfang kommt der Buchstabe nur im Wort ъ́гъл vor, zu deutsch ‚Winkel‘) alle Zeiten zu latinisieren wäre. Das führt nun dazu, dass hauptsächlich Namen, denn diese betrifft es im internationalen Kontext ja hauptsächlich, eine Umbenennung erleben durften. Eigentlich ging es hier meist nur um die große Entscheidung zwischen „A“ und „U“, und ja, es bleibt für den Rest der Welt weiterhin bei Bulgarien. Wer macht denn sowas, den Ländernamen einfach umbenennen? Das wäre ja nun wirklich irre!
Als ich so friedlich-fröhlich an der trägen Donau entlangradelte und gerade das Eiserne Tor hinter mich gebracht hatte, erblickte ich kurz nachdem ich Bulgarien erreicht hatte, eine beeindruckende Brücke über diesen breiten Strom. Jene, erst seit gut zehn Jahren (2013) bestehende Überquerung hört auf den marktschreierischen Titel „Donaubrücke 2 – Brücke Neues Europa“ und ist vor der Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke die vorletzte Brücke über die Donau bis zum Schwarzen Meer. Angesichts des gewaltigen Donaumeers mag man das verstehen und dennoch nur zwei Brücken auf den gut 600km, die die Donau hier die Grenze zwischen Bulgarien und Rumänien darstellt? Irgendwie kam mir das schon recht spärlich vor. Und da ich, wie offensichtlich jeder Mann mindestens einmal am Tag ans Römische Reich dachte, schwante mir auch in diesem Fall, dass die alten Römer bezüglich des Brückenangebots in diesem Abschnitt wahrscheinlich gnadenlos überlegen waren. Und tatsächlich, dem war so! Das unübertrefflichste Husarenstück an Ingenieurskunst stand wohl gleich am Eingang zum Eisernen Tor (vom Schwarzen Meer aus gesehen, versteht sich). Die Trajansbrücke – 105 n. Chr. unter dem römischen Kaiser Trajan fertiggestellt war die erste dauerhafte Brücke über die untere Donau. Mit einer Gesamtlänge von über 1,1 Kilometer war sie damals die längste erbaute Brücke der Welt und blieb dies, obwohl sie schon nach 165 Jahren zerstört wurde, über ein Jahrtausend lang.
Aber dieser glanzvolle Höhepunkt der umtriebigen antiken Brückenbauer war natürlich nur der Anfang. Ganze vier weitere Brücken zogen sie über den, auch vor zwei Jahrtausenden schon mächtig gewaltigen Fluss.
- Cornelius Fuscus’ Brücke zwischen Vadin und Orlea
Vadin (Fertigstellung 87 n.Chr.) - eine weitere Brücke Trajans bei Lederata (in etwa dort wo wir mit dem EuroVelo 6 von der Vojwodina nach Ram übersetzten) Fertigstellung: 101 n. Chr.
- Brücke von Konstantin dem Großen zwischen Sucidava (heute Corabia, Rumänien) und Oescus (heute Gigen, Bulgarien) Man vermutet, dass sie vollkommen aus Stein errichtet wurde. Fertigstellung: 328 n.Chr.
- Schon kurz vor dem Mündungsdelta in der heutigen Dobrudscha – die Brücke von Kaiser Valens zwischen Daphne und Noviodunum (Isaccea, heute Rumänien) ; Fertigstellung 367 n. Chr.
Kommen wir von solider grenzüberschreitender Technologie zu den irrlichternden Leitgestirnen nationalistischer Wirklichkeitsgestaltung: Hristo Botev – diesem Namen begegnet man heute in Bulgarien an jeder Ecke: unzählige Straßen und Plätze, Schulen, Stadien, ja sogar ein Berg, eine Stadt und ein Fußballverein wurden nach diesem Inbegriff des nationalen Märtyrers benannt. Auch außerhalb Bulgariens kann man mit etwas Glück auf die Spuren von Botev-Verehrung treffen: So schwirrt irgendwo im All ein einsamer Asteroid mit seinem Namen herum und in der Antarktis wurde eine Landspitze und noch ein Berg nach ihm benannt. (Die ausführliche Liste aller Benamsungen findet sich hier auf bulgarisch) In Wahrheit handelte es sich, wie so oft bei derlei ausufernden Verehrungsorgien und Vereinnahmungsexzessen um einen bescheidenen und empfindsamen Menschen, der wie viele andere durch die Geschichte stolperte und erst im Nachhinein von politischen Kräften be- und ausgenutzt wurde. Seine Funktion als einer der wichtigsten Nationaldichter ist dabei genauso fragwürdig wie seine überragende Rolle als Freiheitskämpfer oder gar Revolutionär. Im Laufe seines kurzen Lebens (1848-1876) schrieb er gerade einmal 20 Verse und seine politische Bilanz sieht fast noch ernüchternder aus: Mit ein paar Dutzend seiner emigrierten Freunde entführte Botew am 17. Mai 1876 den österreichischen Donau-Raddampfer Radetzky nach dem Dorf Koslodui in Bulgarien, um ein Wiederanfachen der Aufstandsbewegung in Bulgarien zu erreichen. Christo Botew fiel drei Tage nach seiner Ankunft durch eine Gewehrkugel. Der Rest seiner Truppe wurde wenig später gefangen genommen oder hingerichtet. Ja, nun, ich hab es ja nicht so mit Helden und anderen humorlosen Missionaren, aber das geht längst nicht allen so: Botev gilt auch in der Gegenwart noch als einer der zehn größten Bulgaren und sogar Ursula von der Leyen kennt und zitiert ihn (wahrscheinlich aber nicht im Original). Erst in diesem Jahr (Bulgarien hat übrigens seit dem 9.Juni 2024 keine Regierung, auch 2021 brauchte es drei Wahlen für eine arbeitsfähige Regierungsmehrheit) rezitierte sie auf einer Wahlveranstaltung die Verse Derjenige, der im Kampf für die Freiheit fällt, stirbt nicht (aus dem Bulg. etwa Тоз, който падне в бой за свобода, той не умира) aus Botews Gedicht »Chadschi Dimitar«.
These: Der Balkan ist die weltweit führende Region mit den meisten und unterschiedlichsten Versionen für das Wort Danke. Außerdem sollte auch in der Disziplin Silbenanzahl ein vorderer Platz in der Weltdankliste drin sein. Für den höflichen Radnomaden natürlich eine Herausforderung sondernormen, da sich, egal wie wenig man mit der Landessprache klarkommt, das Dankeswort erlernt man immer und daher verankert es sich auch stets solide passiven Sprachgedächtnis.
Das Schwarze Meer – war es für uns nach über einem Vierteljahr Meerlosigkeit und einem unfassbar heißen Sommer in jeder Menge Pampa ein unbeschreiblicher Moment der erfrischenden Erleichterung, so kam man doch bald zu einer alles entscheidenen Frage: Weshalb dieses geschätzte Gewässer nun von jeglichen verschiedenen Zungen als schwarz bezeichnet würde? Blinkte es doch wie jedes nette Meer in verschiedenen Wasserfarben mild dahin. Die Erklärungen hierzu sind so wacklig wie abstrus. Den folgenden Abschnitt auf Wikipedia musste ich tatsächlich mehrmals lesen und bekenne offen, dass ich den Inhalt der hier abgebildete These wahrscheinlich schon vor fünf Minuten wieder verloren habe:
Die Namensgebung wird auf ein, in der Antike übliches System zurückgeführt, das die Himmelsrichtungen symbolisch durch Farbwörter bezeichnete, wobei „schwarz“ für den Norden stand, so wie die Bezeichnung des Südens „rot“ war. Sprecher, die dieses System verwendet haben, hätten also südlich des Schwarzen und nördlich des Roten Meeres wohnen müssen, um diesen die entsprechenden Namen zu geben. Dies trifft allerdings nicht auf die Skythen zu, denen der Ausdruck oft zugeschrieben wurde. Da die Bezeichnung *Axšaina („schwarz“) ebenso wie der entsprechende Name des Roten Meeres zuerst während der Zeit der Achaimeniden benutzt wurde, ist es vielmehr naheliegend, stattdessen den Persern die ursprüngliche Namensgebung dieser Meere zuzusprechen. Im Altgriechischen wurde der persische Ausdruck *Axšaina offenbar zu Πόντος Ἄξε(ι)νος Póntos Áxe(i)nos, „ungastliches Meer“. Später erfolgte dann eine euphemistische Umwandlung von „ungastlich“ zu Πόντος Εὔξεινος Pontos Euxeinos, „Gastliches Meer“. Die Bezeichnung Πόντος Μέλας Póntos Mélas, „Schwarzes Meer“, war den Griechen jedoch ebenfalls bekannt. Wahrscheinlich erhielt die Bezeichnung durch Übersetzungen des griechischen Begriffes Einzug nach Europa. Auch die Türken übernahmen diese Namensgebung (kara „schwarz“, deniz „Meer“). Im Mittelalter waren zudem auch die Bezeichnungen Chasarisches Meer, Russisches Meer und Skythisches Meer.
Wikipedia
Also abgesehen davon, dass ich nirgends Informationen über die fehlenden Windrichtungsfarben West und Ost fand und sie daher selbst vergeben musste (Grün für Westen, Blau für Osten), handelt es sich hier schon um eine der verdrehtesten Erklärungen, die ich mir seit langem zu Gemüte führte. Daher ziehe ich mich verständnistechnisch zurück und bringe eine andere Deutung ins Spiel, und zwar jene, welche sich konkret auf die Beobachtung einer schwarzen Färbung des Wassers bezieht (die ich zwar so nicht teile, aber das sei jetzt erstmal hintangestellt!) Diese Färbung wäre wohl hauptsächlich im Sediment (Bodensatz) sichtbar. Dies geht auf „sulfatreduzierende Bakterien zurück, die durch ihre chemische Aktivität Schwefelwasserstoff aus Sulfat bilden. Der Schwefelwasserstoff bildet zusammen mit Eisenionen Eisensulfide, welche schwärzlich gefärbt sind.“ Versteh ich zwar auch nicht wirklich, aber ich habe das Gefühl, ich könnte es verstehen.
Es gibt gut ein Dutzend Milchsäurebakterien, welche mit den unterschiedlichsten Dingen beschäftigt sind und dabei für die köstlichsten wie ekligsten Dinge zuständig sind:
- Lactobacillus helveticus
Art der Gattung Lactobacillus – Käse - Lactiplantibacillus plantarum – Sauerteig
- Lactococcus lactis – Dickmilch, Sauerrahm, Sauerrahmbutter, Buttermilch, Quark und Käse (sehr wichtige kleine Bazille)
- Leuconostoc mesenteroides – Sauerkraut
- Oenococcus oeni – Wein
- Weissella viridescens – beteiligt am Verderb von Fleisch, insbesondere dessen Grünfärbung
- Lactobacillus acidophilus – Bestandteil der normalen Scheidenflora, die zur Herstellung von verschiedenen Sauermilchprodukten verwendet wird
Und es gibt den Lactobacillus bulgaricus. Beziehungsweise mit Vor- und Nachnamen Lactobacillus delbrueckii subspecies bulgaricus. Vor 1984 war das Bakterium unter dem Namen Lactobacillus bulgaricus bekannt. Damit hat Bulgarien als einziges Land ein eigenes, nach ihm benanntes Bakterium und das ist Ehre wie Verpflichtung zugleich. Seinen Namen gab ihm 1905 der bulgarische Mikrobiologe Stamen Grigorow. Ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte der russische Immunologe und Nobelpreisträger Ilja Metschnikow fest, dass in Bulgarien damals überdurchschnittlich viele Hundertjährige lebten – und vermutete, dass der Joghurt und andere fermentierte Lebensmittel dahinter stecken könnten. Seitdem steht der Joghurt wie so viele andere Lebensmittel im Verdacht für Langhjährigkeit zu sorgen. Tausende Besucher aus aller Welt pilgern nach Bulgarien, welches selbstredend ein eigenes Joghurtmuseum und -Institut hat. Auch meine erste Aktion ist stets, sobald ich die bulgarischen Landesgrenzen überschritten habe, umgehend in einen Laden zu stürzen und mich in die Joghurttheke zu werfen. Ähnlich wie der ebenso fantastische Griechische Joghurt handelt es sich hierbei um einen sogenannten Abtropfjoghurt. Er wird, wie könnte es anders sein, durch das Abtropfen weitgehend von Wasser und Molke getrennt und ist dadurch in der Konsistenz fest, milchiger im Geschmack und meistens fettreicher (5-10% Milchfett sind nicht die Norm, aber auch keine Seltenheit). Es liegt also offensichtlich nicht nur an der unschätzbaren Tätigkeit des kleinen, stäbchenförmigen Bakteriums, sondern hat auch mit der Verarbeitung zu tun.
Mitten unter der farbenfrohen und vor Frische berstenden Vielfalt an Tomaten, Zwiebeln, Paprika und Kartoffeln bremste mein Blick bei einer mir gänzlich unbekannten Frucht ab. Die bulgarische Bezeichnung sagte mir herzlich wenig, so fragte ich kurz nach Geschmack und sonstigen Hinweisen zum Genuss und erwarb flugs ein paar der Exemplare. Wenig später kostete ich sie und war so mittelmäßig begeistert: etwas geschmacksarm. leicht fruchtig und ziemlich trocken hinterließen sie wenig Begeisterung auf dem Gaumen. Unseren Gastgebern in Sliwen war diese Frucht ebenso komplett unbekannt, was sehr verwunderlich ist, begegnete uns doch bei einem kleinen Spaziergang in der näheren Umgebung ihres Hauses gleich mehrere Bäume der fraglichen Frucht.
Eine Recherche erbrachte die Erkenntniss, dass es sich hierbei um die Chinesische Jujube (Ziziphus jujuba), auch Chinesische Dattel (oder Kumul-Dattel), Rote Dattel, Azufaifa oder (rote) Brustbeere handeln würde. Geschmacklich eher unauffällig bis mürbe, errang die mir zuvor gänzlich unbekannte Frucht schon seit der Antike in Südeuropa reichlich Anerkennung als Medikament. Die positive Wirkung der Jujubenfrüchte auf die Brust und auf die Lungen wurde erstmals von Gargilius Martialis beschrieben und später von arabischen Autoren bestätigt. Außerdem kann man aus ihnen bestimmt auch einen ganz annehmbaren Slivovec brennen.