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Was für ein epochaler, alles verändernder Hunderter! In etwas mehr als drei Monaten durchquerten wir China, die Mongolei, Südkorea und landeten zum Schluss überraschenderweise sogar noch in Japan. In dieser kurzen Zeitspanne entfernten wir uns mehr denn je von vertrauten Gefilden, tauchten tief ein in unbekannte Gewässer und wurden so ganz nebenher zu waschechten Weltreisenden.
Gesamtstrecke: 27.861 km Gesamtzeit: 2071 Stunden
In trockenen Zahlen ausgedrückt: 2.628 km seit dem letzten Hunderter, welcher ja ein allseits beachteter Rekordbrecher war. Dieses Mal nicht ganz so viel, auch wenn die Strecke auf dem Papier, bzw. auf der Karte imposant aussieht. Doch in Anbetracht der kühler werdenden Temperaturen tricksten wir mehr als üblich um mittels Mitfahrgelegenheiten möglichst schnell milde Temperaturen und das Meer zu erreichen. Ob mit Trucks in der Mongolei oder Bahn und Bus in China – wir schafften es innerhalb von gut drei Monaten entspannt von Almaty bis nach Kyūshū zu kommen. Sogar die trägsten Geographiemuffel sollten hier hellhörig werden und Zweifel anmelden. Also nochmal: Es war ein Ausnahme-Hunderter – die Reise beginnt sich zu häuten und zu wandeln. Trotzdem kommen wir noch auf einen überraschenden Tagesschnitt von 65,7 km. Wirklich erstaunlich, habe ich doch die gemütlichen Etappen in Südkorea und Japan in Erinnerung, an denen wir es uns wirklich gut gehen ließen und selten deutlich über 40 Km kamen. Aber gut, wenn es die Statistik behauptet…
Tagesbeschäftigungen

Wenn man schaut, was wir die meisten Tage so gemacht haben, steht Radfahren recht deutlich vorne. Klar, schließlich war es trotzdem noch Spätsommer und wenn es Witterung und Verlockungen am Straßenrand zuließen, gingen wir dem nach, was wir immer noch am liebsten machen – Radfahren. Ansonsten waren natürlich ein erklecklich Maß an Transporttagen zu verzeichnen – per Truck, Auto, Bus, Bahn und Schiff – fast jedes Transportmittel war uns recht um Land zu gewinnen und endlich wieder Meer zu sehen. Und wenn wir über diese Kaspipfütze hinwegsehen, erblickten wir schließlich am 29.9.2025 nach 310 Tagen endlich wieder den Ozean.






Natürlich nicht irgendwo, sondern beim „Drachenkopf“ (Laolongtou), genau dort wo auch die Große Mauer auf das Meer stößt. Wir dachten das wäre nach so langer Zeit ein angemessen pathetischer Ort für solch eine lang ersehnte Familienzusammenführung.
Übernachtungen

Im Übernachtungssektor gab es wenig Ungewöhnlichkeiten. Außer vielleicht der etwas üppigere Anteil von festen Unterkünften. Dies hatte verschiedene Gründe: Ein bedeutender Geburtstag (inklusive Besuch aus der Heimat), die kostengünstigen Unterkünfte in China und reichlich Regentage in Südkorea. Ansonsten sei noch angemerkt, dass fünf der elf Campingnächte in Jurten, bzw. Ger (wie es in der Mongolei heißt) verbracht wurden. Damit haben wir in Kirgistan, Kasachstan, China und der Mongolei diese Urmutter aller nomadischen Schlafgelegenheiten genossen und jedes Mal war es auf fantastisch. Wenn die Dinger nicht so schwer wären…
Länderbilanz

Die Länderbilanz offenbart nur dem genau hinschauenden eine Überraschung. Auf den ersten Blick plätschert es am hinteren Ende gemütlich dahin. Um die drei Wochen scheint ein gutes Maß zu sein mit dem wir die Neueinsteiger halbwegs kennenlernen zu versuchen. Für die Mongolei natürlich hoffnungslos wenig und mit China sind wir ja noch längst nicht fertig, aber so ist es halt immer: Eine Reise wie diese ist auch nur ein Flickwerk an Kompromissen und halben Sachen. Aber besser als nichts – doch ich hatte eine Überraschung versprochen und diese findet sich in im vorderen Mittelfeld dieses Jahres. Dank des erwähnten Geburtstags und des hohen Besuchs blieben wir nämlich doch etwas länger in Kasachstan und so rückt der sympathische Flächenprimus mit einem Tag (33) Unterschied vor Usbekistan (32) auf den ersten Platz unseres Zentraleasiensommers.
Neu auf dem Statistikbasar ist die Auflistung der, in den einzelnen Ländern gefahrenen Kilometer. Leider nicht vollständig, da wir erst viel zu spät auf die geniale Idee kamen, an jeder Grenze den Tacho zu reseten. Man könnte das natürlich jetzt mühevoll rekonstruieren, aber ach…
🇹🇷 462km 🇬🇪 395km 🇦🇿 975km 🇰🇿 1056km 🇺🇿 1268km 🇹🇯 335km 🇰🇬 410km 🇨🇳 701km 🇲🇳 690km 🇰🇷 698km 🇯🇵 235km
Die Zahl des Taghunderts – 2071
Als das Tacho mich informierte, dass die Pedalen nunmehr seit über 2000 Stunden nicht mehr ruhten, fand ich diese Zahl erstmal alles andere als beeindruckend. Schon damals in Spanien als die 1000 Stunden überschritten waren, erschien mir dies irgendwie erstaunlich wenig. Übrigens geschah dies symmetrisch beruhigend, in der 600-Tage-Frist. Also gehen wir das nochmal durch: 2.071 Stunden, also etwas über 86 Tage (86,29), können wir aktuell verbuchen. In dieser Zeit sind wir 27.861km gefahren. Hieße also in 24 Stunden fahren wir gut über 300km (323,21). Wenn man sich jetzt noch die Mühe machen und alle Radtage zusammenzählen würde – 448 – könnte man daraus die interessantesten Schlüsse ziehen: zum Beispiel, dass wir pro Tag keine sechs Stunden fahren. Das wir das Ganze immer noch Radreise nennen, ist so gesehen wirklich mutig.

Außerdem gab es einen Nördlichkeitsrekord zu verbuchen – 47°55.36764’N – so nördlich waren wir auf dieser Reise noch nie (abgesehen von ein paar hastigen Stippvisiten in Berlin und Dresden) und angesichts der Temperaturen hier, verzogen wir uns auch wieder recht schnell. Aber erwähnenswert ist der Ort, den der Zufall für diesen Rekord aus dem Hut zauberte. Das Gandan-Kloster in Ulaanbaatar, das letzte buddhistische Kloster, welches die Sowjets übrigließen, dazu eigentlich auch mein erstes buddhistisches Kloster.








Und dann wäre da ja noch der Ostrekord (128 Grad 28 Minuten und 41 Sekunden), diesen rief ich Mitte Oktober in Südkorea bereits aus, denn ich war der festen Überzeugung, dass wir gemäß unseres Plans hier abbiegen würden um nach China zurückzukehren. Damit wäre dies unser Scheitelpunkt gewesen, hiernach wäre es nur noch südlicher gegangen unser Zenit im Osten wäre aber erreicht gewesen. Doch dann kam Pani Planistka Podróży um die Ecke und erinnerte an das einzig wahre Reisemotiv: Sämtliche weiß-rot beflaggte Ländereien kennenzulernen. Und so setzten wir nach Japan über und stellten dort den neuen Ostrekord ein.
130 Grad 34 Minuten und 27 Sekunden wurden es schließlich. Ein respektabler Ausbruch nach Osten, doch wo fand dieser Rekord statt? Erneut an einem buddhistischen Heiligtum, und zwar dem Nanzoin-Tempel, zu Fuße der größten liegenden Buddhabronzestatue. Da kann mir keiner was erzählen, das kann nun wirklich kein Zufall sein!

Ein paar Kilometer nach Osten wird es noch gehen, bis wir an der endgültigen Grenze sind, dem „Fin del Mundo“. Dies wird ein bewegender Moment, denn wir haben noch das portugiesische Gegenstück in Erinnerung und all die unglaublichen Erlebnisse dazwischen. Bin gespannt was für ein Tempel uns dort erwartet.
Liegengeblieben
Auch dieses Mal gab es wieder ein paar Dinge die wortlos von uns gingen. Am Anfang stand eine Premiere – das gemeinsame Verlieren.
Denn schließlich, wenn etwas verlorenging in den letzten drei Jahren war immer einer der Dumme. Oder ab und an auch eine. In diesem Falle aber versagten wir beide. Es war in Kirgistan, nach einer weiteren schönen Nacht im Zelt, dass wir am Morgen die Plane in die Sonne zum trocknen hängten. Wir frühstückten natürlich im Schatten. Danach packten wir zusammen und gingen los. Erst am nächsten Abend fiel uns auf, dass etwas fehlte – wir hatten keinen Plan mehr. Das war natürlich ein dummer, aber kein schmerzhafter Verlust. Natürlich hatte uns diese Plane seit der ersten Reise begleitet, doch das sah man ihr auch an. Daher gab es schon länger Pläne, die Plane auszutauschen. Es gab Stimmen in der Reisegruppe, die daraufhin behaupteten, die Plane hätte diese Diskussionen einmal zu oft mitangehört und wäre verletzt von dannen gezogen.
Eine andere Qualität hatte der nächste Akt. Es handelte sich um diese wunderschöne Mütze, welche ich, frisch angekommen in Usbekistan, in Nukus erwarb. Eine dieser goldrichtigen Entscheidungen, denn danach sah ich in über einem Monat Usbekistan nie wieder eine vergleichbare Mütze. Sie schirmte mich gegen die erbarmungslose Sonne Zentralasiens ab und brachte mich bis hinüber nach China. Hier fiel sie mir in den ersten reizüberfluteten Stunden irgendwann in einen namenlosen Straßengraben. Ich war sehr traurig.

Und dann verlor Aga Lopp ihre Tasse, bzw. ihre Tassenschüsselkelle, ein außergewöhnlich nützliches, vielseitiges Utensil. Auch sie war und ist untröstlich.
Und zu guter Letzt, vorvorgestern, ließ ich dann noch meine Thermoskanne stehen. Nicht das große Mutterschiff, welches mich seit Berlin treu begleitet, sondern „nur“ die kleine Ausführung, die ich mir in China gönnte, als ich dort beobachtete, dass alle ständig ihre Mini-Thermoskännchen an den öffentlichen Heißwasserspendern betankten und diese dann gemütlich aussüffelten. Genau mein Stil, dachte ich mir, erwarb ein solches Teil und war fortan nicht mehr von ihm zu trennen. Bis vorvorgestern.
Sonstige Wegmarken
Falls ihr jemals planen solltet, mit dem Rad durch die Wüste zu fahren, der Herbst ist da eher eine suboptimale Jahreszeit. Nach zwei Wintern, die wir in und um die Wüste herum verbracht hatten (Tunesien & Marokko), realisierten wir nun, dass all die kümmerlichen Dornenpflanzen, welche hier ihr karges Dasein fristen, jetzt nicht mehr frisch, grün und harmlos, sondern braun, hart und spitz geworden sind. Bereit, arglose Fahrradreifen zu spicken und zu neuen Plattenrekorden zu führen. Allein in den drei Tagen die wir beim Weltenergiezentrum im Südosten der Mongolei verbrachten, hatten wir ganze vier Platten. Zum Schluss waren wir regelrecht traumatisiert und wagten kaum noch, den Asphalt zu verlassen.


Aussichten, Ansichten und allgemeines Befinden
Das dominierende Gefühl dieser hundert Tage war das des Überfordertseins, jedoch im positiven Sinne. Ich weiß, das mag verwirrend klingen, doch ich finde keine bessere Beschreibung für diesen Zustand der sich meiner bemächtigte seit ich Zentralasien verließ, welches ich rückblickend als überraschend europäisch vertraut empfand. Der Kultur-,Gastro-, Sprach- und Psychoschock in China war so erwartbar, wie, wenn selbst erfahren, überwältigend und, vor allem lang anhaltend. Man sagt sehr gern, dass man sich an alles gewöhnen kann und nach über drei Jahren Reisen auf drei Kontinenten haben wir so einiges erlebt und können mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Komfortzone schon extrem ausgedehnt bis ausgeleiert ist. Dementsprechend aussagekräftig muss es erscheinen, wenn ich verkünde: Mit China betraten wir eine neue Sphäre, die mich immer unter Spannung hielt oder anders ausgedrückt – wo ich mich nie gänzlich entspannen konnte. Natürlich gab es solche und solche Momente, doch die Unsicherheit das alles hier nicht zu verstehen, die Ungewissheit, angesichts sonst selbstverständlicher Momente, all das blieb und vermittelte nach so langer Zeit unterwegs das Gefühl, dass man letztlich doch „nur“ in Europa und seinen ausgefransten Rändern ein, mit allen Wassern gewaschener Rumtreiber war.
Und warum auch nicht? Europa ist groß und ein riesiger, nahezu unerschöpflicher Erlebnisbereich. Viele Ecken und Enden dieses spannenden Kontinents, den ich nun endgültig als meine Heimat identifiziert habe, verstehe ich auch nicht so recht, würde es jedoch gerne. Wichtiger noch: Ich weiß, das ich eine realistische Chance habe, es zu verstehen. Daher verkünde ich nun meinen einseitigen Aufnahmestopp. Ich nehme jetzt selbstverständlich noch alles an außerordentlichen Eindrücken und einzigartigen Momenten mit, die mir der ferne Osten bietet. Wann komme ich schon jemals wieder hierher und es bleibt ja auch unfassbar faszinierend, doch dann möchte ich das verarbeiten, was ich angerissen habe, das vertiefen, was ich (vorerst) liegengelassen habe. Ich verspüre einfach das Gefühl, genug Neues entdeckt zu haben. Es braucht jetzt keine neuen Länder mehr. Es braucht nun Vertiefung, Wiederholung und Ruhe fürs Detail.
Und sonst so? Neben der gewaltigen geographischen Distanz, die mich immer wieder überrascht wenn ich an einem Globus vorbeilaufe und vergegenwärtige, wo ich bin, glaube ich auch immer stärker einen Loslösungsprozess von Deutschland, Berlin, den alten Bindungen wahrzunehmen. Das mag nach über drei Jahren Reise jetzt wenig überraschend klingen, aber die aktuelle Entfernung, Umgebung und Realität wirkt wie ein Kontrastmittel um den bestimmensten Faktor, und zwar die verstrichene Zeit, zu verstärken.
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