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Nach der großen Sause zum 1000. Reisetag kehren wir nun wieder zurück zum üblichen Hunderter-Kleinklein. Dabei war es ein äußerst außergewöhnlicher Hunderter. Wir beradelten Asien, Zentralasien um genau zu sein. Und es war eine Zäsur wie sie endgültiger und radikaler kaum vorstellbar war. Ich habe es schon an anderer Stelle („Seitenstrasse – Siedenstrasse – Mit dem Rad durch Aserbaidschan, Kasacvhstan, Usbekistan und Tadschikistan“) versucht zu beschreiben – die Umstellung hatte es wirklich in sich. Staubige, hart befahrene und behupte Straßen, ständig im Mittelpunkt stehen, ein unmissverständlicher Austausch von alten, liebgewonnenen Selbstverständlichkeiten gegen neue Wirklichkeiten – teils waren es großartige Umstellungen (Gastfreundschaft; Regel- und Grenzenflexibilität), teils waren es schwer zu akzeptierende neue Lebensumstände (Bedenkenlosigkeit der Umwelt gegenüber, politische Einstellungen) – doch nach einigen Verdauungsbeschwerden (hauptsächlich während es der staubige, reizlose Teil zwischen Chiwa und Taschkent) gewöhnten wir uns an unsere neuen Heimaten. Speziell dort, wo wir zum Schluss dieser hundert Tage ankamen, in dem grünen und bergigen Winkel Kirgisistans und Ostkasachstans, fühlten wir uns sogar so wohl, dass wir beschlossen, das Tempo rauszunehmen und uns hier etwas Zeit zu nehmen um das zu genießen, weswegen wir eigentlich unterwegs sind: Natur, Stille und außergewöhnliche Orte und Menschen.
Gesamtstrecke: 25.233 km Gesamtzeit: 1872 Stunden
Somit haben wir uns in den letzten hundert Tagen stattliche 3633km fortbewegt. Die Räder rollten 255 Stunden hierfür an 54 Radtagen. Das riecht nach einem neuen Rekord und wäre angesichts so mancher Härteetappen durch Steppe und Wüste auch nicht weiter verwunderlich. Tatsächlich ergibt dies den Wahnsinnsschnitt von 62,28km pro Tag.
Tagesbeschäftigungen

Diese Torte zeigt ein das klare Bild eines gleichzeitig dynamischen wie entspannten Aufbruchs gen Osten. Wir fuhren viel, nahmen uns dennoch viel Zeit um all die interessanten, unbekannten, wunderschönen Dinge zu genießen wegen denen wir eigentlich mal aufgebrochen waren. Verdammt nochmal – wir waren auf der Seidenstraße! Endlich!!! Ob es die orientalischen Märchenwelten der Seidenstraße, die trubeligen Metropolen Zentralasiens oder einfach nur ein stiller Bergsee auf dem Vordach der Welt war: Innehalten, Durchatmen, sich umschauen. Hier werden wir höchstwahrscheinlich nur einmal in unserem Leben sein.




















Übernachtungen

Bezahlte Unterkünfte lagen klar vorne (viele Stadtbesichtigungen und günstige Preise), gefolgt von einer respektablen Anzahl an wildgezelteten Nächten. Genauso oft wie wir das Zelt ohne zu fragen (und die Sorgen ob das erlaubt wäre, schrumpften immer mehr dahin) aufschlugen, wurden wir in irgendeiner Weise eingeladen um die Nacht hier zu verbringen. Die Gastfreundschaft erreichte hier zweifellos ein neues Höchstniveau. Genau wie die uasi nichtexistente Gängelung hinsichtlich des Wildzeltens in den weiten Ebenen und menschenleeren Bergen Zentralasiens zu einer neuen, unbekannten Lässigkeit führt. Sonderinformation: Bisher leider nur eine Nacht schliefen wir in einer Jurte. Das sollte demnächst hoffentlich etwas mehr werden.
















Länderbilanz
Vier neue Länder wurden in den letzten hundert Tagen in unsere Ruhmesliste großartiger Gastgeber aufgenommen. Damit erhöht sich unser Länderverbrauch auf 29, d.h. also durchschnittlich 38 Tage pro Land, fast sechs Wochen. Definitiv leiden wir nicht wirklich unter hektischen Jetset und Abhakeritis. Wir besuchten vier der fünf Stans (Turkmenistan wurde von uns aufgrund absurder Einreiseformalitäten rechts liegen gelassen) und fühlten uns überall wohl. Natürlich reichte es für keines der neuen Länder um nennenswert in unsere Top 5 vorzustoßen, dennoch verschafft sich das kunterbunte Usbekistan leichterhand einen kleinen Achtungserfolg und findet sich an der Spitze dieses Hunderters und ist unangefochtener Sieger im Stan-Wettstreit. Gratulation und vielen Dank

Die Zahl des Taghunderts

Natürlich ließen wir es uns nicht nehmen, nach dem Allreisehöhenrekord von vor ein paar Tagen (2062m) noch eine Schippe draufzulegen. Keine große Schippe, aber immerhin.
Als wir uns der kasachischen Grenze näherten, gab es kein Zögern – wir bogen nicht ein zum Grenzübergang sondern fuhren noch so lang in Kirgistan weiter bis ein neuer Allreisehöhenrekord vermeldet werden konnte. Ja, man wird schon etwas sonderlich mit der Zeit.
Genaugenommen drängt sich aber noch eine weitere Zahl auf, und zwar die 3. Drei Jahre sind wir nun unterwegs, wie jeder, der mal kurz überschlägt, sollte dieser bedeutende Termin wenige Tage vor dem hier gefeierten Tag 1100 stattgefunden haben. (Der Erbsen zählende Chronist war mal wieder sehr erleichtert, dass alle Zahlen mit seinen Aufzeichnungen übereinstimmten.) Und so atmen wir tief durch und blicken kurz zurück auf drei Jahre und vier Momente der Selbstvergewisserung: Ja, wir sind unterwegs und leben am Rande der Gesellschaft. Ist es wirklich das was wir wollen?! Ja! Gut, dann weiter, immer weiter, ganz nach vorn.




Liegengeblieben
Ja, ich hätte das letzte Mal genießerisch schweigen sollen. Hätte mich freuen sollen über den kostbaren Moment, all meine Siebensachen bewahrt zu haben um zur Tagesordnung überzugehen. Aber nein, ich musste es ja herausposaunen und habe damit wohl sämtliche Zerstreutheitsenergien und Verliertrolle des Universums freigesetzt. In kurzer Folge verlor ich ein Tuch (nichts besonderes, löchrig, verschmerzbar), Mütze (Werbegeschenk, hässlich blau, akzeptabler Verlust) und mein Messer – das vierte dieser Reise! Das war der bitterste Moment. Lange hatte es mich begleitet. Im Oktober 2023 kaufte ich es in Portugal, kurz nach dem Verlust meines dritten Messers, welches ich in Frühsommer selbigen Jahres in Sardinien erwarb. Man merkt also, die Abstände werden eindeutig länger, aber vielleicht gerade deswegen tut es umso mehr weh.
Doch auch meine, sonst so vorbildliche und ihr Zeug zusammenhaltende Gefährtin musste in diesem Zeitraum einige Verluste hinnehmen. Die holperigen Straßen Usbekistans führten wohl dazu, dass ihr Fahrradschloss herunterfiel (und das ununterbrochene Hallo-wie-gehts-ich-bin-auch-da-Hupen der Usbeken führte dann dazu, dass man das eine Hupen, welches auf diesen Verlust vielleicht hinwies, möglicherweise ignorierte). Außerdem ließ sie irgendwann eine Fahrradflasche liegen. Nichts besonders, eine Flasche, die ich bei unserem letzten Deutschlandbesuch im zauberhaften Torgau fand.
Sonstige Wegmarken
Angesichts der absurd miserablen Straßenverhältnisse speziell in Usbekistan grenzt es an ein Wunder, dass unsere beiden Räder tapfer, ohne zu murren und Blessuren durchkamen. Am letzten Tag in Tadschikistan hatte ich dann einen Platten und die Ursache war schnell klar: Dieser Reifen war Teil des „Großen Austauschs“ vom Juli letzten Jahres. Ich hatte in Dresden meine Felge auswechseln müssen, da ich zuvor immer wieder gebrochene Speichen, bzw. Speichennippel, auswechseln musste. Dabei ließ ich mir dann selbstverständlich auch einen neuen Reifen aufziehen. Mit ihm fuhr ich sehr zufrieden von Bosnien durch halb Osteuropa hin zur großen Winterpause nach Georgien („Winterschlaf im Schatten des Kaukasus“). Irgendwo hier am Straßenrand oder bei einem der zahlreichen Transporte kam dann ein kleiner Schlitz an der Seite hinzu. Ärgerlich bei noch soviel Profil! Und daher riskierte ich es und klebte ihn von außen ab und deckte den Riss von Innen mit Gaffer ab.

Doch nach gut 2000km verschaffte sich dieser Riss dann Geltung und führte dazu, dass der Schlauch platzte (Ein kurzer Blick auf das Erinnerungsbild zur 24.000km lässt einfühlen in diesen Moment). Der Reifen wanderte nur widerstrebend in den Müll und ich fuhr auf einem Faltreifen nach Taschkent. Doch hier, nach der Generalinspektion in Taschkent, begann das Trauerspiel erst richtig. Besagte Generalinspektion war an sich tadellos. Die Jungs dieser Fahrradwerkstatt engagierten sich mit jeder Menge Leidenschaft – sie prüften, putzten und tauschten fehlerhafte Teile aus. Doch leider unterlief ihnen eine blöder Fehler: der ausgetauschte Hinterradreifen, ein Drahtreifen wurde vor unseren Augen gebogen und das führt zu nichts Gutem. Nach zwei Tagen hatte ich mitten im kasachischen Nirgendwo einen Platten. Abgesattelt, ausgebaut, Schlauch ausgetauscht, weitergefahren. Schwupps, der nächste Platten. Jetzt schauten wir uns den „neuen“ Reifen etwas genauer an, und tatsächlich, hier ragte wirklich ein Stück Draht aus dem Reifen! Merde!!! Also fahre ich jetzt auf einem Faltreifen und schaue bekümmert auf das magere Angebot an Fahrradzubehör in dieser Region Fazit: Zwei Reifen verschlissen, Drei Platten – neuer Zwischenstand.
Aussichten, Ansichten und allgemeines Befinden
Viele schwere Gedanken und problematische Überlegungen zu der schwierigen Gemengelage, der wir uns in Zentralasien gegenübersahen, habe ich bereits in einem kleinen Reiserapport ausgesprochen („Seitenstrasse – Seidenstrasse: Mit dem Rad vom Kaukasus nach Zentralasien“). Dabei kann vorsichtig Entwarnung verkündet werden – die große Zentralasienkrise scheint überwunden. Der herrliche Yssyk-Köl, die grünen Ebenen Kasachstans und die entspannten Menschen und Straßen taten hier einiges um den Stress und die Überforderung aus dem Spiel zu nehmen. So begriffen wir am Ufer des Yssyk-Köl wie schön alles ist und bremsten gewaltig ab. Nicht, wie eigentlich vorgesehen im Sauseschritt nach China um möglichst früh in der Mongolei zu sein, um dort die Perfekte Jurte für den großen Geburtstag zu finden.

Nein, Jurten gibt es auch hier ein paar und dazu herrliche, grüne Landschaften; freundliche Menschen, die wir verstehen und ganz allgemein eine angenehme Grundstimmung. Ergo, wir eröffneten den Sommerurlaub und bereiten uns in aller Ruhe auf die große Unbekannte, die ehrfurchtgebietende Diva der Mitte vor. China.
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