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- Willkommen in Stania – die Fantastischen Vier Zentralasiens
Am 8. Mai 2025 purzelten wir knapp 100km südlich von Aqtau in eine völlig neue Welt. Die unendlichen Weiten des Horizonts, Kamele am Straßenrand, Pferdeherden, die wiehernd durch die Steppe streiften, Menschen, die ein wenig anders aussahen als wir, eine komplett neue Benutzeroberfläche an Buchstaben, Essen, Klängen und Gerüchen. Und natürlich immer wieder – diese unglaubliche Leere, dieses schwer zu verdauende, unerbittliche Nichts, welches sich um die zaghaften, verstaubt wirkenden Keimzellen der Zivilisation ausbreitete – keine Frage, wir waren in Asien! Vorbei die gelegentlichen Debatten um die Position zwischen den Kontinenten der drei Kauakasusländer – dies hier war eine andere Welt, ein neuer Kontinent und es galt ihn zu entdecken.
Die nun folgenden Zeilen sind wie immer nicht als lückenlose Gebrauchswanweisung oder Reiseanleitung für die vier der fünf Stans gedacht (Turkmenistan bleibt aus den bekannten Gründen hier ausgespart), es ist vielmehr als eine Art bruchstückenhafte Verarbeitung des Erlebten zu verstehen. Mit etwas zeitlichen Abstand möchte ich in mich gehen und ausschütten, was geblieben ist und damit, so die hehre Hoffnung, Wesentliches von Unbedeutendem zu trennen sowie eventuell dem künftigen Zentralasienreisenden ein paar einstimmende Tipps und einen Vorgeschmack auf das Kommende zu liefern.

Wie aber beginnen mit diesem riesigen Gemengelage, diesem Subkontinent aus endlosen Steppen und Wüsten, reißenden Strömen, gigantischen Bergen und unbeschreiblichen Märchenstädten? Fangen wir vielleicht zunächst bei den Gemeinsamkeiten der fantastischen Vier an, denn bei all den Grenzen und mühseligen Grenzkontrollen sollte eines nicht vergessen werden, dass es noch keine 40 Jahre her ist, als man das gesamte Gebiet hier noch ohne Grenzformalitäten durchstreifen konnte. Wie so oft bei moderner Grenzziehung und Identitätsstiftung verlaufen die staatlichen Realitäten einerseits nicht immer in Harmonie mit den verworrenen Traditionslinien der Vergangenheit und erzeugen andererseits eine neue Welt, die bei späteren Umwälzungen wiederum bedacht sein wollen.

Einfacher und etwas prosaischer ausgedrückt: Dass der Usbeke ein Usbeke ist, erfuhr dieser möglicherweise erst in der Sowjetunion, da hatte er eventuell schon seit „Menschengedenken“ Probleme mit diesen unkultivierten Bergspinnern, die wie er nun erfuhr, Tadschiken genannt wurden und natürlich etwas ganz anderes als er wären. Man diskutierte darüber natürlich in Russisch, schimpfte auf „die da oben“ (Duschanbe, Taschkent oder Moskau) und nahm dabei ganz nebenher die „Segnungen“ der Sowjetisation an. Die zentralasiatischen Regionen veränderten sich. Eisenbahn, Elektrifizierung, Alphabetisierung und Kollektivierung – es gab wohl kaum eine Gegend des Imperiums, dem die Sowjetunion so gut tat, wie den unterentwickelten Regionen Zentralasiens. Natürlich passierten dabei ungeheure „Fehler“ (Aralsee, Entkulakisierung etc.) Und dennoch…

So sehr man in Moskau darauf bedacht war, die ethnischen Unterschiede zu pflegen, so sehr achtete man darauf, das gemeinsame Sortiment sowjetischer Errungenschaften allen zukommen zu lassen. So kann man nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und den langen Wirren danach in allen vier beteiligten Ländern gegenwärtig einen possierlichen Befindlichkeitsstatus beobachten. Einerseits ist man (mehr oder weniger) tunlichst darauf bedacht, die Zeit des völkerfreundschaftlichen Familienverhältnisses vergessen zu machen und die originär einzigartige Geschichte hervorzukehren. Andererseits lebt man weiterhin in kulturellen, sprachlichen und kulinarischen Sphären der ehemaligen, gemeinsamen Vergangenheit. Dieses Band ist immer noch so stark, dass der aufmerksame Beobachter sich manchmal fragt, ob sie sich nicht alle zusammenschließen sollten und was eigentlich so falsch daran wäre an einem Staat Zentralasien? Republik Stania! Über Namen und Hauptstadt müsste man natürlich nochmal intensiv nachdenken. Doch worin bestehen sie denn nun, diese angeblichen Gemeinsamkeiten?
Gemeinsamkeiten
Zunächst wäre da die Sprache. Russisch stellt hier weiterhin eine solide und beliebte Verkehrssprache dar. Außer in einigen wenigen Orten (Almaty wäre z. Bsp. so einer) ist Russisch nicht nur „noch“ gebräuchlich sondern wird auch an Schulen unterrichtet. Genaugenommen, resümierte ich sogar nach einiger Zeit reichlich verwundert, dass ich zum ersten Mal mit Menschen Russisch sprechen würde, die das auch gerne täten (ausgenommen in Russland natürlich). Ob früher in der Schule oder später auf ausgedehnten Reisen durch Ost- und Mitteleuropa – stets war Russisch ein verhasstes Mittel zum Zweck. Auf eine gewisse Weise litt ich immer ein wenig darunter. Ich mochte die russische Sprache, Literatur und ja, auch wenn diese aktuell von einigen Scharfmachern in Abrede gestellt wird, die russische Kultur. Hier nun traf ich auf eine völlig neue Ansicht: Russisch war praktisch und Moskau weit weg. Ich muss gestehen, dass ich diesen Zustand über alle Maßen genoss, auch weil er mir sonst unmögliche Einblicke in das Leben der Menschen hier gestattete. Sehr oft verglichen wir viele Situationen hier mit Situationen in der Türkei (dieses Land steht weiterhin ganz oben auf unserer Liste der gastfreundlichsten Länder) nur konnten wir hier eben kommunizieren. Schon in Aserbaidschan begann dies und sollte bis zum Überschreiten der chinesischen Grenze anhalten. Reisen mit Sprachkenntnissen des jeweiligen Landes sind definitiv bedeutender als jede Reiseapotheke, Flickzeug oder Kartenmaterial zusammen. (Diese Einschätzungen schreibe ich in einem koreanischen Motel, in dem ich aus rein sprachlichen Gründen nicht in der Lage bin die Toilette zu bedienen.)

Als nächsten großen Punkt würde ich die schwammige Kategorie der Kultur anbringen. Dieser Begriff umfasst einiges und nichts. Man spürt es wenn man es nicht fokusiert, aber es entfleucht schnell wenn man versucht es zu fassen. Demensprechend schwierig ist es zu beschreiben, in Worte zu gießen. Machen wir es daher kurz: Wenn man zwischen dem Kaspischen Meer und der Gobi unterwegs ist, ändert sich einiges, von erwartbar bis überrumpelnd, doch wenig davon würde darauf schließen lassen, dass man sich in einem völlig anderen Land befände, eher halt in einem sehr großen. Es ist die Art der Menschen, ihre Offenheit, Herzlichkeit, welche dabei Ähnliches essen, teils die gleiche Musik hören, Feste feiern und Autos fahren. Sie sind, so möchte man sagen, bei allen Differenzen und elementaren Unterschieden aus einem Holz geschnitzt und die große Mehrheit, die wie überall auf dem Planeten, nichts mit den nationalistischen Eierköppen gemein haben, weiß auch darum und sieht es als eine schon immer dagewesene Konstante dieser Gegend an. Oder wie es ein kirgisischer LKW-Fahrer zusammenfasste als ich ihn fragte, nachdem er seinen Missfallen über Chinesen und Russen zum Ausdruck gegeben hatte, wie es denn mit den Kasachen oder Usbeken aussehe: „Das wäre ja etwas ganz anderes, die gehörten ja irgendwie zur Familie, denn mit denen könne man ja reden.“

Und zu guter Letzt das weite und viel besungene Feld der kulinarischen Identität, inklusive sonstiger Genussgewohnheiten. Erstmals wurde uns in Aserbaidschan ein köstliches Backwerk mit Fleischfüllung angeboten: Samsa, das wäre eine usbekische Spezialität und wir müssten sie probieren. Taten wir, waren angetan und freuten uns auf unsere baldige Verkostung vor Ort in Usbekistan. Wir ahnten damals noch nicht, dass es viel mehr als Samsa auch nicht geben würde. Und so gut wie jede Köstlichkeit verliert an Glanz wenn es sie ausschließlich gibt. Natürlich gab es auch noch Plow. Und Manti. Natürlich knackiges Gemüse, das wieder nach etwas schmeckte. Und Obst, ohne Ende Obst. Aprikosenozeane und Melonenströme… Es war kulinarisch gesehen keineswegs immer einseitig, aber, und darauf möchte ich hier hinaus, es war im weitesten Sinne in allen vier Stans grundsätzlich eine ähnliche Konstellation der Gerichte und Mahlzeiten, der Geschmäcker und Gewürze. Natürlich gibt es angebliche Spezialisten für manche Speise (Plow – Usbekistan – Taschkent) und singuläre Ausnahmekrationen (Stichwort – Tadschikistan Qurutob), aber im wesentlichen, ganz pauschal gesagt gleicht sich die Küche vom Ural bis zum Altai schon mehr als sie sich voneinander unterscheidet.

Außerdem gibt es natürlich noch Väterchen Alkohol und einen sonderbaren Schwippschwager namens Naswar, eine Art Schnupftabak, der überall in Stania zu Hause ist.
Unterschiede
Natürlich gibt es auch jede Menge Unterschiede und Differenzen zwischen den einzelnen Ländern. Es wäre vermessen, auch nur annähernd alle aufzählen zu wollen. Ich versuche nur diejenigen anzureißen, die bei mir hängengeblieben sind und ich für ausreichend relevant halte.
Tadschikistan
Von allen besuchten Stans konstatierten wir hier die größten Unterschiede zum zentralasiatischen Kontinuum. Sprache: Man gehört hierzulande nicht mehr zur Turkfamilie sondern zum persischen Klub. Das wäre uns aufgrund mangelnder Kenntnisse beider Sprachfamilien nicht sofort aufgefallen, empfindlich traf uns dagegen die kaum vorhandene Verkehrssprache Russisch. Es mag an dem lückenhaften oder schlechten Fremdsprachunterricht, aufgrund mangelnder staatlicher Finanzierung des Bildungswesens liegen, aber das hier an den Schulen gelehrte Englisch war unter den Kindern und Jugendlichen auch nur spärlich verteilt.

Armut: Auch wenn die Straßen schlagartig besser wurden (und auch blieben), die Armut, die Verwahrlosung, das Abgenutzte und Heruntergekommene fiel sofort nach dem Grenzübertritt ins Auge. Hier fühlte ich mich erstmals wie in der Dritten Welt (favorisierten Begriff für den hier gemeinten Begriff bitte umgehend ganz nach Gusto ersetzen). Der einfache Lebensmitteleinkauf wurde in kleinen Städten und Dörfern ein orientierungsloser Schlängellauf zwischen Mangel an Elementaren und Überfluss an nutzlosem Schnickschnack. Erinnerungen an Marokko oder Tunesien wurden wach.
Apropos. Auch hinsichtlich der Flut an unbeaufsichtigten, sich selbst überlassenen Kindern und Jugendlichen kamen ungute Erinnerungen hoch. Zwar gab es nur zwei gefährliche Aufeinandertreffen mit ihnen als sie sich uns bei voller Fahrt übermotiviert in den Weg warfen, aber der uns aus Nordafrika unangenehm vertraute Umstand blieb: Wo auch immer man eine Pause machte, war man ganz schnell umringt von einer schnell anwachsenden Schar an Kindern, die einen distanzlos und ohne jeglichen Respekt vor Privatsphäre unverwandt anglotzten. Auch hier spielte wahrscheinlich die Sprachbarriere eine nicht unwesentliche Rolle um die unangenehme Situation noch zusätzlich zu verschärfen.
Usbekistan
Usbekistan war mit weitem Abstand das Land mit den offensten, gastfreundlichsten Menschen. Hier schlug uns allerorten soviel Anteilnahme und selbstlose Hilfsbereitschaft entgegen, dass es uns immer wieder umhaute. Ein gewaltiger Minuspunkt waren dagegen die Straßen. Diese waren in einem dermaßen katastrophalen Zustand, dass man die Lust am Radfahren verlieren konnte. Zuzüglich kam auch noch der gewagte Fahrstil und die exzessive Neigung zum Hupen dazu, außerdem waren die Strecken auch oft sehr öde bis langweilig (die Höhepunkte sind in Usbekistan einzig die Städte der Seidenstraße) nein, seien wir ehrlich, zum Radfahren ist Usbekistan nur bedingt tauglich.

Kasachstan
Vielleicht das Land von dem ich insgesamt am überraschtesten war: Ein offensichtlich, breit gesellschaftlich verteilter Wohlstand, eine durchdachte und abgestimmte Infrastruktur des öffentlichen Raums und ganz allgemein ein sehr europäisches Grundgefühl, nicht nur in den großen Städten. Wir hörten von anderen Reisenden, dass es nicht überall im Land so aussehen würde, aber für den von uns besichtigten, südlichen Saum des Landes kann ein überaus positives Urteil ausgesprochen werden.

Kirgistan
Und würde es Kirgistan nicht geben, wäre Kasachstan auch der klare Sieger in dieser ersten Vorstellungsrunde. Aber es gibt eben dieses kleine, über und über mit absurd hohen Bergen, herrlichen Seen, jeder Menge Pferden und Jurten ausgestattete Ländchen. Hier leben wunderbar entspannte, freundliche Menschen. Ich hatte hier dieses kostbare Gefühl, wirklich Willkommen zu sein ohne bedrängt zu werden, mein Ding machen zu können, aber auch jederzeit Unterstützung zu bekommen wenn ich sie bräuchte. Liebe Mitteleuropäer, fasst euch ein Herz und probiert es einfach mal aus!
Bedenkenswertes & Wissenswertes
А вы туристы? (Seid ihr Touristen?) Die ersten Male schaute ich auf diese Frage achselzuckend und mich leicht verarscht fühlend dem Fragenden entgegen. Doch mein sarkastisches „Was hat mich verraten?“ blieb stets ohne Resonanz. Geduldig wartete man die Bejahung der Frage ab um dann entweder zufrieden brummend von dannen zu ziehen oder den Standardfragekatalog (übrigens in allen Stans der Gleiche, sogar meist in der gleichen Reihenfolge: Wo kommt ihr her? Habt ihr Kinder/Wieviele? Was ist euer Beruf? Wie alt seid ihr?) abzuarbeiten. Wir haben uns viele Gedanken gemacht über diese Königin der Offensichtlichkeiten unter den Einstiegsfragen. Eines Tages, eingeladen kurz vor Buchara erklärte uns unser Gastgeber, dass, wann immer wir hier Hilfe bräuchten (dabei meinte er nicht nur Usbekistan sondern sprach vielsagend von „unseren Ländern“), wir uns an einen beliebigen Menschen wenden sollten und ihm zu verstehen geben, dass wie Touristen seien. Dann müsste er uns in jedem Falle helfen. Natürlich steckt in dieser Geschichte nur ein Teil der Lösung, aber prinzipiell verstanden wir fortan diese Frage als ritualisierte Formalität des zentralasiatischen small talks mit Fremden. Was wohl geschähe falls wir uns als Gastarbeiter oder Rockstars zu erkennen gegeben hätten, werden wir leider nie erfahren.

Relativ unbekannte Regionen, die nicht wirklich im täglichen Schlaglicht der eurozentrischen Wahrnehmung stehen, leiden sehr oft an einer wackeligen und inkonsequenten Schreibweise. So auch im Falle Zentralasiens. Über die komplett unverständliche und von wem auch immer getroffene Entscheidung, in der deutschen Sprache Kirgisistan statt dem zweifelsfrei sinnvolleren Kirgistan zu verwenden, hatte ich mich schon an anderer Stelle ausgelassen. Eine andere Unsitte ist die Angewohnheit vieler Deutschsprachiger, die englische Transkription zu übernehmen. Das mag bei Uzbekistan oder Tajikistan vielleicht gerade noch so mit viel Hängen und noch mehr Würgen akzeptabel sein, aber bei Kazakhstan hört der Spaß auf.
Sonstige Beobachtungen, Erkenntnisse und Interessantigkeiten gibt es in populären Ramschkolumne „Wissenssplitter aus dem Reisesteinbruch“(Von Apfel bis Yak, von Aalam Ordo bis Yssyk-Köl und von Aralkum bis Zoroastrismus) sowie in weiteren Ergüssen die sich im Stan-Kosmos abspielten, wie beispielsweise „Elf Anekdötchen aus 1111 Reisetagen“, „Eisenbahnfahren in Zentralasien“
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