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Sehr weit, erstaunlich weit (28°58″) führte uns unsere Sehnsucht in Marokko gen Süden, doch kurz vor der Westsahara kehrten wir um und ritten zurück nach Europa. Doch meine Gedanken zogen weiter in die andere Richtung, durch die endlose, lebensfeindliche Wüste bis hin zum vermeintlichen Paradies nach Senegal.
Aufmerksame Leser dieses Blogs und frenetische Fans von #projektradria2 mögen an dieser Stelle irritiert aufmerken. War das Thema Westafrika nicht abschließend und endgültig abgehakt? Die Argumentation war solide, die Gründe wasserdicht und andere Kontinente haben auch schöne Ecken. Nunja, in der Tat. Doch es blieb weiterhin die aufreizende Exotik, gepaart mit der am Schopfe baumelnden Gelegenheit, gewürzt mit einer Brise „wenn man schon mal in der Gegend ist“. Letztlich siegte die Vernunft, und es ist eine nach Lavendel und Freiheit duftende Vernunft. Doch die Lektüre ist frei und daher griff ich einfach zu einem Buch von einem senegalesischen Autor mit dem menetekelnden Titel „Reise ohne Wiederkehr“.
Das Projekt „Pro Land ein Buch“ erhält damit eine neue Stoßrichtung. Nicht nur weil wir in nächster Zukunft durch Länder reisen, die ich lektüretechnisch schon abgehakt glaube, sondern schlichtweg aus unstillbarer Lust auf fremde Länder, stelle ich mich furchtlos der Mission, während meiner Lebenszeit aus jedem aktuell existierenden Land ein Buch gelesen zu haben. Nun könne man einwenden, soso, also einfach lesen frei Schnauze, tolles Projekt. Weit gefehlt, schaut man sich das Bücherangebot gegenwärtig so an, so erkennt man schnell, dass wir wie bei jedem anderen kulturellen Medium hart an der Westlichen-Werte-Nadel hängen. Versuche mal einer was aus Mauretanien oder Laos zu finden. Logischerweise bleibt es trotzdem dabei – neue Einreise, neues Buch (aus dem bereisten Land, versteht sich!).
Beginnen möchte ich diese Reise mit einer ohne Wiederkehr. Dieses Buch von David Diop, einem senegalesischen Autor mit französischer Mutter, der mir zuvor natürlich komplett unbekannt war. Doch auf der Suche nach senegalesischer Literatur stolperte ich über diesen Titel, fand die Kurzbeschreibung verlockend und schon war es um mich geschehen. Ein wenig hatte ich die Vorstellung hier auf so etwas Ähnliches wie T.C.Boyles „Wassermusik“ zu treffen. Eines der besten Bücher, in welches ich je das Vergnügen haben durfte, einzutauchen. Doch leider wurde ich derbe enttäuscht. Es ist weniger dieses Aufeinanderprallen von westlicher Aufklärung und indigenen Selbstverständnis, von Rationalität und Mystik, gefüttert von ungebändigter Reiselust und Forschertrieb (derlei Romane und Sachbücher sind es, die ich suche) vielmehr ist es ein fades Seifenbad der „Gefühle“ mit zahlreichen, lose heraushängenden Handlungsfäden und in gewisser Weise sogar eine ungewollte Reproduktion des kolonialen Blicks mit ganz geringen Erkenntniswert.
Nicht der beste Einstieg in die afrikanische Literatur der Gegenwart, aber ich bleibe dran. Eine kurze Recherche offenbarte, dass ich mit diesem Roman wohl auch nicht den größten Wurf von David Diop erwischte. Wir werden sehen. Wenn ihr Lektüretipps aus Afrika oder anderen eher unterschätzten Weltenecken habt, dann immer her damit. Die literarische Weltreise hat gerade erst begonnen.
Ein tolles Projekt!
Und viel weniger strapaziös und anstrengend, so eine Weltreise, die man auch auf dem Sofa machen kann. ;-)
Selbstgelesene Tipps habe ich leider nur wenige, weil ich auch sehr europäisch, nordamerikanisch und erst in den letzten Jahren ein wenig südamerikanisch sozialisiert wurde.
Und wenn ich manchmal etwas aus Afrika gelesen habe, dann war es doch meist wieder von Leuten, die zwar von dort stammten, aber eine britische Bildungsbiographie hatten. Das ist ja auch nicht das, wonach wir suchen. (Salman Rushdie fällt mir da ein. Natürlich schreibt er über Indien und kommt von dort. Aber seit seiner Jugend lebte er in Großbritannien und studierte in Cambridge. Wie „indisch“ ist das wirklich?)
Ich habe mir gerade „Nur eine kleine Insel“ von Jamaica Kincaid gekauft, in dem es um Antigua geht (wo ich sogar schon war), bin aber noch nicht zum Lesen gekommen.
Dann lass uns doch so verbleiben, dass du mich stantepede über deine Entdeckungen informierst. Ich vertraue deinem Geschmack da mittlerweile und würde mich über Inspiration freuen.
Ich bin auch dankbar, dass du diesen Gedanken in mein Hirn gepflanzt hast.
Und ich stelle schockiert fest, dass ich tatsächlich meist ÜBER die außereuropäischen Länder anstatt etwas AUS diesen Ländern gelesen habe. (Aber gut, wir Deutschen lesen ja sogar auf der Italien-Reise den langweiligen Goethe.)
Selbst das lustigste Buch über Georgien, das ich kenne („Im Himmel gibt es Coca-Cola“), stammt von einer US-Amerikanerin, die aber immerhin in Georgien gelebt hat.
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