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- Die besten Gerichte von draussen
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- Der italienischen Reise zweiter Teil
- Der italienische Reise dritter Teil
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- Così fan i tunisini
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Wir waren kurz zuvor über die apulische Grenze geradelt, schon sahen wir die ersten von ihnen – Trulli, Einzahl: Trullo. Diese aberwitzig, mal mutterseelenallein, mal in munterer Gruppe herumstehenden Spitzhäuser sind zweifellos ein markantes Erkennungsmerkmal des italienischen Stöckels. Zwar entdeckt man bisweilen auch anderswo in Süditalien einen Trullo, aber in dieser Häufigkeit sind sie wohl nur hier in Apulien anzutreffen. Der Clou bei diesen Rundbauten ist dabei, dass es sich hier auch um clevere Steuervermeidungskonzepte handelt. Schließlich musste man nur auf „richtige“ Häuser Abgaben zahlen, diese Häuser aber, welche ohne Mörtel geschickt Bruchstein auf Bruchstein geschichtet, auch problemlos über Nacht wieder abgebaut werden konnten, wurden vom Steuerprüfer nicht abgerechnet. Dabei handelt es sich bei den Trulli nicht um provisorische Schutthaufen, sondern sie sind trotz ihres flüchtigen Wesens überaus durchdacht. Sie besitzen zumeist einen quadratischen Grundriss und verjüngen sich in mittels ihres sogenannten Kraggewölbes, ein wiederum sogenanntes „falsches Gewölbe“, nach oben, wo sie in einem Schlussstein, einem, ein letztes Mal, sogenannten Zippus kulminieren. Offensichtlich müssen alle Begriffe, die etwas mit diesen Häusern zu tun haben, denkbar möglichst klingen. In den massiven, aus Naturstein gefertigten Mauern sind jede Menge Nischen zu finden, aber kaum Fenster. Die überdachten Eingänge waren daher perfekt um Handwerkern halboffene Arbeitsräume zu bieten. Die dicken Wände waren außerdem wie geschaffen für heiße Sommer und feuchtkalte Winter. Also eine wirklich sinnvolle, originelle und witzige Sache. Das können definitiv die wenigsten Gebäude von sich behaupten.
Das Wildschwein (sus scrofa) – ein friedlich grunzender Paarhufer aus der Familie der Echten Schweine ist schon seit geraumer Zeit fast überall auf der Welt anzutreffen. Und genauso wie wir in Italien überraschenderweise auf Stachelschweine (siehe Teil Zwei der Wisssenssplitterserie) trafen, begegneten wir auch ihren stachellosen Cousins. Leider war eines dieser Treffen Grundlage für ein handfestes Trauma bei einem Teil der Reisegruppe und sorgte fortan dafür, dass freie Stellen in der Natur nicht mehr zu unseren bevorzugten Übernachtungsplätzen gehören. Was natürlich schade ist, denn genau diese Plätze sind ja exakt jene wegen denen wir unser heimisches Bett aufgaben. Doch ein Trauma kann bewältigt werden, aber höchstwahrscheinlich nicht in Italien, denn eine kurze Analyse der Wildschweinlage förderte schauerliche Fakten zu Tage. Schätzungen zu Folge leben über zwei Millionen Wildschweine in Italien, das hieße also dass wir uns mit 28 Italienern ein Wildschwein teilen dürfen. Was auf den ersten Blick nach einem angemessenen Gelage klingt, ist in Wirklichkeit eine massive Plage und erklärt zum Teil auch unsere häufigen Kontakte zu den Schwarzkitteln. Natürlich ist dies alles wie so oft ein menschgemachtes Problem, der wie so oft mehr eingriff als begriff. Das Ausrotten sämtlicher Fressfeinde wirkte hier genauso wirkungsvoll wie auch der Import osteuropäischer Wildschweine ab den 90ern. Diese waren, wen wundert’s, größer und kräftiger als die italienischen, aber eben auch fruchtbarer.
Neben dem Dauerbrenner „Spaß mit Flaggen“ gibt es natürlich auch noch das Randschattengewächs unter den Geohilfswissenschaften, die Heraldik. Ich schaue stets neugierig und halbwegs vorurteilsfrei auf die Wappen, der Städte, Regionen und Konzerne, die an uns vorbeifliegen. Hängen blieb mein Blick jedoch bei dem Wappen der Provinz Brindisi. Flugs teilte ich dies mit der geflügelten Welt und erhielt, schwups, die einzig sinnvolle Ergänzung.
Als wir uns mit immer größeren Schritten dem Mezzogiorno näherten, überlegten wir natürlich im Vorfeld welche der Regionen hier wohl die ärmste sein könnte. Ich für meinen Teil hätte auf die Basilikata getippt. Klein und eingeklemmt zwischen den beiden Stiefelenden, zudem reichlich unbekannt und wenn überhaupt, dann durch die beispiellose Armut, welche Carlo Levi beschrieb und die speziell Matera noch bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts als die „Schande Italiens“ einordnete. Doch eine kurze Recherche erbrachte erstaunliche Fakten zu Tage. Die Basilikata gehört bei Weiten nicht mehr zu den Schlusslichtern in der Wohlstandshitliste Italiens. Das kann natürlich nicht allein an der turbulenten Wandlung Materas liegen. Diese entwickelte sich nicht erst seit der Weihe zur Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2019 vom ewigen Schmutzklumpen, welcher beharrlich an der Stiefelsohle klebte, zum touristischen Wirtschaftswunder mit der höchsten AirBnB-Dichte Europas. Denn die Grundlage des respektablen 14. Platzes in Sachen Durchschnittsverdienst kann unschwer allein auf einem einzigen touristischen Goldesel beruhen. Mehr ins Gewicht fällt hierbei wohl das größte Erölvorkommen, welches in Kontinentaleuropa gefunden wurde. Leider kommt von derlei Funden immer wieder erschreckend wenig bei den Menschen an in dessen Nähe sie gefunden werden. Denn auch wenn Natur und etwaige Schutzzonen für den Götzen des schwarzen Goldes ohne mit der Wimper zu zucken, geopfert werden, landet der Hauptgewinn doch traditionell bei jenen, denen es laut gegenwärtigen Wirtschaftssystem zusteht, dem Kapital. Witzigerweise hat man es aber hierzulande es geschafft, mehr als die üblichen Krumen abzuzwacken und gewisse Zugeständnisse umzusetzen, die der kleinen Basilikata ein wenig Wohlstand zu spendieren.
Man kann lange darüber diskutieren wo Süditalien beginnt. Wenn man sich in der Einflusssphäre der Magna Graecia befindet, ist man aber auf jeden Fall da. Angekommen an den mild säuselnden Gestaden des Mezzogiorno, wo Zitronen blühen und der Müll an einem anderen Tag entsorgt wird. Als wir von Matera hinab ans Meer radelten (im übrigen eine der schönsten Strecken, die wir das Vergnügen hatten, entlangzuradeln) stießen wir auf das kleine Städtchen Metaponto. Diese einstmals bedeutende griechische Kolonie, welche der Legende nach von Epeios, dem Erbauer des Trojanischen Pferdes gegründet wurde und in deren Stadtmauern sich auch ein gewisser Pythagoras herumtrieb, soll hier stellvertretend stehen für ein Phänomen mit dem wir fortan häufiger konfrontiert waren: Das merkwürdig lustlose Scheitern bei der Präsentation und Vermittlung von Geschichte. Es steht außer Frage, dass man hierzulande erheblich mehr bedeutende Reste aus vergangenen Hochkulturen zu verwalten hat als in, na sagen wir mal Brandenburg. Selbst wenn man mit dem Rad denkbar langsam die Welt an sich vorbeigleiten lässt, ist es nicht unmöglich, dass man an einem Tag zwei bis drei relevante archäologische Ausgrabungsstätten kreuzt. Selbstredend bremst man da ab und schaut sich erwartungsvoll um, was es alles zu erfahren und beschauen gibt. Nun, im Falle Metapontos war das eine riesige, abgezäunte Fläche mit sich schwach am Horizont abzeichnenden Ruinen, die sich die Natur schon bald wieder zurückgeholt haben dürfte und einem nicht minder verwitterten, gigantischen Betonklotz, der das amtliche Museum des winzigen Nests darstellte. Freilich geschlossen ohne den geringsten Hinweis darauf ob und wann es jemals wieder öffnen würde. Und so setzt man sich auf die zentrale Piazza, schaut etwas wie bestellt und nicht abgeholt herum und fokusiert sich sodann auf den finalen Höhepunkt des Tages – einen Plaste-Pythagoras in der Vitrine. Dies mag nun etwas überspitzt formuliert sein, doch das Prinzip wiederholte sich mit gewissen Abwandlungen.Worin all dieser Plätze sich ähnelten war: bombastische Anlage, zahlreiche Mitarbeiter, kaum zahlende Besucher, unkoordiniertes, schwer durchschaubares Konzept, wenig Information (natürlich immer einsprachig) gepaart mit hingeschüttet wirkenden Ausstellungsobjekten. Es soll dies nun keine flammende Anklage oder pedantische Lamentiererei sein. Vielfach genoss ich auch eben gerade diese Stille und Verlorenheit, konnte mich umso besser an Ort und Stelle in die Vergangenheit zurückdenken. Doch ich vermute einfach, dass man mehr Menschen erreichen könnte, wenn man sich etwas mehr Mühe geben würde. Kurz, da ist noch Luft nach oben.
Die Ausgrabungsstätten von Sybaris waren ein weiteres Ziel, welches wir mitnahmen, erneut von der Anlage bitterlich enttäuscht wurden und nur dank eigenem Vorwissen und hervorragenden Kopfkino zu einem besonderen Erlebnis gestalten konnten. Sybaris war ebenfalls eine Stadt innerhalb der Magan Graecia und über seine Zeit hinaus bekannt für ihren Reichtum und die Neigung der Bewohner zu Wohlleben und zur Zurschaustellung ihres Reichtums. So wurde das Wort Sybarit, bzw. Sybaritentum zu Synonymen für „verwöhnten Weichling“ bzw. „luxuriöses Lotterleben“. Über das Phänomen des Sybaritentum, bzw. der artverwandten Tryphe kann man sich anderswo belesen. Hier sollen uns nur die Kulturleistungen interessieren, die uns die Sybariten hinterlassen haben, denn diese haben es wirklich in sich. Nicht nur die Badewanne soll von ihnen erfunden sein, nein auch der Nachttopf. Dieser wäre allerdings nicht unter das Bett gestellt, sondern zu Gastmählern mitgenommen worden. Außerdem seien sie die ersten gewesen, die Gesetze zum Lärmschutz erließen. Die Sybariten duldeten keine lärmintensiven Handwerke wie Schmiede und Zimmerer in der Stadt. Um den Schlaf der Anwohner zu schützen, durften nicht einmal Hähne gehalten werden. Anerkennend ob dieser Höchstkultur lustwandelte ich sacht über die Ruinenfelder ihrer einstigen Pracht und gedachte ihrer in aller Stille.
Schließlich erreichten wir Crotone. Eine mir vorher, ehrlich gesagt gänzlich unbekannte Stadt. Im tiefsten Kalabrien am Ionischen Meer kurz hinter dem Golf von Taranto gelegen, liegt sie angeschmiegt an eine vergessene Küste im Windschatten der Geschichte. Es gibt es kaum sonst Wissenswertes über Crotone zu erzählen. Zumindest in unserem Zeitstrahl. Denn wenn sich alles etwas anderes entwickelt hätte, könnte die charmante Hafenstadt heute eine ganz andere Rolle spielen. Mit anderen Zeiten ist mal wieder, ihr ahnt es, die große Ära der Magna Graeca gemeint. Damals war Crotone nicht irgendwer, damals war Crotone eine mächtige und reiche Stadt. Hier wurde zum Beispiel von dem legendären Zeuxis von Herakleia das berühmte Bildnis der Helena, ein Idealbild der weiblichen Schönheit, geschaffen, welches selbstverständlich mehr als ein Modell benötigte, denn der Meister wendete berechtigt ein, dass vollendete Schönheit in der Natur natürlich nicht in einer Person nicht vorkäme. Daher benötige er nicht zwei oder drei, ja auch nicht vier sondern selbstverständlich die fünf schönsten Jungfrauen der Welt. Nichts leichter als das, dachten sich die Croutons und lieferten. Leider ist uns hiervon nur die untenstehende, neumodische Nachbildung dieser antiken Castingshow geblieben, denn von den Gemälden aus dem 4. Jahrhundert v.u.Z. sind doch erstaunlich wenig erhalten geblieben.
Unsterbliche Berühmtheit erlangte Crotone aber als erster, verbriefter Rekordmeister der Sportgeschichte. Wie nebenstehende Statistik anschaulich beweist, verströmen diese Erfolge den heute allseits bekannten Mief aus Langeweile und Verödung. Allein schon solche Typen wie Milon sagen wohl alles: „Als einziger siegte er sechsmal in allen Panhellenischen Spielen. Er lebte in seiner Heimatstadt Kroton und war ein Zeitgenosse und Anhänger des Philosophen Pythagoras. Außerdem war er ein erfolgreicher Heerführer.“
Zwischen 588 und 488 v.u.Z. siegten Athleten aus Kroton bei nahezu allen Olympischen Spielen. Insbesondere im Stadionlauf gewannen sie jedes Mal in diesem Zeitraum. Hundert Jahre! Ich wiederhole, hundert Jahre!
Die Strasse von Messina, hier zwischen Skylla und Charybdis, wo sich die Afrikanische Platte gemächlich unter die Europa schiebt, dabei Stückchen für Stückchen aufgeschmolzen wird und hierdurch jede Menge Spezialeffekte produziert, kann man sich an einem ziemlich wackeligen Stück Erde erfreuen. Und das in einer Gegend, die selbst als nicht wirklich stabil gelten kann. Hier gibt es eine ganz besondere Sehenswürdigkeit, die leider weiterhin auf mich warten muss. Il pione di torro faro – mit 1250 Stufen die wohl höchste, für die Öffentlichkeit zugängliche Treppe Europas. Wie könnte es besser arrangiert sein, dass das was ehemals mit bourbonisch-schwülstiger Wucht „Königreich Sizilien diesseits und jenseits des Leuchtturms“ genannt wurde, auch heute noch mit einem Turm beginnt. Wenn es auch kein Leuchtturm mehr ist, sondern der 232m hohe Mast einer seit 1993 stillgelegten Freileitungskreuzung. Seit 2006 ist es nun möglich diesen Mast emporzuklettern und das Königreich beider Sizilien gebührend in die Arme zu schließen. Selbstverständlich aber besser an Tagen mit entspannterer Windstärke. Dieses Glück wurde mir leider nicht zuteil, aber ich bin ja glücklicherweise nicht das letzte Mal in Sizilien.
Kommen wir zum Abschluss noch zu etwas ganz Besonderen – die Fonte Aretusa in Syrakus. Diese mythische, unmittelbar neben dem Meer entspringende kleine Süßwasserquelle, in deren Teich die letzten wilden Papyrusstauden Europas wachsen, hat mich wirklich einige Tage beschäftigt und fasziniert. Beginnen wir mit der Legende: Die Nymphe Arethusa floh einstmals vor dem griechischen Flussgott Alpheios, sprang in der Peloponnes ins Meer und tauchte erst vor Ortigia (so der Name der Insel, auf der sich die Syrakuser Altstadt befindet) wieder auf. Hier wurde sie mit Hilfe der Göttin Artemis in eine Quelle verwandelt. Soweit so mythenüberladen wie üblich. Doch man wagt sich, glaube ich nicht zu weit hinaus, wenn man behauptet, dass das Vorhandensein einer solch seltenen Quelle ein maßgeblicher Grund war, dass dessen Bewohnern in Folge auch lange Belagerungen überstehen konnten. Doch abgesehen von Nymphen, Flussgöttern und sonstigen Feuchtigkeiten, wie kann es zu so einer Ausnahmeerscheinung kommen? Es handelt sich hierbei um eine außergewöhnlich seltene geologische Situation. Denn es genügt ja noch nicht, dass das Wasser wenige Meter von der Meeresküste entfernt hervorsprudelt, noch außergewöhnlicher ist ja der Ursprung des Wassers. Es kommt aus den gegenüberliegenden Bergen der Bucht. Zwischen wasserundurchlässigen Schichten ist das Grundwasser fixiert. Wie in einem Tunnel oder einer Röhre fließt das Grundwasser unter dem Meeresboden hindurch und kommt genau an dieser Stelle zum Vorschein. Dabei ist es zusätzlich noch von Vorteil, dass das umgebende Kalkgestein filternde Wirkung hat und gegebenenfalls Verunreinigungen beseitigen kann. Ein wirklich faszinierendes Naturschauspiel! Und da ich Syrakus nicht auf diese einzigartige Wasserquelle reduzieren möchte, lege ich zum Abschluss noch ein paar Bilder von dieser ebenso einzigartigen Stadt mit drauf.
An diese Papyrusquelle in Syrakus kann ich mich auch erinnern!
Wobei es etwas außerhalb der Stadt noch ein – zumindest am frühen Nebelmorgen -schöneres Papyrusanbaugebiet gibt: https://andreas-moser.blog/2016/06/08/papyrus/
Ich hätte auch auf die Basilicata als ärmstes Gebiet getippt. Aber wahrscheinlich liegt das an diesem Eboli-Roman (den ich noch nicht einmal gelesen habe).
Ich war noch vor Kulturhauptstadt- und James-Bond-Hype in Matera. In manchen der Höhlen hat man gemerkt, dass gerade erst jemand ausgezogen ist, und auch ansonsten war die Armut richtig sichtbar.