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- Von tschechoslowakischen Höhen und Tiefen
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- Über idyllische Plattitüden und endloses Grün
- Über das januszipfelige Istrien
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- Reisen nach Zahlen – 100 Tage
- Von einer die auszog das Fürchten zu verlernen
- Der italienischen Reise erster Teil
- Die besten Gerichte von draussen
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (3) von Basilikata bis Wildschwein
- Der italienischen Reise zweiter Teil
- Der italienische Reise dritter Teil
- Einblicke ins Reisetagebuch
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- Reisen nach Zahlen – Tag 200
- Währenddessen in Afrika
- Così fan i tunisini
- Eisenbahnfahren in Tunesien
- Von Menschenhaufen und anderen Platzhengsten
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- Tunesien – auf der Suche nach der Pointe
- Reisen nach Zahlen – Tag 300
- Sardinien – der italienischen Reise letzter Teil?
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- Kleine, feine Unterschiede
- Im Autokorsika über die Insel
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- Jahrein, jahraus, jahrum
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Wie zuvor beschrieben, glich unsere Einreise nach Ungarn eher einem unmerklichen Einsickern in die magyarischen Steppen. Und dennoch änderte sich einiges nachdem wir die wacker der Dürre trotzende Donau überquerten. Da ich in der Vergangenheit das ein oder andere Mal als nörgeliger Kritiker dieses flachen Landes mit seiner absurden Sprache aufgefallen bin, soll hier nun die überraschend lange Liste der positiven Dinge folgen, die mir in den ersten Tagen in Ungarn auffielen.
- wahrscheinlich aufgrund mehrjahrhundertjähriger Erfahrung mit Dürre und Trockenheit hat der clevere Ungar seine Städte und Dörfer mit reichlich öffentlichen Brunnen und Pumpen ausgestattet – ein kostbares Extra von dem sich die ausgetrockneten Ländereien, die wir zuvor durchreisten, eine gehörige Scheibe abschneiden könnten
- nach den lebensgefährlichen Avancen, die uns leider allzu oft von den tschechoslowakischen Autofahrern entgegengebracht wurden, wallte uns hier urplötzlich eine unverhoffte Welle aus Rücksichtnahme und Respekt entgegen
- das oben beschriebene Phänomen harmonierte dann noch dazu prächtig mit den auffällig leeren Straßen, selbst gelbe Straßen konnte man fahren ohne von den üblichen Blechkarawanen hässlich flankiert zu sein
- und als ob das alles nicht schon fantastisch genug wäre, nein, auch die Qualität des Straßenbelags war auf einmal vorzüglich, der teilweise desaströse Zustand derselben in Tschechien und auch der Slowakei hatte uns mehr als uns lieb war aus dem Gleichgewicht gebracht
- abseits der Straßenlage wetteiferte Ungarn um unsere Gunst in dem es uns mit teils luxuriös ausgestatteten Rast- und Picknickplätzen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten suchte
Das war doch schon einiges was mein eher mäkeliges Ungarnbild gehörig ins Wanken brachte und dennoch war es noch längst nicht alles. Denn bevor wir den Balaton erreichten, fuhr Ungarn noch mal gewaltig hoch, bzw. runter und zeigte was es nicht konnte. Flach, öde und reizlos rekelte es sich uns im Pusztastaub entgegen. Mühsam arbeiteten wir die Kilometer ab bis wir eine sanfte Wellung des Horizonts bemerkten, welche sich mehr und mehr zu einer unerwartet abwechslungsreichen Landschaft mit zahlreichen Kegelbergen und schnuckeligen Weinhängen entwickelte – wir hatten das „Hügelgebirge“ des Bakonywaldes erreicht. Und damit begann die vielleicht größte Überraschung dieser Reise: Der Balaton, oft verschmäht, belächelt und verhöhnt… er war schön. Beziehungsweise das idyllische Umland, welches sich sanft an ihn schmiegte. Etwas verlegen ob meiner früheren herablassenden Kommentare lustwandelte ich durch dieses unerwartete Paradies.
Selbstverständlich bleibt der Balaton in seiner Funktion als See wie als Entspannungsort ein eher nachrangiges Reiseziel, wenn man es aber nicht vermeiden kann, dann empfehle ich wärmstens das Stückchen an der westlichen Nordküste auszuprobieren. Zwischen Ábrahámhegy und Keszthely findet man teils recht naturbelassene und ruhige Küstenabschnitte mit hügeliger Note. Insbesondere das Hinterland hat zusätzlich reizende Örtchen mit originellen Kneipen und Cafés zu bieten. Außerhalb dieser Zone gibt sich der Balaton dann aber so abstoßend wie ich ihn in Erinnerung hatte. Trubeliger Klimbim-Tourismus der grellen Billigvariante – schon in Keszthely sah ich ihn mit torkeligen Schritten auf mich zu wanken. Wir lehnten dankend ab und fuhren ins nahezu unbewohnte westliche Umland und dann immer weiter bis nach Slowenien.
Und auf einmal wurde wurde uns grün vor Augen. Grün in allen Schattierungen und Spielarten. Ich erwischte mich mehr als einmal, wie ich anhielt und debil grinsend in die Gegend starrte. Wochenlang waren wir durch mehr oder minder vertrocknete Landschaften gefahren. Zuvor hatte ich zwei Jahre täglich den Zustand der Vegetation in Berlin-Brandenburg begutachten dürfen. Hierdurch hatte ich die Macht der Farbe Grün fast völlig vergessen. Doch hier in Slowenien war die Welt scheinbar noch in Ordnung. Sattes Moosgrün, frisches Tannengrün, erdiges Olivgrün, fettes Grasgrün und etliche Farbtöne mehr zwitscherten munter durcheinander als wäre es das Normalste der Welt. Wundervoll im wahrsten Sinne des Wortes.
Doch dies sollte nur die Ouvertüre eines ausgewachsenen Naturschauspiels sein, welches das kleine Land für uns inszenierte. Die Theatralik der leuchtenden Felsen der Julischen Alpen, die in aberwitzigen Farbspielen verfangene Soča und das urplötzliche Umschalten auf Mittelmeer-Modus im Küstenland – Slowenien unterhielt uns fabelhaft. Daher durchreisten wir das winzige Land mit aller gebührenden Ausführlichkeit und waren uns hinterher sicher, hier könnte man es definitiv noch viel länger aushalten. Doch die Tage wurden unvermindert kürzer, die Nächte kühler – der Süden kokettierte unmissverständlich mit milden Avancen. Doch bevor es für längere Zeit nach Italien gehen sollte, bogen wir noch einmal für eine kleine Extra-Schleife nach Istrien ab.
Radstatus
Hier tat sich nicht sonderlich viel. Agnieszka beherrscht das Bremsen ohne Rücktritt mittlerweile ausgezeichnet und auch das Gepäck scheint fest verwachsen mit dem Rad zu sein, so dass es eher den Gleichgewichtssinn stört, wenn man einmal versucht ohne Gepäck zu fahren. Der erste Ölwechsel ist erfolgt und so kann es wie frisch geschmiert weitergehen. Wie die folgenden Dokumente eindrücklich beweisen, kann sich noch die extravaganteste Konkurrenz heranwanzen – die Gemeinschaft von Rad und Fahrer ist und bleibt unzertrennlich.
Was sich verändert hat (nach acht Wochen)
So langsam, gaaanz langsam sickert die Erkenntnis in die bewusste Wahrnehmung, dass es man sich nicht im Urlaub befindet, sondern dass es weit mehr als das ist. Die Auszeit wird zur Gewohnheit ohne zum Alltag zu mutieren. Am deutlichsten spüre ich diese beim Radfahren. Wenn es eine Strecke ist, die nicht allzu viel Aufmerksamkeit erfordert, der Fahrtwind ins Gesicht weht und die Gedanken fliegen. Dann bemerke ich manchmal, dass ich gar nicht mehr so genau weiß wo ich bin. Dann verschwimmt Tschechien mit Bosnien, Ungarn mit Georgien – taufrische und längst vergessen geglaubte Erinnerungen vermischen sich miteinander – ein munteres Assoziationsroulette in der Hirnrinde. Ein wirklich schönes und kostbares Gefühl. Kann ich sehr empfehlen.
Tipps und Tricks von der Strecke
Desweiteren zum Genuss empfohlen, in chronologischer Reihenfolge: Györ, Pápa, Ptuj, Ljubljana, Nationalpark Triglav, Piran
Im Endeffekt kann ganz Slowenien vorbehaltlos empfohlen werden. Wo sonst hat man auf derart kleinen Raum idyllische Hügellandschaften, spektakuläre Hochgebirge, vor Geschichte überbordende Städtchen und ein kleines aber feines, mediterranes Küstenland? Wären da nicht die Preise. Natürlich kamen wir verwöhnt aus den immer noch recht preiswerten Ländern wie der Tschechoslowakei und Ungarn, aber auch ohne diese Prägung wären wir hier wohl geschockt gewesen. Mehr als einmal konnten wir angesichts preislicher Attacken nur noch entgeistert ausrufen: ‚Ja, seid ihr denn komplett irre?!‘ Ich erspare mir hier eine ausufernde Auflistung der diversen Preisschlager, gebe aber zu bedenken, dass wir uns das wirklich nicht einbildeten. Denn die erste Frage wenn man mit Slowenen ins Gespräch kam, war meist ob wir es auch so teuer fänden. Und ja, mir ist bewusst, dass es gegenwärtig überall eher teurer wird, aber hier in Slowenien war es am deutlichsten spürbar.
Aber abgesehen davon ist Slowenien wirklich ein wahres Schätzchen. Vielleicht schon wieder ein wenig zu sehr Schätzchen. Alles ist etwas zu perfekt oder wie die Liebste treffend bemerkte, es fühle sich manchmal so an als sei man in einer Ausstellung und traue sich nichts anzufassen. Doch solang man diesbezüglich keine Berührungsängste hat, ist Slowenien wirklich etwas ganz Besonderes. Bezieht man zusätzlich noch die gute Erreichbarkeit Deutschland ein, könnte das Miniatur-Paradies definitiv etwas für etliche von euch Daheimgebliebenen sein. Ich meine, nur einmal umsteigen und schwupps, nach nicht mal 12 Stunden ist man da.
Übernachtungsträumchen
- Als wir Slowenien erreichten, war klar, dass wir in die Berge ohne unserer Räder wollten. Daher brauchten wir einen sicheren Ort an dem wir sie abstellen konnten. Unser übliches Vorgehen in einem solchen Fall ist, dass wir uns in der Nähe eine Unterkunft organisieren und dann den jeweiligen Gastgeber fragen, ob wir unser Zeug für ein paar Tage bei ihm lassen können. Wir versuchten es daher erstmals auf dieser Reise über das Warmshowers-Netzwerk und bekamen sofort einen Zusage von Bojan Jesenovec, welcher in Vrhnika, circa 20km westlich von Ljubljana wohnte. Die Unterkunft, die uns hier präsentiert wurde, sprengte alles bisher Dagewesene: eine komplette Ferienwohnung mit luxuriösem Bad, eigenem Garten und Garage. Im Kühlschrank blitzten uns verführerisch ein paar eiskalte Union-Biere entgegen. Ich bin noch heute, wenn ich darüber schreibe sprachlos und merke wie ich mich langsam aber sicher wieder neu in die Menschheit verliebe.
- Sonst gab es natürlich noch einige weitere traumhafte Plätzchen, die ich hier jetzt nicht alle aufzählen möchte. Ich verweise vielmehr auf die von uns auf dieser Reise entdeckte und vielfach genutzte App und Internetseite „Grupa Biwakowa“, bzw. „Camp Group“. Hier hat man es sich zur Aufgabe gemacht, all diese Plätze zusammenzutragen und mit der Öffentlichkeit zu teilen. Leider ist eine der dümmeren Bedingungen, dass man die Plätze mit dem Auto erreichen muss. Unsere Erfahrung ist es dagegen, dass die schönsten Plätze eben gerade nicht mit dem Auto zu erreichen sind. Aber sei’s drum. Ich trage hier jedenfalls nun regelmäßig auch mein Schärflein bei und sende die Crème de la Crème unsere Übernachtungsplätze hier ein.
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Hui, das sind ja fast richtige Berge in Ungarn!
Ich sauge zur Zeit alles auch nur etwas Positive über dieses bisher von mir verschmähte Land auf, weil ich im Oktober und November ein Haus- und Katzensitting am Balaton vor mir habe. Allerdings am östlichen Ufer bzw. ein paar Kilometer landeinwärts: in Lepsény.
Mal sehen, wie das wird…
Ist ja eigentlich klar, dass Slowenien teuer sein muss, sonst wäre es einfach zu perfekt.
Wenn Amerikaner, Australier oder Japaner mich fragen, was sie sehen sollen, wenn sie nur eine Woche Zeit für Europa haben, empfehle ich immer Slowenien.
Leider befolgt niemand den Rat, sondern die Leute machen sich dann auf ihre 7-Länder-in-7-Tagen-Tour. Selber schuld.
Am Ende sind sie so verwirrt wie du und wissen gar nicht mehr, wo sie aufwachen. :-)