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- Von tschechoslowakischen Höhen und Tiefen
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- Über idyllische Plattitüden und endloses Grün
- Über das januszipfelige Istrien
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (2) von Adige bis Theodor Mommsen
- Reisen nach Zahlen – 100 Tage
- Von einer die auszog das Fürchten zu verlernen
- Der italienischen Reise erster Teil
- Die besten Gerichte von draussen
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (3) von Basilikata bis Wildschwein
- Der italienischen Reise zweiter Teil
- Der italienische Reise dritter Teil
- Einblicke ins Reisetagebuch
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (4) – Von Ätna bis Zitrusfrüchte
- Reisen nach Zahlen – Tag 200
- Währenddessen in Afrika
- Così fan i tunisini
- Eisenbahnfahren in Tunesien
- Von Menschenhaufen und anderen Platzhengsten
- Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch (5) von Agave bis Tuareg
- Tunesien – auf der Suche nach der Pointe
- Reisen nach Zahlen – Tag 300
- Sardinien – der italienischen Reise letzter Teil?
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- Kleine, feine Unterschiede
- Im Autokorsika über die Insel
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- Fahrradfahren (u.v.m.) wie Gott in Frankreich – erste Eindrücke
- Jahrein, jahraus, jahrum
- Ausrüstung für Langzeitreisende – ein paar grundlegende Gedanken
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- Reisen nach Zahlen – 600 Tage
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- 852 Tage – Doppelt hält besser
Jede längere Reise hat immer ganz spezielle Sehnsuchtsorte. War es beim letzten Mal Griechenland, so war es dieses Mal ganz ohne Zweifel das kleine, vom dicken Spanien eingezwängte Zipfelchen, dort wo das Land aufhört und das Meer beginnt. Portugal
Die Reiseroute (grob zusammengefasst) von Santiago de Compostela bis zur Algarve
In Santiago endete unser langer Sommer. Wir hatten mit dem Camino im September quasi nochmal eine Extraportion Sommer abgefasst, doch nun, Mitte Oktober schien es endgültig vorbei zu sein und Galizien erinnerte sich an seine Kernkompetenzen: Regen, Regen und zum Abrunden noch ein wenig Regen. Es begann zu regnen und wollte einfach nicht mehr aufhören. Egal wie südlich wir fuhren, eine feuchte, windige Wirklichkeit begleitete uns. So entschieden wir kurz nach Porto abzubrechen und einen Riesensprung mit dem Zug gen Süden zu machen. Nach einem kurzen Aufenthalt in dem bezaubernden Coimbra ging es mit kurzem Stopp in Lissabon nach Grândola („Vila Morena“). Unweit von dieser unscheinbaren, bäuerlichen Kleinstadt verdingten wir uns für einen kompletten Monat auf einer Farm um Medronhos (Baumerdbeeren) zu sammeln. Nach dieser erfahrungsreichen Zivilisationsabstinenz kehrten wir nach Portugal zurück mit einem wilden Ritt durch die sehenswerten- und würdigen hotspots dieses spannenden Landes. Ohne Rad sondern mit Bahn, Bus und Beinen entdeckten wir Braga (sowie den dort gerade Hof haltenden 1.FC Union Berlin), Aveiro, Óbidos, Peniche und mit ausreichend Grandezza natürlich das über alle Maßen liebreizende Lissabon. Danach ging es wieder auf’s Rad. Wir durchkreuzten den kargen Alentejo und erreichten mit der Algarve nach über einem halben Jahr endlich wieder den „Süden“®. Wir fuhren mit offenen Mündern und Augen staunend die spektakuläre Felsalgarve (Barlavento) entlang Richtung Osten nach Spanien wo wir wenige Kilometer hinter der Grenze im beschaulichen Isla Cristina das Winterlager bezogen.
Empfehlenswerte Orte
- CoimbraPortoLissabon – die geballte Dreimacht in Sachen städtischer Brillanz und Raffinesse zu denen hier eigentlich nicht viel geschrieben werden muss, eilt ihnen ihr Ruf doch in jedem halbwegs gepflegten Travelblog in aller Ausführlichkeit und mit jeder Menge Hochglanz voraus. Portugal ist in den letzten Jahren zweifellos vom internationalen Tourorismus ausgelotet und ausgeschlachtet wurden und so waren wir anfangs leicht geschockt von den glotzenden Menschenmassen, die sich durch diese Städte wälzten. Aber im Gegensatz zu manch tristem Strand oder fader Betonbettenburg kann man den Andrang hier auch zweifellos verstehen.
- Óbidos – wir kamen eigentlich nur her um diese, auf den Fotos wirklich beeindruckend wirkende Burg zu besichtigen. Was wir jedoch erhielten war eine zum Weihnachtsmarkt umdekorierte Altstadt mit unüberschaubaren Massen von Menschen sowie eine Burg, die zum Hotel umgewandelt wurde und daher nur für einen gewaltigen Aufpreis zu besichtigen gewesen wäre. Nichtsdestotrotz ein lohnenswerter Ausflug da es einfach ein schnuckeliges Städtchen ist. Aber sollte man zufällig zwischen August und Oktober in der Gegend sein, dann könnte man mit etwas Glück den Mittelaltermarkt oder das Literaturfestival mitnehmen. Beide Veranstaltungen gelten als die Besten ihrer Art und sind zweifelsohne auch mit reichlich Menschenmassen verbunden.
- Aljezur und Odeceixe – die Eingangspforten zur Algarve. Langsam, ganz sacht sickerten wir mit diesen beiden Kleinoden ein in die milden Sphären des Südens. Beide Städte schienen von Touristen kaum bemerkt und so konnten wir hier in aller Stille einreisen in unseren lang vermissten „Süden“®
- Algarve – wie ein kuscheliger, gleichsam kantiger Saum schließt diese Region das farbenprächtige Kleid Portugals ab. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren nun schon einige Meeresküsten gesehen, doch was wir im westlichen Teil, dem Barlavento zu sehen bekamen, sprengte so einiges was wir bisher erlebt hatten. Dieses endlos scheinende Gewirr an felsigen Chaos dem sich unentwegt dieses zorniges Meer entgegenwarf – ein nahezu unglaubwürdiges Spektakel. All das wird auf entzückendste Weise durch stille Dörfer, gelassene Kleinstädte und fruchtbar herumfläzende Kulturlandschaften ergänzt. Ein ganz besonderes Stück Erde. Und ich spreche hier nur von der Küste. Auch bei dem Bergland, der „Serra de Monchique“ scheint es sich um ein ebenso reizvolles Fleckchen zu handeln.
Bemerkenswerte Gaumenfreuden
- Vinho Verde – Dieser „grüne Wein“, so die wörtliche Übersetzung, war mir bereits von meiner letzten Portugalreise wohlbekannt. Er wird aus nicht voll ausgereiften Weintrauben gewonnen. Deshalb ist der Name so gesehen nicht ganz korrekt, denn es gibt auch „grünen“ roten Vinho Verde (Vinho Verde Tinto). Abgesehen von diesen Spitzfindigkeiten ist er aufgrund dieser Basis weniger süß, weniger alkoholhaltig und leicht moussierend – ein köstliches Getränk, welches einfach nur perfekt ist. In meiner persönlichen Rangliste schiebt sich nur noch in Tschechien frisch gezapftes Fassbier und eiskalter, selbstgemachter Kefir auf die vorderen Plätze.
- Pastel de Nata – diese cremigen Blätterteigtörtchen sind so unverrückbar mit Portugal verbunden wie Ronaldo und Azulejos. Zwar habe ich das Gefühl, dass uns vergleichbare Törtchen auf unserer Tour mindestens seit Bordeaux verfolgen, doch hierzulande ist man sich sehr sicher im 18. Jahrhundert als erste auf die Idee gekommen zu sein, Blätterteig mit einer Creme aus Eigelb, Zucker, Sahne („Nata“) und Mehl zu füllen. Ich bin als Süßverächter naturgemäß kein allzu enthusiastischer Fan von derlei Leckereien, doch ich habe den Glanz in den Augen verschiedener Besucher beim Verzehr derselben beobachtet und denke dass sie desterwegen erwähnt gehören.
- Sardinhas Assadas – mir war es anfangs nicht ganz so klar, dass Sardinen und Portugal so ein intensives Ding miteinander haben, doch in zahlreichen Texte über Portugal taucht die Leidenschaft für die kleinen Leckerbissen immer wieder auf. Insbesondere im Juni soll die Begeisterung ungeahnte Wellen schlagen. Die eigentliche Saison geht aber von Mai bis Oktober und genau hier begann das Problem. Denn das hieß für den auf den Appetit gekommenen Sardinisto: nenhum, Fehlanzeige, nic, ничего – sehr schade, aber es gibt dümmere Gründe um wiederzukommen.
Traumhafte Übernachtungsplätzchen
- Unweit der Benagli-Höhle kurz vor Albufeira gibt es einen zauberhaften Picknickplatz wo wir in der Nacht tatsächlich komplett allein mit Meer, Felsen und Sternen waren. Ein wahrhaft entzückendes Plätzchen, welches in der langen Liste an fantastischen Schlafplätzen dieser Reise einen gewichtigen Ehrenplatz einnimmt.
- Campingplatz Trindade – ein ruhiger, etwas in die Jahre gekommener Campingplatz, sehr zentral gelegen zwischen Altstadt und Felsenküste. Bitte lasst euch nicht von den hysterischen Kommentaren auf google maps verunsichern. Dieser Platz hat alles was ein Campingplatz haben muss, ist sauber, entzückend günstig, aber das Beste: Hier herrscht eine friedliche Atmosphäre mit ausschließlich netten, freundlich lächelnden Menschen.
Radstatus
Und es kränkelte weiter. Das vor wenigen Monaten ausgesprochene Lob für den Fahrradschrauber in Burgos, der meine Hinterradfelge auswechselte und uns aus einer der brenzligsten Pannensituationen half, muss leider wieder zurückgenommen oder nur sehr eingeschränkt aufrechterhalten werden. Einerseits war seine Entscheidung für Räder wie die unsrigen Speichenschrauben aus Aluminium zu verwenden, nicht wirklich durchdacht. Dreimal machte es *bling* und eine dieser Schrauben brach unter der Last entzwei. Kurz vor Faro platzte dann auch noch der ebenso von jenem Mechaniker ausgewählte Vittoria-Reifen. Nach gut zwei Monaten und größtenteils anspruchslosen, gutem Straßenbelag. Damit verzeichnen wir einen soliden Pattplatten von 5:5 zwischen unseren beiden Rädern. Im Jahreswechsellager in Isla Cristina werden beide Räder natürlich wie letztes Jahr nochmals auf Herz und Nieren geprüft, diverse Reparaturen und Austäusche von Fahrradteilen (Zahnräder, neuer Sattelbolzen, Ölwechsel undundund) stehen natürlich auch an.
Was sich verändert hat nach 510 Tagen
Der zweite Winter führte weiterhin, wie im letzten Reisebericht schon angedeutet zu mehr Nachdenklichkeit und ruhigerer Stimmung. Die Fahrt durch Portugal glich teilweise sehr wortwörtlich einem Wechselbad der Gefühle: massive Regengüsse, Abgeschiedenheit, turbulente Stadtausflüge, herrliche Küstenradelei durch idyllische, inspirierende Gegenden ohne Menschen und ihre getreuen Blechkisten. So ganz sachte bemerke ich an mir auch eine schwierig zu erklärende Gefühlsgemengelage. Es ähnelt einer schwammigen, nicht näher eingrenzbaren Distanziertheit zu Deutschland, den Sesshaften und all den daraus entstehenden Problemen, Bedürfnissen und Sorgen. Drifte ich ab oder ist das nur ein ganz normales Entfremden nach so langer Zeit, was nach der Reintegration rasch wieder behoben ist? Ich weiß es nicht, denn es ist für mich das erste Mal eines so langen Ausbruchs aus der Normalität. Wir werden sehen, aber zunächst werden wir wieder mehr Licht sehen und den Frühling feiern. Das wird mit Sicherheit mal wieder alles ändern!
Wenn Ihr Lissabon ohne Menschenmassen sehen wollt, habe ich hier ein paar Fotos für Euch: https://andreas-moser.blog/2022/01/08/lissabon/ – Ich war während der ersten Covid-Welle für ein paar Tage in Lissabon gestrandet, und hatte teilweise die Avenidas und Plätze ganz für mich allein.
Das ist ja nett. Vielen Dank für den Link (hatte ich natürlich damals schon live mitverfolgt), aber schadet ja nicht einen Internetort nochmals zu besuchen wenn es einem beim ersten Mal gefallen hat.